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Flughafen-Überschuss in der Großregion

Über günstige Ticketpreise freut sich jeder, aber sie sind teuer bezahlt: Zum einen geht der zunehmende Luftverkehr durch die Billig-flieger auf Kosten des Klimas. Zum anderen werden die Regionalflughäfen großzügig subventioniert - mit Geld von uns Steuerzahlern! Trotz Haushaltsdefizit sprießen sie wie Pilze aus dem Boden. In Deutschland durch die Umwandlung von Militär- in zivile Flughäfen; in Frankreich wurden sogar neue gebaut. Aber: brauchen wir so viele Flughäfen? Nicht nur Umweltschützer sagen: nein.

Es herrscht Hochbetrieb am europäischen Luftfahrtshimmel über Europa. Die Großregion ist mit sechs Airports Europa-Meister in puncto Flughafendichte. Extrembeispiel: Saarbrücken und Zweibrücken. Nur 15 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt und knallharte Wettbewerber. Elf Millionen Euro stellt das Saarland dieses Jahr für den Flughafen Ensheim bereit. Dabei stand der vor zwei Jahren vor dem Aus, als nur 300.000 Passagiere jährlich hier abflogen. Nach der Ansiedelung von Air Berlin im Herbst ist die Zahl der Passagiere angestiegen. 570.000 sollen es dieses Jahr werden.


Die Rechnung geht nicht auf


Auch vom nahen Zweibrücken kann man nach Berlin fliegen - mit der Konkurrenz. Für den Flughafen gibt´s jährlich zwei Millionen Euro vom Land Rheinland-Pfalz. Doch 300.000 Passagiere sind auch hier deutlich weniger als das, was Verkehrsexperten als Minimum für einen rentablen Betrieb ansetzen. Ein subventionierter Flughafen sollte mindestens 460.000 Passagiere im Jahr aufweisen können. Heiner Monheim, Verkehrsexperte an der Universität Trier, findet das zu wenig: "Was kostet so ein Flughafen? Sie müssen die gesamte Luftüberwachung mit reinrechnen, die gesamte Abfertigungslogistik, die ganzen Förderbänder und Überwachungsdienste. Da wuseln 40 Leute herum, die nichts anderes tun als sie abtasten usw. - die müssen bezahlt werden! Und wenn sie diese Infrastruktur bezahlen, dann rechnet die sich frühestens ab zwei Millionen."


Noch ein Millionengrab in Rheinland-Pfalz: der Flughafen Hahn


Der Hunsrück-Airport Hahn hat es geschafft: Vier Millionen Passagiere checkten hier letztes Jahr ein. Doch von Kostendeckung keine Spur: Das Defizit liegt derzeit bei 15 Millionen Euro. Mit Steuergeldern subventioniert sind aber nicht nur Infrastruktur und Marketing; das Land hofiert auch nach Kräften den Billigflieger Ryanair. Dessen Mitarbeitern hat es Schulungen finanziert. Ein großzügiges Geschenk. Dabei zahlt die Airline so gut wie keine Flughafen-Steuer.

Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim zeichnet ein düsteres Szenario, sollte der Billigflieger irgendwann den Hahn verlassen: "Wenn Ryanair irgendwann mal entweder pleite geht oder jemanden findet der noch mehr Freibier verschenkt, dann gibt`s keinen Ersatz dafür."


Schlechte Erfahrungen mit Billigflieger in Lothringen



Ersatz finden musste der vor 17 Jahren eröffnete Flughafen Metz Nancy Lorraine. Hier sind die Billigflieger letzen Herbst abgezogen. Die Nachfrage nach Italien-Flügen war zu gering. Dass der Flughafen in einem Jahr ein Viertel seiner Passagiere verloren hat liegt jedoch vor allem daran, dass Air France die Paris-Flüge eingestellt hat. Grund: der TGV bedient die Strecke jetzt viel schneller. Experten plädieren deshalb für eine völlig neue Verkehrspolitik.

"In der Raumordnung ist es wichtig, sich von der Politik der letzten 40 Jahre zu verabschieden", sagt der Metzer Verkehrswissenschaftler Francois Hulbert. "Die Regionen müssen sich endlich ihrer Bedeutung bewusst werden und ihre Infrastruktur international ausrichten statt nach Paris, das heißt: sie brauchen große Flughäfen. Als Standorte solcher weltumspannender Flughäfen kämen drei oder vier Ballungsgebiete in Frankreich durchaus in Frage."
Der Flughafen Metz-Nancy musste schon Konsequenzen ziehen: Flüge nach Algerien gehen gut, demnächst kann man von hier nach New York fliegen. Doch die Konkurrenzsituation mit anderen Aiports bleibt. Kooperationsversuche in der Großregion sind bislang am Egoismus der Landesfürsten gescheitert. Von einer überregionalen Planung des Flugverkehrs ist man auch hier meilenweit entfernt.

Von Andrea Weber

(SR-Online vom 20.05.2008)