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Der Lütticher Flughafen wächst weiter

Von Felix Lennertz

Lüttich. Am Lütticher Flughafen haben die Bauarbeiten begonnen, die längere der beiden Start- und Landebahnen wird verlängert. Das soll der Impuls sein, mit dem das Frachtaufkommen mittelfristig verdoppelt werden könnte. Erst 1990 gegründet, war Liege Aeroport früher ein unbedeutender Regional-Flughafen.

Mittlerweile ist er der wichtigste der Region und hat die Flughäfen Maastricht/Aachen und Mönchengladbach in Passagier- und Frachtgutaufkommen weit hinter sich gelassen. Das ist das Resultat jahrelanger, von der Regierung der Wallonie effektiv betriebener Strukturförderung für die struktur- und wirtschaftsschwache Wallonie. Man setzt auf Wachstum am Flughafen, auf noch mehr Andrang durch die verlängerte Landebahn. «Jetzt sind es 3300 Meter, wir hängen noch einmal 400 Meter dran», sagt Olivier del Marmol, Verwaltungsleiter der Flughafengesellschaft. Umstritten ist das Projekt, weil die Anwohner des Lütticher Vorortes Grace-Hollogne Angst vor mehr Fluglärm und Industrie haben.

Del Marmol wirbt indes um Verständnis. Die Landebahn habe nur Vorteile, sie sei sogar eine Wohltat. Für die Anwohner, für die Umwelt, für die Fluggesellschaften. «Die Flieger müssen beim Landen weniger stark bremsen und beim Starten weniger Gas geben.» Das schone die Ohren der Anwohner, weil weniger Triebwerkslärm zu hören sei, und es schone die Geldbeutel der Airlines, weil es teures Kerosin spare. Doch mit wachsender Förderung wächst auch die Zahl der Starts und Landungen. Und seit 1998 der Luftfrachttransporteur TNT seine Europazentrale in Lüttich gründete, sind dort Nachtflüge erlaubt und drei Frachtterminals in Betrieb.

Hinzugekommen ist ein seit 2005 massiver Zuwachs auch bei der Zahl der Fluggäste. Damals wurde ein luftiges, kundenfreundliches Passagierterminal eingeweiht, 2007 wurde ein Hotel mit 100 Betten eröffnet. Resultat: Das Passagieraufkommen ist von 207.000 im Jahr 2004 auf 333.000 im vergangenen Jahr angestiegen, «und wir wollen auch im Passagiersegment weiter wachsen», sagt del Marmol. ähnliche Wachstumsraten verzeichnet der Lütticher Flughafen im Frachtbereich: Waren es 2004 noch 382.000 Tonnen Luftfracht, wurden im vergangenen Jahr fast 490.000 Tonnen bewegt.


Am Maastricht-Aachen-Airport in Beek bei Maastricht wurden 2004 zum Vergleich 71.000 Tonnen bewegt, im vergangenen Jahr 81.000 Tonnen. Auch im Passagierbereich hat der Regionalflughafen eine unruhige Entwicklung hinter sich. übertrumpfte er Lüttich 2004 mit 255.000 Fluggästen, waren die 160.000 Maastrichter Passagiere im vergangenen Jahr weniger als die Hälfte des Passagieraufkommens von Lüttich.

An den unterschiedlichen Bedingungen lässt sich demonstrieren, wie sehr die Politik die Rahmenbedingungen für Ge- oder auch Misslingen der Flughäfen schaffen kann. Als TNT 1998 nach Lüttich kam, war es eine Frage von Wochen, bis die Politik die Weichen stellte für die wichtige Nachtflugerlaubnis. In Maastricht gibt es eine solche bis heute nicht. Dort klagen Bürgerinitiativen seit Jahren gegen den Versuch, die Flugzeiten zumindest bis zwei Uhr nachts auszudehnen.

Bislang ohne Erfolg: Um spätestens 23, in Ausnahmefällen auch mal um 0 Uhr ist Schluss, sagt Mark Keulers vom Maastrichter Flughafenmarketing. Und ab Juli kommt, wenn sie nicht vorher von einem Gericht gestoppt wird, eine Umweltabgabe. «Dann müssen wir auf jedes Flugticket nochmal elf Euro aufschlagen. Das hilft uns natürlich auch nicht», sagt Keulers.

Aufgegeben werde trotzdem nicht. «Wir sind zuversichtlich, den Knick in den Passagierzahlen wieder auszubügeln», sagt er. Billigflieger Ryanair ist im Juli nach Maastricht zurückgekehrt. Und trotz Nachtflugverbots investiere der Flughafen gerade in ein Frachtterminal, in dem bis zu sechs Boeing 747 zeitgleich abgefertigt werden können. Die dürfen zwar nachts nicht starten oder landen. «Dafür sind die Bereiche des neuen Terminals klimatisiert und können auf sieben Grad Celsius gekühlt werden», sagt Keulers.

Hintergrund des Wettrennens, das sich die beiden Flughäfen seit Jahren liefern, ist die Lage der Euregio: Unsere Region liegt im Herzen dessen, was in Branchenkreisen auch das «goldene Frachtgut-Dreieck» genannt wird und sich zwischen Frankfurt, Paris und Amsterdam befindet. Im goldenen Dreieck werden bis zu drei Viertel des europäischen Luftfrachtverkehrs abgewickelt. Lüttich ist bereits der achtgrößte europäische Frachtflughafen. Und will weiter wachsen.

(Aachener Nachrichten vom 11.06.2008)