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Hahn-Story wird zum Drama


2,8 Millionen Passagiere peilt Ryanair am Hahn im aktuellen Geschäftsjahr an, das im März 2014 endet. Dann sollten die Zahlen um 300 000 zurückgehen.

Von Markus Lachmann

HUNSRÜCK-AIRPORT Abzug von Ryanair-Jets könnte Zäsur am Flughafen bedeuten

MAINZ - Der Innenminister und die neue Flughafen-Geschäftsführung üben sich in Durchhalteparolen. Und Ryanair rechnet die Zahlen klein. Doch jeder, der den Flughafen im Hunsrück kennt, weiß: Jetzt wird die Luft am ehemaligen US-Fliegerhorst richtig dünn.

Hatte Ryanair, erfahren in glänzender PR, sich noch vor zwei Wochen flammend zum Hahn bekannt, so besagen die Fakten nun ganz anderes. Die Zahl der Maschinen soll zum Sommerflugplan 2014 von neun auf sechs sinken. Wie Ryanair bei diesen Zahlen auf ein Minus von nur 300 000 Passagieren kommt, dürfte das Geheimnis der Airline bleiben. Denn in der Branche rechnet man pro Jet mit 300 000 Passagieren. Selbst wenn man die schwächeren Wintermonate einrechnet, dürfte man bei einem Vielfachen rauskommen. Insider gehen von einem Minus von rund 800 000 Passagieren aus.

FLOTTE

Ryanair hatte angekündigt, 175 Jets vom Typ 737-800 anzuschaffen. Der Boeing-Auftrag hat einen Wert von 15,6 Milliarden US-Dollar. Damit soll die Flotte auf 400 Flugzeuge anwachsen. 2019 sollen somit mehr als 100 Millionen Passagiere im Jahr befördert werden.

Hinzu kommt das psychologische Moment. Ryanair hat den Hahn groß gemacht, ist dort der mit Abstand wichtigste Kunde. Branchenkenner gehen nicht davon aus – trotz aller offiziellen Beteuerungen – dass wieder aufgestockt wird. Nach Informationen dieser Zeitung soll es in Dublin keinerlei Pläne geben, die Zahl der Jets am Flughafen Hahn 2015 wieder zu erhöhen.

Hintergrund des Aderlasses am Flughafen Hahn sind Lieferengpässe. Ryanair muss gemäß der Verträge mit Boeing seine Maschinen nach sieben Jahren zurück an den Flugzeughersteller verkaufen. Offenbar schafft es Boeing nicht, mit der Lieferung neuer Jets nachzukommen. Im Sommer hatte Ryanair angekündigt, 175 neue Flugzeuge von Typ 737-800 anzuschaffen.

Deshalb gab es jetzt an vielen europäischen Ryanair-Standorten Gebalge um die Jets. Einige Flughäfen sind aus dem Tauziehen besser rausgegangen als der Flughafen Hahn – vermutlich, weil sie „Anreize“ gesetzt haben. In der Branche fragt man sich angesichts der rot-grünen Politik in Mainz nun, wie es der Hahn schaffen will, Ryanair für das Jahr 2015 entsprechende Zugeständnisse zu machen. Zumal Ryanair im Frühjahr offenbar zwei neue Hubs bestücken will. In der Mainzer Landesregierung scheint man die Brisanz noch nicht richtig erkannt zu haben.

Heute tagt der Aufsichtsrat des Flughafens; für Gesprächsstoff dürfte gesorgt sein. Was bedeuten die neuesten Entwicklungen für die Jobs am Hahn? Ohne Stellenabbau dürfte der Flughafen nicht zu sanieren sein. Das Sanierungskonzept von Flughafen-Geschäftsführer Heinz Rethage sollte heute verabschiedet werden. Rethage hat dem Vernehmen nach gleich mehrfach mit Rücktritt gedroht, sollte der Aufsichtsrat nicht mitziehen. Auch ein Prüfbericht über Unregelmäßigkeiten am Flughafen soll heute besprochen werden. Es sind weiter turbulente Zeiten am Hahn.

(Allgemeine Zeitung vom 19.12.2013)