Zurück zur Übersicht

drucken

Chinesen sondieren Kauf des Flughafens Hahn


Rheinland-Pfalz stellt Subventionen für neuen Käufer aus dem Reich der Mitte in Aussicht / Von Bernd Freytag und Ulrich Friese

MAINZ/FRANKFURT, 1. Juni Der rheinland-pfälzische Regionalflughafen Hahn steht vor dem Verkauf an einen Investor aus China und wird auch nach dem Eigentümerwechsel den Haushalt des Landes belasten. In Absprache mit der EU-Kommission und dem Käufer könnten bis 2024 Betriebsbeihilfen bis zu 25,3 Millionen Euro fließen, erklärte das rheinland-pfälzische Innenministerium dieser Zeitung.

Als Investitionsbeihilfen seien darüberhinaus bis zu 22,6 Millionen Euro zulässig, allerdings nur als maximal 50-prozentiger Zuschuss zu Investitionen des Käufers. Außerdem könne das Land jedes Jahr Sicherheitskosten von bis zu drei Millionen Euro etwa für den Brandschutz übernehmen. In Summe kämen auf den Landeshaushalt also abermals fast 51 Millionen Euro an Belastungen zu. Das Land Hessen als zweiter Eigentümer hält nach dem schrittweisen Rückzug nur noch 17,5 Prozent der Hahn-Anteile und beteiligt sich ohnehin nicht mehr an Beihilfen.

Der Flughafen im Hunsrück wäre damit einer der ersten in der langen Reihe defizitäre Regionalflughäfen, deren Betrieb auch nach dem Verkauf weiter vom Staat subventioniert wird. Solche Stützungszahlungen laufen nach dem Willen der EU spätestens 2024 innerhalb der Europäischen Union ganz aus. Investitionsbeihilfen hingegen sind auch bei weit größeren und profitablen privaten Flughäfen weiter möglich und durchaus üblich.

In den neunziger Jahren als Konversionsprojekt eines ehemaligen amerikanischen Militärflughafens in der strukturschwachen Region gestartet, hängt der Flughafen beständig am Tropf der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Die Hoffnung, mit der Umwidmung den Wegzug von ehemals 13 000 amerikanischen Soldaten und den entsprechenden Verlust an Kaufkraft zu kompensieren, hat sich nur zum Teil erfüllt. Bis zu 11 000 Arbeitsplätze, so geht aus früheren Zahlen der Landesregierung hervor, sollen durch den Ausbau des Flughafens rund um das Areal entstanden sein.

Sowohl die Passagierzahlen als auch das Frachtaufkommen blieben allerdings weit hinter den Hoffnungen zurück. 2015 beförderte der Flughafen 2,67 Millionen Gäste, es waren schon mehr als 4 Millionen. Wichtigster Kunde ist seit Jahren der irische Billigfluganbieter Ryanair. Die beförderte Fracht ist 2015 auf 80 000 Tonnen gefallen - das ist nur noch ein Drittel des bisherigen Hochstandes. Um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden und Kreditrückzahlung zu gewährleisten, musste die rot-grüne Landesregierung in einem Nachtragshaushalt 2014 mehr als 120 Millionen Euro bereitstellen. Im Folgejahr wies die Betreibergesellschaft nach erheblichen Abwertungen auf den Flughafen einen Verlust von 45 Millionen Euro aus. Die Zahlen für 2015 sollen in diesem Juni veröffentlich werden, angeblich belief sich der Verlust diesmal auf 15 bis 20 Millionen Euro.

Für ein rasches Ende der wirtschaftlichen Misere soll jetzt ein zahlungskräftiger Investor und Betreiber sorgen. Nach einem mehrwöchigen Ausleseprozess verdichtete sich die Zahl der Interessenten auf drei Bietergruppen aus China. Neben der branchenfremden Shanghai Yiqian Trading Company, die in der Volksrepublik als Zwischenhändler für die Bauindustrie und Einzelhandel tätig ist, befinden sich zwei Bietergruppen aus dem Luftfahrtsektor in dieser Runde, berichten Teilnehmer der Verhandlungen. So war bis zuletzt der chinesische Mischkonzern HNA mit von der Partie, der sich zuvor mit dem Investorenkonsortium ADC eigens für dieses Vorhaben verbündete. Doch dieses Duo ist nach eigenen Angaben aus dem Rennen. ADC und HNA waren lediglich bereit, einen symbolischen Kaufpreis von 1 Euro zu bieten und stattdessen 50 Millionen Euro in die Infrastruktur zu investieren, heißt es.

Größere Chancen, in Hahn zum Zuge zu kommen, soll dagegen Chinas staatlicher Wirtschaftsförderer Henan Civil Aviation Development (HNCA) besitzen. Er hatte bereits 2013 die Frachtfluggesellschaft Cargolux erworben und will den Regionalflughafen zu einem weiteren Fracht-Drehkreuz umbauen. Eine Entscheidung soll nächsten Dienstag fallen.



(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 01.06.2016)