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Möglicher Rückzug vom Flughafen Hahn Was steckt hinter den Ryanair-Gerüchten?


Die Hunsrück-Region fürchtet sich vor einem möglichen Weggang der irischen Fluggesellschaft Ryanair vom Flughafen Hahn. Mehrere tausend Arbeitsplätze wären dann in Gefahr.

Die irische Fluggesellschaft Ryanair plant einem Zeitungsbericht zufolge den Rückzug vom Hunsrück-Flughafen Hahn. Für den Hahn als Passagier-Flughafen könnte dies das Aus bedeuten. In Dublin will man die Sache momentan jedenfalls nicht kommentieren. Ein Ryanair-Sprecher erklärte dazu lediglich, man gehe auf solche Gerüchte und Meldungen nicht ein. Lieber wolle man sich mit dem kommenden Sommerflugplan beschäftigen.



Fragen an Michael Herr, SWR Wirtschaftsredaktion

Ryanair will zu den Gerüchten keine Stellung nehmen. Aber ein Dementi ist das auch nicht, oder?

Das stimmt. Das muss aber noch lange nicht heißen, dass Ryanair sich wirklich vom Flughafen Hahn zurückzieht. Die Art, wie das Gerücht überhaupt in die Welt gekommen ist, ist jedenfalls sehr untypisch für Ryanair - diese Insiderinformation aus höchsten Kreisen, wie es in der "Mainzer Allgemeinen Zeitung" hieß. Denn Ryanair hält normalerweise nicht hinterm Berg mit dieser Art von Informationen. Vor ein paar Wochen wurde etwa in Bremen bekanntgeben den Standort zu schließen. Und Ryanair ist damit damals auch sehr offensiv umgegangen.

Ryanair ist mit Abstand der größte Kunde am Flughafen. Bei den vergangenen Flugplanwechseln hat die Fluggesellschaft das Angebot am Hahn aber bereits ausgedünnt.

Andererseits könnte das Streuen solcher Gerüchte diesesmal im Falle des Hahn auch Strategie sein. Ryanair ist gerade angeschlagen. Es gab Piloten-Streiks, es gab Passagier-Rückgänge und es gibt hohe laufende Kosten, wie etwa den Ölpreis. In der Folge musste Ryanair bereits Anfang der Woche die Gewinnprognose des Unternehmens nach unten korrigieren. Am Montag gab die Airline den ersten Gewinnrückgang seit fünf Jahren bekannt: Der Gewinn sank im ersten Geschäftshalbjahr um 7 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro.

Insoweit ist der gerüchteweise Komplett-Rückzug vom Hunsrückflughafen Hahn möglicherweise auch ein Drohszenario, um auf Flughafen Druck zu machen. Damit dieser die Flughafenentgelte weiter senkt. Es wäre sozusagen die Pistole auf die Brust nach dem Motto: Wenn ihr uns nicht weitere Rabatte gewährt, könnten wir auch anders.

Braucht Ryanair den Hunsrückflughafen überhaupt noch?

Ryanair braucht den Flughafen Hahn zugegebnermaßen immer weniger. Man hat bereits in den vergangenen Jahren immer weniger Flüge vom Hahn und zum Hahn angeboten. Das hat vor allem mit dem Frankfurter Flughafen zu tun. Den fliegt Ryanair nun seit letztem Jahr an. Dort hat man auch angekündigt, das Angebot weiter auszubauen.

Die meisten Geschäftsleute am Hahn leben von den Ryanair-Passagieren und glauben daher nicht, dass der Flughafen mit einem reinen Frachtgeschäft auf Dauer überleben kann.

Denn Frankfurt/Main ist für Ryanair attraktiv, vor allem wegen seiner zentralen Lage, der guten Infrastruktur und der damit verbundnenen guten Erreichbarkeit von ganz Deutschland aus. Damit winken von Frankfurt/Main aus auch höhere Gewinnmargen, etwa durch Geschäftsreisende als Passagiere, mit denen man mittelfristig mehr Geld verdienen kann und die es am Flughafen Hahn bislang so gut wie gar nicht gibt.

Aber selbst das muss nicht heißen, dass es jetzt am Hahn ein Sterben auf Raten gibt. Wenn der Hahn Ryanair entgegenkommt, etwa die Kosten weiter senkt, könnte es durchaus eine Nische für ihn geben: als Regionalflughafen für eine sehr große Region. Der Flughafen hat auch andere Vorteile: Es gibt dort kein Nachtflugverbot und er besitzt ein großes Einzugsgebiet.

Was würde ein Weggang der Ryanair für die Hunsrück-Mosel-Region heißen?

Derzeit arbeiten mehr als 300 Menschen direkt am Hunsrück-Flughafen Hahn. Der Flughafen ist aber auch Jobmotor für die Region: Geschätzt etwa 2.000 Menschen sind rund um den Flughafen beschäftigt. Für diese Arbeitsplätze - bei einem Weggang der Ryanair - einen adäquaten Ersatz zu finden, dürfte schwierig sein in dieser ansonsten eher strukturschwachen Region.

Kommentar BI Nachtflughafen Hahn


Auswirkungen einer Einstellung des Flugbetriebs auf Arbeitsplätze

Herr Herr macht sich Sorgen um angeblich 2.000 Arbeitsplätze, die bei einem Scheitern des Hahns der Region verloren gehen.
Dummes Zeug oder Panikmache!

Glaubt er etwa, dass das Land Rheinland-Pfalz ohne Flugbetrieb auch die Polizeischule auf dem Hahn mit ihren ca. 350 Beschäftigten zumacht?

Oder glaubt er, dass die Hahn Kunststoffe GmbH mit ihren ca. 300 Mitarbeitern ihre stinkende Produktionsstätte aufgibt und sich angesichts ihrer Emissionen sonst irgendwo anders ansiedeln darf?

Glaubt er, dass die Firmen Cargo Future und Albatros mit ihren ca. 150 Mitarbeitern ihre Call-Center in der Housing schließen, weil sie vielleicht ohne Flugbetrieb nicht weiter telefonieren oder das Internet weiter nutzen können?

Stellt Hahn Hawks oder die Gaststätte in der Polizeischule ihren Betrieb ein?

Werden die Polizeibeamten der Wache Hahn, die Beamten des Bundesgrenzschutz, die Zollbeamten, die Schippensteher des Landesbetriebs Mobilität (LBM) und das gesamte Personal des Luftaufsichtsamtes etwa entlassen?

Wird die auf dem Hahn angesiedelte Hunsrück-Touristik ohne Flugbetrieb von Ryanair etwa auch geschlossen?

Und müssen alle Landwirte, die im Winter bei Bedarf beim Schneeräumen helfen und deshalb als Arbeitskräfte in die Hahner Statistik einfließen, ohne Flugbetrieb ihren Ackerbau oder ihre Viehzucht aufgeben?

Auch die Arbeitsplätze von Ryanair gehen nicht wirklich verloren. Ryanair versetzt ihre geschätzt mit ca. 800 in die Statistik einfließenden Mitarbeiter, zumeist aus den baltischen, ost - oder südosteuropäischen Staaten stammend, einfach an einen anderen Standort, vielleicht sogar nach Frankfurt, Köln-Bonn oder Luxemburg.

(SWR vom 23.10.2018)