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Flughafen darf Billigflieger subventionieren

Flughafen Frankfurt-Hahn gewinnt in zweiter Instanz einen Prozess gegen die Lufthansa. Die Lufthansa hielt die Bezuschussung des Billigfliegers Ryanair für illegal. Die Richter am Koblenzer Oberlandesgericht sehen das aber anders. Das Urteil hat Signalwirkung für Branche.
Der Flughafen Frankfurt-Hahn hat einen juristischen Sieg über die Deutsche Lufthansa errungen. Das Oberlandesgericht Koblenz hat die Berufungsklage der Fluglinie gegen den rheinland-pfälzischen Flughafen wegen Wettbewerbsverzerrung und permanenten Verstoßes gegen geltende marktwirtschaftliche Spielregeln zurückgewiesen. In erster Instanz hatte im vergangenen Jahr bereits das Landgericht Bad Kreuznach die Klage der Lufthansa verworfen.

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Um die Koblenzer Richter zu überzeugen, hatte die Lufthansa zusätzliche Details vorgelegt. Aus ihrer Sicht bezuschusst der Flughafen den Billigflieger Ryanair illegal und begünstigt ihn damit finanziell einseitig gegenüber Konkurrenten. Ryanair unterhält auf dem früheren US-Luftwaffenstützpunkt seit Jahren sein kontinentaleuropäisches Drehkreuz mit einer Vielzahl von Flugverbindungen.
Die Lufthansa hatte ihre erneute Klage im Wesentlichen mit niedrigen Landegebühren und direkten Zahlungen für Werbung an Ryanair begründet, mit der Hahn die Bekanntgabe von Flugrouten des irischen Discounters unterstützt. Speziell die niedrigen Landegebühren von Ryanair - sie liegen bei 2,24 Euro pro abfliegendem Passagier - sind Lufthansa ein Dorn im Auge. Weiterer Kritikpunkt ist die von Hahn gewährte Marketing-Beihilfe. Sie kann einmalig bis zu 130.000 Euro betragen - abhängig von der Zahl der Fluggäste und Flüge.

Aufgrund dieser Subventionspraxis kann Frankfurt-Hahn keine Gewinne erzielen, sondern muss dauerhaft rote Zahlen schreiben, folgerte die Lufthansa in ihrer Klageschrift. Zugleich forderte sie das Gericht auf, Ryanair zur Rückzahlung von 2,7 Mio. Euro an die Flughafengesellschaft zu verurteilen.
Die Koblenzer Richter sahen dies völlig anders. Erstens könne jede Fluggesellschaft, die Frankfurt-Hahn anfliegt, diese Leistungen in Anspruch nehmen. Insofern verstoße der Airport nicht gegen das Gleichheitsprinzip. Zweitens seien die von Hahn gewährten Hilfen auch "betriebswirtschaftlich sinnvoll", da sie "einen positiven Deckungsbeitrag" für den Flughafen erbringen würden. In seiner Begründung verweist das Gericht darauf, dass mehr Passagiere für den Flughafen höhere Einnahmen durch Gastronomie, Einzelhandel und Parkgebühren bedeuteten. Bereits für 2009 ist in Frankfurt-Hahn deshalb mit einem Gewinnüberschuss zu rechnen, heißt es in dem 41-seitigen Gerichtsbeschluss.
Zudem stehe die Abweisung der Klage im Einklang mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2002. Danach gelten als staatliche Subventionen nur solche Vergünstigungen, die von Behörden direkt gewährt werden. "Es reicht nicht, wenn es sich um Leistungen von einem Unternehmen handelt, das mehrheitlich dem Staat gehört. Eigner des Airports Hahn sind der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport (65 Prozent) und die Bundesländer Rheinland-Pfalz sowie Hessen (jeweils 17,5 Prozent).

Der Koblenzer Richterspruch ist für die Lufthansa bereits die dritte Niederlage in Sachen Frankfurt-Hahn. So hatte sich die Gesellschaft ursprünglich gegen den Namen des Hunsrück-Airports gewehrt, um Ryanair verbieten zu lassen, Frankfurt mit dem Zusatz Hahn als Flugziel anzugeben und damit die geografische Nähe zur Main-Metropole vorzu¿gaukeln. Auch das war vor dem Landgericht Bad Kreuznach abgewiesen worden.
Das aktuelle Urteil könnte Signalwirkung für die gesamte Branche haben. Derzeit prüft die EU-Kommission 17 deutsche Flughäfen wegen möglicher illegaler Beihilfen an Billigflieger, darunter München, Lübeck, Berlin-Schönefeld und Dortmund. "Die Koblenzer Entscheidung ist eine klare Absage an die Fluggesellschaften, den Wettbewerb über Gerichte auszutragen", bewertet Lübecks Flughafenchef Johannes Scharnberg das Urteil.

(Die Welt vom 03.02.2008)