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Einer Verfassungsklage des Landes Rheinland-Pfalz gegen die Luftverkehrsabgabe sieht Bundeswirtschaftminister Rainer Brüderle (FDP) gelassen entgegen. Im TV-Interview äußert sich der 65-Jährige zu den Auswirkungen auf den Flughafen Hahn und der Notwendigkeit eines weiteren Regionalflughafens in Bitburg.

Lautzenhausen. (wie) Elf Jahre, bis 1998, war Rainer Brüderle Wirtschaftsminister in Rheinland-Pfalz. In diese Zeit fiel auch die Umwandlung des ehemaligen US-Militärflughafens Hahn im Hunsrück zu einem Regionalflughafen. Am Wochenende kam der mittlerweile zum Bundeswirtschaftsminister aufgestiegene Landesvorsitzende der rheinland-pfälzischen FDP zu einer Podiumsdiskussion auf den Hahn. Am Rande der Veranstaltung sprach TV-Redakteur Bernd Wientjes mit Rainer Brüderle.

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Apropos Hahn. Hier ist man ziemlich sauer wegen der gerade beschlossenen Luftverkehrsabgabe. Die ist ja gegen Ihren Willen verabschiedet worden. Wie verteidigen Sie diese Mehrbelastung auf einem Flughafen wie dem Hahn, der stark von einer sogenannten Billig-Fluglinie abhängig ist?

Brüderle: Ich mache keinen Hehl daraus: Ich bin kein Freund der Luftverkehrsabgabe. Aber an einer ernsthaften Haushaltskonsolidierung führt kein Weg vorbei. Die Steuer soll dazu einen Beitrag leisten und zugleich Anreize für ein umweltgerechteres Verhalten setzen. Jetzt müssen wir beobachten, wie sich die Mehrbelastung konkret auf die Flughäfen auswirken wird. Zum 30. Juni 2012 wird überprüft, ob es gravierende Effekte durch die Abgabe gegeben hat, etwa hier auf den Flughafen Hahn.

Und, falls ja, wird sie dann wieder gekippt?

Brüderle: Warten wir erst einmal ab, wie die Regelung wirkt. Ich könnte mir vorstellen, dass Fluggesellschaften durchaus unterschiedlich mit der Steuer umgehen. Gerade manche der sogenannten Billig-Fluglinien haben angekündigt, die Steuer nur teilweise weiterzugeben. Das wäre auch für Flughäfen wie den Hahn gut.

Warum hat die Bundesregierung in Sachen Luftverkehrsabgabe einen solchen Schnellschuss gemacht? Wäre eine Abstimmung mit den EU-Ländern und eine Einigung auf eine einheitliche Abgabe nicht sinnvoller gewesen?

Brüderle: Natürlich wäre es wünschenswert, wenn es dazu eine EU-weite Regelung gäbe. So ein Abstimmungsprozess ist jedoch äußerst komplex und langwierig. Als Bundesregierung mussten wir aus Gründen der Haushaltskonsolidierung schnell handeln, und das haben wir getan. In Großbritannien und Frankreich wird übrigens bereits eine ähnliche Abgabe erhoben.

Rheinland-Pfalz hält die Luftverkehrsabgabe für verfassungswidrig, weil etwa der Frachtverkehr ausgenommen ist. Fürchten Sie eine mögliche Klage?

Brüderle: Ich habe mich dafür eingesetzt, dass der Frachtverkehr von der Abgabe ausgenommen wird. Es wundert mich schon, dass hier ausgerechnet mit der verbleibenden Befreiung des Frachtverkehrs argumentiert wird. Denn davon profitiert ja auch Hahn. Es ist das gute Recht eines Landes, wichtige Anliegen notfalls auch noch einmal vor Gericht klären zu lassen. Aber im Abstimmungsprozess wurde natürlich auch geprüft, ob die Steuer verfassungskonform ist.

Im vergangenen Jahr hat die Vorgänger-Bundesregierung ein Flughafen-Konzept verabschiedet. Darin heißt es: "Die Bundesregierung sieht keinen Bedarf an weiteren Flughäfen." Hat das noch immer Bestand?

Brüderle: Auch die jetzige Bundesregierung hält an dem Flughafenkonzept fest.

Also braucht Rheinland-Pfalz neben dem Hahn und Zweibrücken keinen weiteren Flughafen, etwa in Bitburg?

Brüderle: Das muss Rheinland-Pfalz beurteilen. Persönlich habe ich aber Zweifel, dass hier ein konkreter Bedarf besteht. Das Potenzial für Bitburg scheint mir nicht so groß zu sein, vor allem weil Luxemburg doch sehr nah ist.

Wann muss sich aus Ihrer Sicht ein Regionalflughafen selbst tragen? Oder anders gefragt: Sind dauerhafte Beihilfen für einen Flughafen rechtens?

Brüderle: Regionalflughäfen kann man nicht nur nach Gewinnen betrachten. Aber staatliche Hilfen für Flughäfen sind ordnungspolitisch bedenklich, insbesondere wenn sie dauerhaft sind. Daher halte ich davon wenig. Hinzu kommt, dass sich auch die Europäische Kommission dauerhafte Beihilfen sehr genau anschaut.

Ist der Hahn also finanziell tragbar?

Brüderle: Das werden wir sehen. Ich bedauere, dass die Frankfurter Flughafengesellschaft als Mehrheitseigner des Hahn ausgestiegen ist. Es wäre erstrebenswert, wenn neben dem Land andere Investoren einsteigen würden.

Der Hahn ist eng verbunden mit dem umstrittenen Hochmoselübergang. Können Sie den Protest dagegen verstehen?

Brüderle: Proteste muss man immer ernst nehmen. Aber um den Hochmoselübergang geht es ja nicht aus Jux und Dollerei. Wir brauchen eine vernünftige Anbindung von Rotterdam und Antwerpen an das Rhein-Main-Gebiet.

Weiterführende Links

(Auszug aus einem Artikel im Trierischen Volksfreund vom 13.09.2010)