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Flughafen Hahn: Jobmotor mit Kolbenfresser

Von unserem Mitarbeiter Torsten Lauterborn

3,8 Millionen Passagiere, 3300 Arbeitsplätze, 120 Unternehmensansiedlungen - die Landesregierung preist ihr Konversionsprojekt Flughafen Hahn als Erfolgsgeschichte. Doch der Preis dafür ist hoch: Der Hunsrück-Airport verschlingt jedes Jahr Steuergeld in zweistelliger Millionenhöhe.

Lautzenhausen. "Boarding completed, ready for take off", hieß es am 22. Mai 1993. Erstmals startete an diesem Tag eine Passagiermaschine vom früheren US-Militärstützpunkt Hahn (nach Mallorca). Etwa 7000 Fluggäste verzeichnete der Hunsrück-Airport im ersten Jahr seines Bestehens, heute - rund 16 Jahre später - kommen mehr als 10 000 - täglich!

Die Hahn-Story ist atemberaubend: In wenigen Jahren hat sich der Flughafen vom kleinen Regionalairport zum internationalen Verkehrslandeplatz gemausert. Selbst die kühnsten Optimisten hätten sich diese Entwicklung noch in den 90er Jahren nicht träumen lassen. Seinen Ursprung nahm alles im Jahr 1951: Die französische Besatzungsmacht entschloss sich, einen Flughafen nahe den Dörfern Lautzenhausen und Hahn zu errichten. Ein Jahr später übernahmen die Amerikaner den Fliegerhorst und stellten ihn bis 1953 fertig. Seitdem stiegen Kampfflugzeuge in den Hunsrückhimmel, und der Hahn entwickelte sich zu einem der größten US-Luftwaffenstützpunkte in Europa. Rund 70 Jagdbomber des Typs F 16 waren in den 80er Jahren im Hunsrück stationiert, 6000 Soldaten hielten Stellung - bis schließlich 1991 General Norwood mit der letzten F 16 die Militärbasis verließ.

Schon zwei Jahre später hoben die ersten Charterf-Jets mit Urlaubern in Richtung Süden ab. Ursprüngliches Ziel der Flughafen-GmbH war es, bis 2007 jährlich rund 500 000 Fluggäste auf den Hahn zu bringen. Doch die angepeilte Marke wurde fulminant verfehlt. Denn in den Jahren 2001 bis 2003 setzte der Airport zum Höhenflug an. Die Passagierzahlen stiegen in dieser Zeit pro Jahr um eine Million - dank Ryanair.

Die aufstrebende irische Fluggesellschaft kam 1999 auf den Hahn, sie allein verhalf ihm zum großen Durchbruch. Heute starten die Ryanair-Flieger zu 50 Zielen; mit London-Stansted, Dublin und Barcelona-Girona ist der Hahn seit langem einer der zentralen Dreh- und Angelpunkte im Ryanair-Flughafennetzwerk. 3,8 Millionen Passagiere wurden im vergangenen Jahr im Hunsrück gezählt und 175 000 Tonnen Luftfracht bewegt. Insgesamt 120 Unternehmen siedelten sich an, rund 3300 Arbeitsplätze sind angeblich entstanden. Gründe genug für die rheinland-pfälzische Landesregierung, den Hunsrück-Airport als ihr Vorzeige-Konversionsprojekt zu loben.

Doch der Flughafen hat einen gewaltigen Schönheitsfehler: Finanziell ist der Hahn ein großes Minusgeschäft. Umgerechnet 46 424 Euro Tag für Tag kostete es im vergangenen Jahr, um den Betrieb im Hunsrück am Laufen zu halten. Dabei sind die Verluste keineswegs der Wirtschaftskrise geschuldet - schon seit jeher schreibt der Flughafen rote Zahlen. Professor Heiner Monheim, Verkehrsexperte an der Universität Trier, hält das Projekt für ein Fass ohne Boden. Nach seiner Einschätzung wird es dort niemals Gewinne geben - wegen der künftigen Besteuerung des Flugbenzins und wegen des Verbots staatlicher Beihilfen. Kritisiert wird vor allem die Abhängigkeit von Ryanair. Denn die irische Fluggesellschaft ist die einzige große Passagierfluggesellschaft auf dem Hahn. Rund drei Dutzend Flieger starten derzeit täglich im Hunsrück, auf nahezu allen prangt das blau-gelbe Ryanair-Logo.

Der selbst ernannte Billigflieger weiß um seine Macht: Fraport, Betriebsgesellschaft des Flughafens Frankfurt und langjährige Hahn-Mehrheitsgesellschafterin, zog 2009 die Reißleine und stieg aus der Flughafen-GmbH aus, nachdem sie eine Passagiergebühr ("Hahn-Taler") gegen Ryanair nicht durchsetzen konnte. Mit dem Fraport-Aus kam die Rückverstaatlichung - das Land Rheinland-Pfalz übernahm die Anteile der Frankfurter Flughafen Gesellschaft.

Verkehrsexperte Monheim sagt dem Flughafen allerdings eine dunkle Zukunft voraus. Er rechnet aus Energie- und Klimagründen mit einer politisch organisierten Neuordnung des Luftverkehrs. "Spätestens dann ist der Hahn wieder platt."

(Trierischer Volksfreund vom 26.01.2010)