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Hahn: Wo landeten die traumhaften Gewinne?


Rheinland-Pfalz - Am Flughafen Hahn liegt Spannung in der Luft. Die Belegschaft ist verunsichert. Die Staatsanwälte setzten ihre Ermittlungen fort. Zeugen wurden befragt, Abläufe rekonstruiert. Noch kann niemand sagen, was an den Vorwürfen rund um die Passagierabfertigung dran ist.

Am Flughafen Hahn liegt Spannung in der Luft. Die Belegschaft ist verunsichert. Die Staatsanwälte setzten auch gestern ihre Ermittlungen fort. Zeugen wurden befragt, Abläufe rekonstruiert. Noch kann niemand sagen, was an den Vorwürfen rund um die Passagierabfertigung dran ist.

Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Gingen der klammen Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG) tatsächlich Millionen Euro durch die Lappen, weil sie sich auf einen höchst unvorteilhaften Vertrag einließ? Und wenn es so war: Wie konnte es zu diesem kapitalen wirtschaftlichen Schaden kommen?

Gemauschel als Geschäftsprinzip

Bis nichts anderes bewiesen ist, gilt die Unschuldsvermutung. Fakt scheint aber, dass der damalige Hahn-Prokurist Stefan Maxeiner 2009 einen lukrativen Vertrag unterschrieb, von dem wenige Tage später seine Ehefrau profitieren sollte. All das geschah mit Wissen des damaligen Flughafenchefs Jörg Schumacher - und später legitimiert durch einen fingierten Vergabevermerk. Ohne dieses Schriftstück hätte der Aufsichtsrat wohl Alarm geschlagen. Unterschrieben wurde der Kontrakt mit dem Dienstleister für die Passagierabfertigung übrigens auch vom Prokuristen Bernd Müller, dessen Haus ebenfalls am Freitag durchsucht wurde. Maxeiner, Schumacher und Müller stehen unter Untreueverdacht.

Der dubiose Vertrag konnte nach Informationen unserer Zeitung erst in trockene Tücher gebracht werden, nachdem die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport sich als Mehrheitsgesellschafter (65 Prozent) vom Hahn zurückgezogen hatte. Der von der Fraport entsandte kaufmännische Geschäftsführer Uwe Klettenheimer muss sich lange mit lästigen Bedenken gegen den lukrativen Deal mit der Serve & Smile Dienstleistungs GmbH (SSD) gestemmt haben.

In einer krankheitsbedingten Fehlzeit von Airportchef Jörg Schumacher hat 2008 angeblich sogar der gleiche Mitarbeiter, der später einen Verzicht auf eine Ausschreibung befürwortete, gegenüber Klettenheimer das Gegenteil behauptet. Dazu soll ein schriftliches Dokument vorliegen. 2009 änderte der Hahn-Jurist, der dem Hunsrück-Airport den Rücken gekehrt hat, offenbar in einem weiteren Vermerk seine Meinung. Auf Nachfragen soll er 2013 zerknirscht eingestanden haben, dies sei damals auf dringenden Wunsch der Flughafenleitung geschehen.

Der Vertrag mit der SSD wurde im April 2009 auf die Schiene gebracht - unmittelbar nachdem Klettenheimer sich vom Hahn zurückziehen musste. Rheinland-Pfalz hatte der hessischen Fraport alle Anteile abgekauft und war nun mit 82,5 Prozent Mehrheitsgesellschafterin. Hessen hält noch 17,5 Prozent. Am Flughafen Hahn indes kursieren seit Monaten Spekulationen, die weit über den - Traumrenditen garantierenden - SSD-Vertrag zulasten des hoch defizitären Airports hinausgehen. Der böse Verdacht: An dem üppigen Geschäft mit der - vermutlich deutlich überbezahlten - Passagierabfertigung profitieren Hintermänner, die sich hinter stillen Beteiligungen verstecken.

Die Indizien: Die SSD, die seit 2005 im Schnitt am Hahn rund 600 000 Euro Gewinn macht, hat drei Gesellschafteranteile, also vermutlich drei Gesellschafter. Das lässt sich aus dem Eintrag im Handelsregister entnehmen. Dort ist auch ersichtlich, dass es eine Treugeberstruktur gibt, sprich: stille Teilhaber. Sie schöpfen den wirtschaftlichen Gewinn ab. Wer die bis zu drei Treugeber sind, bleibt im Dunkeln. Sie profitieren heimlich an den Gewinnen.

Aus den Bilanzen der SSD lässt sich ablesen, dass die exorbitanten Profite aus dem Unternehmen rausgezogen, also ausgeschüttet werden. Wohin fließen sie also?

Die Handle & Smile Dienstleistungs GmbH (HSD), für die Kofferabfertigung am Hahn zuständig, erzielt ähnlich außergewöhnliche Gewinne. Sie ist eine 100-prozentige Tochter der SSD und weist die gleiche Gesellschafter- und Treugeberstruktur auf. Eine besondere Rolle spielt möglicherweise eine dritte Firma - die Hahn Flight Service GmbH (HFS). Ihr Aufgabenfeld ist unklar und schmal, ihre Gewinne sind enorm. Angeblich übernimmt sie Bustransporte und Catering-Dienstleistungen für Soldaten.

Rätselhafte Gewinnsteigerung

Auffällig ist: Die HFS, die aus der Bohr Verwaltungs GmbH hervorging, hat ihren Gewinn von 35 000 Euro (2006) bis auf 1,6 Millionen Euro (2012) steigern können. Auch hier werden Treugeber vermutet, zumal die Gesellschafteranteile von drei auf vier aufgestockt wurden. Ist die HFS möglicherweise an der SSD beteiligt - und werden so Profite heimlich über den Flughafen hinaus weitergereicht? 2009 soll angeblich HSF-Geschäftsführer Timo Bohr bei der Gesellschafterversammlung der SSD gesichtet worden sein - neben Stefan Maxeiner.

All das sind Hinweise, über die am Hahn hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird, keine belastenden Beweise. Die Staatsanwaltschaft wird den Dingen auf den Grund gehen. Merkwürdig ist: Nach unserem ersten Bericht über Unregelmäßigkeiten am Hahn (3. September 2013) wurden zwei der jetzt Verdächtigen angeblich von einer Anwohnerin beobachtet, wie sie abends aktenweise Material wegschafften. Falschmeldung? Zufall? Oder Handeln mit System?

Weiterführende Links

(Rhein-Zeitung vom 25.03.1014)