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So soll der Hahn gerettet werden

Von Markus Lachmann

SANIERUNGSKONZEPT Geschäftsführer will an vielen Schräubchen drehen / Outsourcing und Nato-Pipeline

Es geht um nichts Geringeres als die Rettung des Flughafens Hahn. Das Sanierungskonzept füllt samt Gutachten und Anlagen einen komplettem Aktenordner. Es liegt dieser Zeitung exklusiv vor und soll am kommenden Freitag im Aufsichtsrat diskutiert werden. Das heißt: Beschlossen ist noch nichts. Das Konzept umfasst mehrere Säulen: So will Hahn-Geschäftsführer Heinz Rethage mehr Geld reinholen. Zugleich will er Kosten reduzieren. Indem die Infrastruktur ausgelagert wird, soll der Hahn entlastet werden. Schließlich könnten Synergien mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) erreicht werden.

Die Ausgangslage: Die wirtschaftliche Lage des Flughafens ist angespannt. Das liegt an insgesamt 220 Millionen Euro Investitionen in den vergangenen Jahren. Die Flughafen Hahn GmbH (FFHG) hatte Anfang des Jahres Gesamtverbindlichkeiten von 125 Millionen Euro. Im Frühjahr half das Land, in dem es Gesellschafterdarlehen von rund 80 Millionen Euro bereitstellte. Unter dem neuen Geschäftsführer wurde das Minus zwar von etwa zehn Millionen Euro auf 5,7 Millionen Euro im Jahr 2012 fast halbiert. Aber wenn nichts getan wird, klafft 2017 ein Minus von 14,5 Millionen Euro sowie eine Liquiditätslücke von 35 Millionen Euro. "Damit ist das Geschäftsmodell der FFHG nicht zukunftsfähig", heißt es in dem Papier. Es bestehe "dringender Handlungsbedarf".

Erlössteigerungen: Allgemein gehe man beim Fluggastaufkommen in Deutschland von einer verhaltenen Entwicklung aus, heißt es mit Verweis auf Gutachten. "Die FFHG setzt daher anstelle einer primär auf Größe und Wachstum fokussierten Strategie das Augenmerk mehr auf die Ausbildung eines spezifischen und differenzierten Geschäftsmodells." Marketing und Vertrieb sollen "neue Impulse für Wachstum, Kooperationen und Geschäftsanbahnung" setzen. Die Entgeltordnung, in der die Gebühren für die Airlines geregelt ist, soll überarbeitet, die Bodenverkehrsdienstverträge sollen optimiert werden. Im sogenannten Non-Aviation-Bereich will Rethage die Erlöse steigern. Darunter fallen etwa Parkgebühren, Gastronomie und Retail (Einzelhandel). Die Parkgebühren wurden bereits erhöht, was für 2014 ein Plus von 1,68 Millionen Euro bringen soll. Insgesamt hält Rethage Erlössteigerungen pro Jahr von bis zu acht Millionen Euro für möglich.

87 Airlines kommen in Betracht

Der Vertriebsfokus liegt auf Low Cost (Billigfliegern), touristischen Verkehren und so genannten "ethnischen" Verkehren oder Immigrationsflügen – von Island bis Nordirak. Insgesamt kommen beim Passagierverkehr 87 Airlines für eine Akquise in Betracht. Bei der Fracht gilt die Erlössituation als schwierig. Interessant: Ambitionierte Ziele wie etwa die Verlagerung von Lufthansa Cargo nach Hahn oder die Ansiedlung so genannter "Integratoren" wie TNT, UPS, Fedex und DHL werden "nicht weiter verfolgt", da die Umsetzung als nicht wahrscheinlich gilt.

