Von unserem Redakteur Bernd Wientjes
Offiziell gibt die irische Fluggesellschaft Ryanair der neuen Luftverkehrsabgabe die Schuld für das Streichen von Verbindungen vom Flughafen Hahn. Das ist aber nicht in allen Fällen der wahre Grund.
Eigentlich müsste Ryanair der Bundesregierung dankbar sein. Denn die ab 1. Januar geltende Ticketsteuer hat es der irischen Fluggesellschaft ermöglicht, sich elegant von unrentablen Strecken vom Flughafen Hahn zu trennen. Offiziell bestätigt wird das seitens Ryanair natürlich nicht. Trotzdem gibt es Hinweise darauf, dass nicht jede Strecke tatsächlich wegen der Einführung der zusätzlichen Steuer von acht Euro für einen Kurzstreckenflug aus dem Flugplan genommen worden ist. Beispiel die Verbindung vom Hahn in die spanische Pilgerstadt Santiago de Compostela. Eine Woche, bevor Ryanair Ende November mitgeteilt hat, neun vom Hunsrück aus geflogene Strecken im nächsten Jahr einzustellen - darunter die Flüge nach Santiago de Compostella - hat die Fluggesellschaft in Spanien verkündet, alle drei Verbindungen von der Pilgerstadt zum Hahn, nach London und nach Rom und zurück zu streichen. Begründung: Die Regionalverwaltung in der spanischen Provinz Galicien, zu der Santiago de Compostela gehört, habe sich nicht an Marketingaktionen in Deutschland, Großbritannien und Italien beteiligt.
Eine Woche später bei der Pressekonferenz in Frankfurt hieß es: Santiago werde genau wie Agadir, Breslau, Danzig, Göteborg, Prag, Sevilla, Berlin und Klagenfurt wegen der ab Januar geltenden Ticketsteuer in Deutschland ab Sommer vom Hahn aus nicht mehr angeflogen. Ebenso wurde nicht erwähnt, dass die Verbindung bereits ab 11. Januar gekappt wird. Von Ryanair war dazu trotz Anfrage gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Im Vergleich etwa zur Verbindung ins österreichische Klagenfurt waren die Flüge nach Santiago gut ausgelastet. Bis Oktober wurden auf den 109 Flügen vom Hunsrück in die galizische Hauptstadt insgesamt 31 554 Passagiere gezählt, damit waren fast 77 Prozent der angebotenen Plätze ausgebucht. Nach Klagenfurt wollten in der gleichen Zeit bei 76 Starts vom Hahn aus nur 11 787 Passagiere, was einer Auslastung von gerade mal 41 Prozent entspricht. Die Verbindung dürfte zu wenig Umsatz gebracht haben, nämlich, so heißt es in österreichischen Medien, 20 Euro pro Fluggast. Bereits 2005 wurde die Verbindung kurzzeitig eingestellt.
Der geringe Umsatz dürfte auch der Grund sein, warum Ryanair seine Berlin-Flüge vom Hahn ab 11. Januar einstellt. Im Schnitt 16 Euro sollen die Kunden für einen Flug in die Bundeshauptstadt bezahlt haben - der Durchschnittsticketpreis für Ryanair-Flüge liegt bei 35 Euro. Ganz überraschend kommt die Aufgabe der Berlin-Route nicht. Bereits Anfang des Jahres, als noch keine Rede von der Luftverkehrsabgabe war, hieß es bei der Fluggesellschaft, man ziehe sich vom Flughafen Berlin-Schönefeld zurück und wolle im brandenburgischen Finow vier Flugzeuge stationieren. Als Grund wurde genannt, dass Schönefeld zum Großflughafen Berlin-Brandenburg ausgebaut wird und Ryanair keine Großflughäfen anfliege. "Der ausschließliche Grund für die Einstellung der Berlinstrecke ist die Einführung der Flugverkehrssteuer, die innerdeutsche Flüge doppelt belastet", sagt der Sprecher des rheinland-pfälzischen Verkehrsministeriums, Joachim Winkler. Doch die Ticketsteuer scheint Ryanair nicht davon abzuhalten, von einigen deutschen Flughäfen - etwa Bremen oder Karlsruhe - auch neue Flugziele anzubieten. Verkündet wurden die neuen Strecken ab Bremen keine zwei Wochen nachdem Ryanair-Chef Michael O'Leary aus Protest gegen die Ticketsteuer Streckenstreichungen angekündigt hatte.
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