Bekommt der Flughafen Hahn mit dem neuen Besitzer wieder Flügel?
Der Kauf des Hunsrückflughafens sei für ihn eine Herzensangelegenheit, sagt der Trierer Unternehmer Peter Adrian. Doch welche Chancen hat der Hahn? Und welche Risiken stehen hinter dem möglichen Neuanfang?
Von Bernd Wientjes
HAHN:Er könne es sich nicht erlauben, den Hahn wieder in die Misere zu führen, sagte Peter Adrian, als der Chef des Trierer Projektentwicklers Triwo am Donnerstag seine Pläne für den finanziell angeschlagenen Flughafen vorstellte.
Die Aussage zeigt zum einen, dass er sich den Kauf des Airports nicht einfach gemacht haben dürfte. In den vergangenen Jahren machte der Hahn vor allem durch Pleiten, Pech und Pannen Schlagzeilen. Weder dem Land, das bis 2017 die Mehrheitsanteile von 82,5 Prozent hielt, noch dem 2021 Pleite gegangenen chinesischen Unternehmen HNA ist es gelungen, den Hunsrückflughafen rentabel zu führen. Das jährliche Minus wuchs zuletzt auf über 13 Millionen Euro. Nennenswerte Investitionen fanden nicht mehr statt.
Adrian ist sich zum anderen aber auch bewusst, dass sein Engagement auf dem Hahn im besonderen Fokus steht. Der Unternehmer und passionierte Hobby-Pilot ist nicht nur Präsident der Trierer Industrie- und Handelskammer, sondern auch der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Vor allem in dieser Funktion steht er bundesweit im Blickpunkt. Eine Pleite am Hahn kann er sich nicht leisten, auch nicht, dass er - um schnellstmöglich wieder in die Gewinnzone mit dem Flughafen zu kommen - mit harter Hand regiert und Mitarbeiter entlässt.
Der Hahn, sagt Adrian, sei eine "Herzensangelegenheit" für ihn. Dass er schon länger Interesse an dem Flughafen hat, ist kein Geheimnis. Bereits beim ersten Ende 2021 gestarteten Bieterverfahren hat der Unternehmer ein Angebot abgegeben. Doch nach Informationen unserer Redaktion war Adrians Gebot deutlich unter dem der damals meistbietenden, dem eigens gegründeten Konsortium Swift Conjoy. Wie hoch die einzelnen Gebote waren, ist offiziell nicht bekannt. Doch war die Triwo im Rennen um den Hahn weit abgeschlagen.
Swift Conjoy muss mehr als 20 Millionen Euro für den Hahn geboten haben. Bezahlt hat es diesen Betrag allerdings nicht. Auch hat es nicht den vereinbarten Kaufpreis hinterlegt. Daraufhin löste Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner den Vertrag mit Swift Conjoy und verhandelte mit den Bietern, die das zweit- und dritthöchste Gebot abgegeben haben - mit der NR Holding, die den Nürburgring betreibt und dem Mainzer Immobilienunternehmen Richter.
Laut Medienberichten hatte NR Holding, hinter der der russische Milliardär Viktor Charitonin steht, rund 20 Millionen Euro geboten. Nachdem die Gläubiger dem Verkauf an die NR Holding nicht zugestimmt haben, hat Plathner überraschend das Bieterverfahren wieder eröffnet. In diesem hat die Triwo dann ihr erstes Gebot wohl deutlich aufgestockt. Da nach Informationen unserer Redaktion, die bis dahin Meistbietenden nicht über ihre bisher angebotene Kaufsumme hinaus gegangen sind, muss Adrian also mehr als die von NR Holding gebotenen 20 Millionen Euro für den Hahn zahlen.
Was aber hat Adrian dazu bewegt, quasi in letzter Minute sich um den Flughafen zu bemühen? Ausschlaggebend sei gewesen, dass die Landesregierung den Flughafen als kritische Infrastruktur eingestuft habe, sagte der Unternehmer nun. Er sprach von einem "starken Signal des Landes Rheinland-Pfalz zur Bedeutung des Flughafens für die Region". Innenminister Michael Ebling (SPD) kritisierte öffentlich, dass ein russischer Investor den Flughafen übernehmen soll.
Unklar ist, ob es danach Gespräche zwischen Landesregierung und Adrian gegeben hat. Es liegt aber auf der Hand, dass der Trierer Unternehmer für das Land ein durchaus genehmer Käufer für den Hahn ist. Zumal Rheinland-Pfalz 2014 den bis dahin in Landesbesitz befindlichen, aber insolventen Flughafen Zweibrücken an Adrian verkauft hatte. Die Triwo betreibt dort seitdem einen erfolgreichen Gewerbepark und eine Autoteststrecke. Insolvenzverwalter Plathner deutete am Donnerstag an, wie schlecht es um den Hahn gestanden hat, als er nach der HNA-Pleite im Oktober 2021 das Ruder übernommen hat.
Man habe "von der Hand in den Mund" gelebt und oft nicht gewusst, "wie es weiter geht". "Es gab Situationen, die keinen Spaß gemacht haben", sagte der erfahrene Insolvenzverwalter. Es sei dann aber Dank der Mitarbeiter ("Die haben einen guten Job gemacht") gelungen, den Flughafen mit einem "kleinen Gewinn" zu führen.
Das zeige, der Hahn könne durchaus "wirtschaftlich positiv" geführt werden. Mit der Übernahme durch die Triwo komme der Flughafen in "gute Hände", ist Plathner überzeugt.
Auch Adrian ist überzeugt, dass er dem Hahn wieder Flügel verleihen kann. Dabei setzt er auf drei Säulen: die Fortführung des Flugverkehrs (sowohl Passagier- als auch Frachtflug), die Flugzeugwartung und auch auf die Vermarktung von Gewerbeflächen. Es müsse sich mit der Zeit zeigen, welcher Schwerpunkt sich herausstelle. Adrian machte aber auch deutlich, dass er durchaus an die Zukunft des Hahn als Passagierflughafen glaubt. Der Airport habe diesbezüglich eine besondere Leistungsfähigkeit und zeichne sich bei der Abfertigung durch kurze Wege aus, sagte er unserer Redaktion. Offenbar geht er davon aus, dass die irische Fluggesellschaft Ryanair im Hunsrück bleiben wird. Man sei auf einem guten Weg, "für beide Seiten" eine Basis für die weitere Zusammenarbeit zu finden.
Ob es auch in Zukunft Passagierflug am Hahn geben wird, dürfte auch davon abhängen, wie sich dieser Bereich der Luftfahrt künftig entwickeln wird - auch im Hinblick auf den Klimaschutz. Einer Studie zufolge gehen gut drei Prozent der globalen Kohlendioxid-Emissionen auf das Konto des Flugverkehrs. Bereits 2016 hatten sich die Mitglieder der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation Icao auf ein weltweites Klimaschutzabkommen geeinigt . Es sieht vor, dass Fluggesellschaften für ihr Routen Zertifikate kaufen, um den CO 2-Ausstoß auszugleichen. Umweltschützer haben auch das Verbot von Kurzstreckenflügen ins Gespräch gebracht.
Klar ist: Das Geschäftsmodell der sogenannten Billig-Airlines, auf das Ryanair auch am Hahn noch immer setzt, wird immer mehr ins Wanken kommen. Daher ist es richtig und notwendig, dass sich der neue Hahn-Inhaber breiter aufstellt und nicht - wie die bisherigen Verantwortlichen - allein auf den Flugverkehr setzt.
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