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"Anwohner leiden sehr unter Lärm"
Bürgerinitiative gegen Nachtflughafen Hahn sieht Betreiber nach jedem Strohhalm greifen

LAUTZENHAUSEN. Der Flughafen Hahn ist wegen seiner Wirtschaftlichkeit in aller Munde. Die Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen kämpft gegen Fluglärm und für mehr Lärmschutzmaßnahmen. Über Ziele sprach die AZ mit Oliver Simon, dem Zweiten Vorsitzenden der BI.

Entsprechen die luftrechtlichen Genehmigungen Ihren Vorstellungen über die Nutzung des Flughafens?
Simon: Die luftrechtlichen Genehmigungen entsprechen nicht unseren Vorstellungen über die Nutzung des Flughafens. Unsere Vorstellungen sehen so aus: Nachtflugverbot ohne Ausnahme. Verbot von Platzrundenflügen jeglicher Art an Samstagen, Sonn- und Feiertagen sowie an Werktagen vor 8 Uhr, zwischen 12 und 14 Uhr und nach 17 Uhr. Beschränkung des Luftverkehrs auf den regionalen Bedarf. Start- und Landeerlaubnis nur für modernstes Fluggerät (jeweils höchste Klassifikationsstufe), hilfsweise Einführung der Bonusliste. Verbot von jeglichem militärischen Flugbetrieb, auch von so genanntem "zivilem" Militärflugverkehr. Passagier- und frachtbezogene Zusatzgebühren (Lärmtaler) zur Finanzierung von Lärmschutzmaßnahmen und Projekten in den von Fluglärm betroffenen Ortschaften.

Sind Ihrer Ansicht nach Nachtflüge überhaupt existenziell wichtig für den Flughafen Hahn?
Simon: Angesichts der jährlichen Verluste zwischen 15 und 20 Millionen Euro bei der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH ist diese Frage leicht zu beantworten. Die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH muss nach jedem Strohhalm greifen, an dem ein paar Euro kleben. Sie ist auf jeden Eurocent Umsatz angewiesen.

Wie stark sind die Anwohner vom Flugbetrieb beeinträchtigt?
Simon: Die Anwohner in den An- und Abflugkorridoren sind vom Fluglärm sehr stark betroffen. Insbesondere seitdem schwerpunktmäßig nachts das amerikanische Militär Truppen und militärische Nachschubgüter wie etwa schwer gepanzerte Mannschaftstransportwagen über den Flugplatz Hahn in den Irak und Afghanistan transportiert, hat die nächtliche Lärmbelästigung der Anwohner massiv zugenommen. Dies insbesondere aus dem Grund, da hierbei fast ausschließlich veraltetes und/oder überlautes Fluggerät wie die Antonov 124, Boeing B747-200 und die Mc Donell Douglas MD11 zum Einsatz kommen. Die Messergebnisse der von der BI in Morbach-Hundheim betriebenen Lärmmessstation zeigen deutlich, dass die Zone, in denen Lärmschutzmaßnahmen durch den Flugplatz Hahn getroffen wurden, viel zu klein ist. Pikant ist sicherlich, dass schon heute in zwei Monaten mehr nächtliche Flüge von großen und schweren Flugzeugen (Klasse S7) stattfinden, als im Lärmgutachten zur Erteilung der uneingeschränkten Nachtflugerlaubnis für das gesamte Jahr 2015 zugrunde gelegt wurden. Die transportierte Frachtmenge beträgt heute etwa 10000 Tonnen im Monat, für 2015 sind jährlich 715000 Tonnen geplant. Also für 20000 Tonnen werden mehr nächtliche Flüge gebraucht, als nach Meinung der Gutachter bei 715000 Tonnen Fracht. Allein daran kann man die Fehlerhaftigkeit der Lärmgutachten, aus dem die Lärmschutzgebiete abgeleitet wurden, erkennen.

Wie stellen Sie sich den Flughafen und alles, was dazu gehört, in zehn Jahren vor?
Simon: Die Fraport AG (Muttergesellschaft der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH) hat erklärt, dass sie nicht mehr lange bereit ist, die jährlichen zweistelligen Millionenverluste der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH zu übernehmen. Wir rechnen damit, dass über kurz oder lang die Fraport AG den Flugplatz Hahn abstößt. In diesem Fall gehen wir davon aus, dass russische Investoren den Flugplatz Hahn übernehmen. Ob diese dann allerdings den höchst defizitären Flugbetrieb weiter so aufrechterhalten oder andere Nutzungsmöglichkeiten im Vordergrund stehen, können wir noch nicht beurteilen.
Das Gespräch führte Klaus Pfrengle

(Rhein-Mainer vom 07.01.2009)