Lautzenhausen. Jörg Ritgen ist sauer. Eigentlich wollte der polnische Mitarbeiter des Landwirtes aus Morbach über Weihnachten nach Hause fliegen. Doch obwohl Ritgen das Ticket für den Flug ins polnische Rzeszów übers Internet schon gekauft hatte, fällt der Flug mit Ryanair aus. Nicht nur an einem Tag, sondern den ganzen Winter über. "Ohne anzukündigen, haben die die Verbindung gestrichen", ärgert sich Ritgen. Bis März geht kein Flug vom Flughafen Hahn nach Rzeszów. Sein Mitarbeiter muss nun für ein Vielfaches des Ticket-Preises mit dem Bus nach Hause fahren.
Druck auf Regierungen
Die Flüge nach Polen sind nicht die einzigen, die Ryanair in den Wintermonaten vom Hunsrück aus gestrichen hat. Gegenüber dem ohnehin schon reduzierten Sommerflugplan sind nochmals Strecken weggefallen. Statt 49 Ziele fliegt Ryanair bis Ende März nur noch 31 vom Hahn aus an. Grund dafür ist, dass die Fluggesellschaft aus Kostengründen 80 seiner 277 Flugzeuge im Winter auf dem Boden lässt. Um insgesamt vier Prozent soll das Flugangebot zusammengestrichen werden. Damit will Ryanair auf die anhaltend hohen Ölpreise reagieren.
Das hat weitere Auswirkungen auf den Hahn. Seit Anfang des Jahres sind die Passagierzahlen dort stetig im Sinkflug. Selbst im Hauptferienmonat Juli ging die Zahl gegenüber 2010 um 21 Prozent zurück und hat sich seitdem auch nicht erholt. Daher steht zu befürchten, dass durch die massive Streckenreduzierung im Winter die Zahl noch weiter zurückgehen wird. Bis Ende Oktober ist sie um 16,5 Prozent zurückgegangen, insgesamt 2,5 Millionen Passagiere wurden seit Anfang des Jahres auf dem Hahn gezählt. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres waren es noch drei Millionen Passagiere. Die Schuld dafür gibt man auf dem Hahn der seit Anfang des Jahres geltenden Ticketsteuer, für Kurzstrecken müssen Passagiere von Deutschland aus acht Euro Aufschlag zahlen.
Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass Ryanair im Winter sein Streckennetz ausdünnt und vor allem die reinen Sommerziele herausnimmt. Aber so drastisch wie in diesem Jahr sah die Reduzierung noch nie aus. Insgesamt starten derzeit 13 Flüge weniger als im vergangenen Winter vom Hahn aus, 121 Abflüge pro Woche wird es bis März vom Hunsrück aus geben. Das seien im Schnitt 17 Flüge am Tag, haben Mitglieder der Bürgerinitiative Nachtflughafen Hahn ausgerechnet. Im vergangenen Winterflugplan seien es noch fast 26, vor zwei Jahren sogar noch 33 Abflüge pro Tag gewesen. Die Flughafengesellschaft gibt sich gelassen. Man reagiere "auf die im Winter üblichen Streckenstreichungen" mit Bau- und Renovierungsmaßnahmen in der Abflughalle, heißt es. Für 2012 gehe man von weiterem Wachstum aus.
Der Wegfall der Verbindung ins polnische Rzeszów zeigt, dass Ryanair nicht nur die klassischen Sommerziele wie Griechenland oder Rimini in Italien streicht. Auch die im vergangenen Winter angeflogenen Ziele in Mallorca oder Faro an der Algarve-Küste in Portugal sind dieses Jahr nicht im Angebot. Nicht immer scheint die winterliche Streckenreduzierung ausschließlich etwas mit der Auslastung zu tun zu haben.
Oft geht es einfach darum, den Druck auf die Flughafenverantwortlichen der betroffenen Region zu erhöhen, um höhere Zuschüsse herauszuschlagen. Wie im spanischen Reus und dem benachbarten Girona. Weil sich die katalonische Regionalregierung weigerte, die Fluggesellschaft stärker zu unterstützen, strich Ryanair in diesem Winter die Flüge nach Reus und drohte damit auch für Girona. Nun hat die Regionalregierung zugesichert, den Iren in den nächsten fünf Jahren 40 Millionen Euro dafür zu zahlen, dass sie jährlich mindestens 3,5 Millionen Passagiere zu den beiden Flughäfen bringen. Auch aus dem spanischen Alicante will sich Ryanair im Sommer zurückziehen - falls es keine höheren Zuschüsse gibt.
Aus dem gleichen Grund wurden übrigens vor drei Jahren für einige Wochen im Winter Flugziele gestrichen, unter anderem Mallorca und Rzeszów. Nachdem die Zuschüsse erhöht worden waren, nahm Ryanair die Verbindungen wieder auf.
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