Kostenreduzierung: Der größte Kostenblock am Hahn ist das Personal mit 19 Millionen Euro (Plan 2013). Insgesamt könnte die Zahl der Mitarbeiter durch Fluktuation oder Verwendung in anderen Landesreinrichtungen um 28 reduziert werden. Durch Synergien mit dem LBM könnten weitere 25 Stellen wegfallen. Der Aufbau der Unternehmensorganisation soll umgekrempelt werden. Denkbar wäre es, dass es künftig nur noch einen Geschäftsführer gibt (bislang zwei). Insgesamt hält Rethage Einsparungen von 4,3 Millionen Euro pro Jahr für möglich. 45 Einzelmaßnahmen sowie 23 optionale Maßnahmen schlägt er dazu vor. So könnte der IT-Bereich auf einen Landesbetrieb übergehen. Vorteile erhofft sich Rethage durch den Anschluss des Tanklagers an die Nato-Pipeline, weil dadurch Transportkosten gesenkt werden. Ob ein Outsourcing des Tower-Personals die gewünschten Effekte bringt, muss noch geprüft werden. Weitere mögliche Kostensenker: Zentraler Einkauf und zentrale Rechnungsprüfung, Neuorganisation des Fuhrparks, Ausschreibung des Passagiertransfers und der Reinigung, weniger externe Beratung sowie Kürzung der Reise- und Bewirtungskosten. Alleine der Ausstieg aus der Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) brächte eine Einsparung von 200 000 Euro.

So soll es gehen!

Bei den Passagieren geht der Flughafen Hahn für dieses Jahr von einer Zahl von 2,4 Millionen (2012: 2,7) aus, sowie bei der Fracht von insgesamt 184 000 Tonnen (2012: 207000).

Für 2017 rechnet der Hahn mit 2,9 Millionen Passagieren und insgesamt 286 000 Tonnen Fracht.

Verkauf der Landebahn?

Die Infrastrukturkosten drücken den Flughafen Hahn. Er soll hier entlastet werden. Im Sanierungskonzept werden deshalb drei Modelle beschrieben, wie die Neuausrichtung der Flughafen Hahn GmbH (FFHG) aussehen könnte, kombiniert mit der Forderung der EU nach einer Ausschreibung.

Das Modell 1 sieht den Abschluss eines Betriebsüberlassungsvertrags in Form einer Dienstleistungskonzession mit einem privaten Partner vor. Dieser würde in einer europaweiten Ausschreibung gesucht. Der Private könnte zur Finanzierung verbleibender FFHG-Belastungen wie Zinsen und Tilgung, Abschreibungen sowie möglicher Verluste in den ersten Jahren ein „degressiv gestaffeltes Übernahmeentgelt“ des Landes erhalten.

Modell 2 schlägt die Aufspaltung von Infrastruktur und Betrieb vor. Der Betrieb würde auf eine neue Betriebsgesellschaft als Schwestergesellschaft der FFHG übergehen. Diese pachtet die Flughafen-Infrastruktur von einer Besitzgesellschaft. Die Anteile an der Betriebsgesellschaft werden an einen Privaten übertragen.

Modell 3 entspricht etwa dem zweiten Modell, wobei auch die „luftseitige“ Infrastruktur, etwa die Start- und Landebahn, auf einen Landesbetrieb übergeht. Dadurch entstünden Synergien. Mit dem Verkaufserlös könnten 85 Millionen Euro Gesellschafterdarlehen abgelöst werden. Allerdings könnte dieses Modell in Konflikt mit EU-Beihilferecht kommen. Der Verkauf der „landseitigen“ Infrastruktur (also außerhalb des Zaunes) in Höhe von 45 Millionen Euro löst den Kredit aus dem Liquiditätspool ab.

Bei Modell 1 und 2 entwickelt sich der Zuschussbedarf bis 2017 auf elf Millionen Euro, bei Modell 3 auf 2,4 Millionen Euro. Da Rethage bei den einzelnen Sparmaßnahmen eher vorsichtig gerechnet hat, hält er ein ausgeglichenes Ergebnis der FFHG ab 2017 für möglich.

(Allgemeine Zeitung vom 19.08.2013)