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Für die Hunsrückbahn stehen die Signale weiter auf Rot


Die Grünen im Mainzer Landtag stellen schnelle Fortschritte in Aussicht - Doch dafür fehlen zentrale Voraussetzungen

Ludwigshafen. Pläne der rheinland-pfälzischen Landesregierung für einen Zugverkehr zum Flughafen Hahn dürften bald zu einem Konflikt mit den Zweckverbänden führen, die für den regionalen Schienenverkehr im Land zuständig sind. Kalt erwischt werden könnten davon besonders die Grünen.

Für die Einführung von Regionalzügen zum Flughafen Hahn wurden in Mainz immer wieder Termine angekündigt, die sich dann nicht halten ließen. Zu Zeiten der sozial-liberalen Landesregierung war es zeitweise das Jahr 2006, zuletzt hatte der Mainzer Infrastrukturminister Roger Lewentz im September 2011 den August 2018 genannt. Dies ist immerhin etwas realistischer als wahlkampfbedingte Äußerungen, die Züge könnten schon 2015 fahren. Letzteres hat in der vergangenen Woche Daniel Köbler, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Mainzer Landtag, behauptet.

Dass das Projekt seit langer Zeit nur sehr mühsam vorankommt und seine Zukunft weiterhin ungewiss ist, liegt vor allem an zwei Gründen. Zum einen an den im Vergleich zu anderen Bahnreaktivierungen in Rheinland-Pfalz gigantischen Kosten, die immer wieder nach oben korrigiert werden mussten. Zum anderen am eklatanten Missverhältnis zwischen den hohen Kosten und dem Nutzen des Projekts.

Um die Fahrzeiten der heutigen Busse zwischen Mainz und dem Flughafen Hahn zu unterbieten, war zusätzlich zur Reaktivierung der Hunsrückbahn zwischen Langenlonsheim und dem Flughafen Hahn eine Neubaustrecke von Gensingen-Horrweiler nach Langenlonsheim geplant. Dieses Projekt wird wegen der hohen Kosten aber inzwischen de facto nicht mehr weiterverfolgt. Es geht nun nur noch um die Reaktivierung und den teilweise zweigleisigen Ausbau der Strecke von Langenlonsheim zum Hahn.

Dies hat allerdings zur Folge, dass mit immer noch hohen Investitions- und Betriebskosten künftige Züge zwischen Mainz und dem Hahn länger unterwegs wären als heute die Busse. Die Investitionskosten wurden zuletzt 2009 von zuvor 85 auf 104 Millionen Euro nach oben korrigiert. Mit 63 Kilometern Länge wäre die Strecke zum Hahn das deutschlandweit bisher größte Bahnreaktivierungsprojekt. Alle anderen schon umgesetzten oder noch geplanten Bahn-Reaktivierungen waren von deutlich kleinerer Dimension.

Nachdem sich in den vergangenen Jahren abzeichnete, dass die Passagierzahlen am Hahn, anders als zeitweise erwartet, nicht massiv steigen, sondern eher zurückgehen, hatte das Projekt für die Mainzer Landespolitik erkennbar an Bedeutung verloren.

Dies schlug sich nicht zuletzt darin nieder, dass die Züge zum Hahn im September 2011 aus der Ausschreibung des Dieselnetzes Südwest herausgenommen wurden. Damit zeichnete sich ab, dass das Projekt allenfalls noch mit der nachrangigen Priorität weiterverfolgt werden würde, die ihm angesichts des ungünstigen Verhältnisses von Aufwand und Nutzen gebührt.

Ein überraschendes Comeback feierte das Projekt dann im Februar 2013. Die rheinland-pfälzischen Grünen mussten in diesem Moment die Kröte schlucken, dass in erheblichem Umfang weitere Steuermittel in den Flughafen Hahn gesteckt werden und erklärten dabei zur Bedingung, dass bis 2016 mit der Reaktivierung der Hunsrückbahn begonnen werden müsse - offenbar in der Hoffnung, bei dieser Gelegenheit, etwas durchzusetzen, was - auf den ersten Blick - im Sinne der grünen Programmatik ist.

Die rot-grüne Landesregierung kann in dieser Frage allerdings nicht allein entscheiden, sondern ist auf die beiden für den regionalen Schienenverkehr zuständigen Zweckverbände in Kaiserslautern und Koblenz angewiesen. Dort hat das Land nur eine Stimme - so wie alle dort vertretenen Landkreise und kreisfreien Städte.

Schon in der Vergangenheit war die Skepsis in den Zweckverbänden gegenüber dem Hunsrückbahn-Projekt groß. Vor allem der für den Süden von Rheinland-Pfalz zuständige Zweckverband in Kaiserslautern hat immer wieder deutlich gemacht, dass er die Bestellung der Züge zum Hahn nicht aus seinem Budget finanzieren kann, wenn dies zu Lasten des Verkehrs auf anderen Strecken gehen würde.

Der Abschluss eines Bau- und Finanzierungsvertrags für die Hunsrückbahn wird nur dann möglich sein, wenn die Zweckverbände eine langfristige Bestellgarantie für die Züge zum Hahn abgeben. Für die Zweckverbände wäre es ein Horrorszenario, durch eine solche Bestellgarantie auf Jahrzehnte umfangreiche Mittel zu blockieren, die dann für wesentlich wichtigere Zugleistungen nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Das gilt ganz besonders in einer Phase, in der angesichts der anstehenden Revision der Regionalisierungsmittel, die die Länder vom Bund für den regionalen Schienenverkehr bekommen, völlig unklar ist, wie viel finanziellen Spielraum die Zweckverbände künftig noch haben werden.

Die erforderlichen Bestellerentgelte für die Züge zum Hahn werden auf mindestens 10 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Die eher sinkende Tendenz bei den Passagierzahlen am Flughafen Hahn und die gegenüber den gegenwärtigen Bussen nicht konkurrenzfähigen Fahrzeiten lassen zudem nicht erwarten, dass bei einer Ausschreibung des Zugbetriebs aus Sicht der Aufgabenträger erfreuliche Angebote eingehen werden.

Der damalige Staatssekretär im Mainzer Wirtschaftsministerium Carsten Kühl (SPD) hatte im September 2007 im Wirtschaftsausschuss des Landtags gesagt, der Betrieb der - damals eher aus flughafenpolitischen als aus bahnpolitischen Motiven von der Landesregierung gewünschten - Hunsrückbahn werde nicht aus Regionalisierungsmitteln finanziert werden und deshalb den Rheinland-Pfalz-Takt nicht tangieren. Woher das Geld allerdings sonst kommen könnte, war schon damals eine spannende Frage, die nun wohl vor allem einer zu beantworten hätte: Carsten Kühl, damals Staatssekretär, inzwischen rheinland-pfälzischer Finanzminister. Er dürfte sich im Moment eines am allerwenigsten wünschen: zusätzliche Belastungen für den Landeshaushalt.

(Rheinpfalz vom 05.08.2013)