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Billig fliegen mit Subventionen

Seit zehn Jahren fliegt Ryanair von und nach Deutschland und beförderte über 40 Millionen Passagiere. Doch der Boom ist mit deutschen Steuergeldern für die Kleinstflughäfen teuer erkauft.
Von Till Bartels

Die Abflugsorte des Billigfliegers Ryanair liegen mit Vorliebe in der Provinz, auf ehemaligen Militärflughäfen. Aber bis aus einem Fliegerhorst ein Flughafen für Feriengäste wird, müssen Millionen von Euro in eine neue Infrastruktur für Zufahrtstraßen, Parkplätze und Terminal investiert werden. Woher kommt das Geld?

Im Hunsrück ging der Flughafen Hahn 1993 großspurig an den Start. "Wir werden 2006 erstmals operativ schwarze Zahlen schreiben und zwei Jahre später Gewinn machen", verkündete 2004 der Geschäftsführer Andreas Helfer. Doch seit dem Beginn des zivilen Flugbetriebs und der ersten Landung eines Ryanair-Jets am 22. April 1999 macht der Flughafen Verlust.

Abheben mit öffentlichen Geldern

Neben den Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz mit je 17,5 Prozent war die Fraport AG lange der wichtigste Anteilseigner des Flughafens Hahn. Doch der Hauptgesellschafter zog Anfang dieses Jahres die Reißleine und verkaufte seinen 65 Prozent Anteil nach Gesamtverlusten von 140 Millionen Euro an das Land Rheinland-Pfalz, zum symbolischen Preis von einem Euro. Damit sind die Aktiengesellschaft des Frankfurter Flughafens und das Land Hessen, das ebenfalls mit Ausstieg drohte, aus dem Schneider. Ab 2009 muss das Land Rheinland-Pfalz für das Defizit des Flugbetriebs in Hahn aufkommen, das auf 16 Millionen Euro pro Jahr geschätzt wird.

Damit wird der Bürger zur Kasse gebeten, der sich über preiswerte Tickets freuen kann, aber mit seinen Steuern das Drehkreuz von Ryanair im Hunsrück subventioniert. Längst habe sich der Flughafen Hahn von dem Billigflieger abhängig gemacht, kritisiert der Verkehrsexperte Heiner Monheim, Professor an der Universität Trier: Von den knapp vier Millionen Passagieren im letzten Jahr stiegen 97 Prozent in Ryanair-Maschinen.

Wie ungleich das Kräfteverhältnis zwischen Flughafen und dem Platzhirsch Ryanair ist, zeigt die missglückte Einführung des "Hahn-Talers" im Dezember vergangenen Jahres. Um aus den roten Zahlen zu kommen, plante der Flughafen eine Terminalgebühr von drei Euro pro Passagier. Prompt drohte Ryanair "eine große Anzahl" an Flugverbindungen zu streichen. Noch im selben Monat knickten die Flughafenbetreiber ein. Die erhofften sechs Millionen Euro Einnahmen waren nach kurzer Diskussion wieder vom Tisch.

Im vergangenen Monat zählte Hahn nur ein Plus von gerade mal 1770 Passagieren im Vergleich zum Juli 2008. Dennoch gibt sich der Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz optimistisch: Der Flughafen Frankfurt-Hahn "wird spätestens 2016 schwarze Zahlen schreiben", so die Prognose von Hendrik Hering. Damit zeigt das Beispiel Hahn, dass es ewig dauert, bis ein Kleinflughafen wirtschaftlich flügge wird. Immer wieder muss der Staat zusätzliche Beträge nachschießen.

Deutschland hat genug Flughäfen

Mit dem Argument, neue Arbeitsplätze zu schaffen, versuchen Lokalpolitiker gerne, Provinzpisten in internationale Flughäfen zu verwandeln. Doch es fragt sich, über welchen Zeitraum hohe Beträge von Steuergeldern dazu verwendet werden dürfen. Nicht der Bund koordiniert in Deutschland den Ausbau von Flughäfen, sondern die Bundesländer. "In Deutschland haben wir Flughäfen im Überfluss", sagt Martin Gaebges, Generalsekretär des Board of Airline Representatives in Germany.

Hahn ist kein Einzelfall. Als Beispiel nennt er die Planungen für den Regionalflughafen Kassel. In Zeiten, in denen der Staat kein Geld hat, treibt das Land Hessen den Ausbau des Flughafens Kassel mit 108 Millionen Euro voran und träumt von Verbindungen von Billigfliegern nach London, Rom oder Südfrankreich. "Das macht keinen Sinn, denn Kassel-Calden kann sich nur dann entwickeln, wenn er anderen Flughäfen Verkehr abnimmt", so Gaebges. In Frankfurt würde sich ein Kannibalisierungseffekt kaum bemerkbar machen, aber die Flughäfen in Hannover und Paderborn würden definitiv weniger Passagiere und Einnahmen verzeichnen. Wann in Kassel-Calden jemals schwarze Zahlen geschrieben werden, steht ebenso wie in Hahn in den Sternen.



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