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Russland erteilt der Lufthansa Flugverbot

Die Frachttochter Lufthansa Cargo darf zurzeit russische Gebiete in Richtung Asien nicht überfliegen. Grund ist ein Streit über die hohen Flug- und Sicherheitsgebühren. Deutschland hat nun den Aeroflot-Frachtern die Einfluggenehmigung entzogen.


Müssen Umwege fliegen: Frachter der Lufthansa


Die Frachttochter der Deutschen Lufthansa darf nach Informationen von WELT ONLINE in und über Russland derzeit nicht fliegen. Ohne jede Vorwarnung wurde dem Management der Lufthansa Cargo von den russischen Behörden vor zwei Tagen anlässlich der Umstellung auf den Winterflugplan die Überflugerlaubnis entzogen. Angeblich soll die Lufthansa die vergleichsweise sehr hohen Überflug- und Flugsicherheitsgebühren nicht komplett bezahlt haben.

Seitdem glühen die Telefonleitungen zwischen dem deutschen und dem russischen Verkehrsministerium. Das deutsche Luftfahrtbundesamt hat mittlerweile im Gegenzug den Frachtern der russischen Aeroflot und einer weiteren Gesellschaft die Einfluggenehmigung nach Deutschland entzogen.

Angeblich hat der Chef der Aeroflot, Waleri Okolow, dem russischen Verkehrsminister Igor Lewitin daraufhin einen geharnischten Protestbrief geschrieben. Die Aeroflot flog bislang wöchentlich 33 Mal nach Frankfurt/Hahn. Ein Teil der Flüge wurde mittlerweile nach Luxemburg umgeleitet – dies bedeutet aber erheblich mehr Aufwand für die weitere Güterverteilung. Auf den Moskauer Flughäfen soll sich bereits jede Menge Fracht in Richtung Westen stapeln.

Aber auch Lufthansa Cargo fliegt derzeit teure Umwege, um ihre Frachter ins Fracht-Drehkreuz Astana zu bringen. "Das kostet hin und zurück mindestens drei Stunden zusätzlich", sagt Lufthansa-Cargo-Sprecher Nils Haupt. Das Unternehmen nutze den Flughafen der neuen Hauptstadt Kasachstans als Verteilzentrum nach ganz Asien. Alle Fracht für und aus China, Japan oder Singapur wird von der Lufthansa in Kasachstan einmal umgeschlagen. Insgesamt landet Lufthansa Cargo 49 Mal pro Woche in Astana.

Die Association of European Airlines AEA kritisiert seit langem die hohen russischen Überfluggebühren und deren Aufsplittung in zwei Teile. Im vergangenen Jahr mussten die europäische Fluglinien nach Angaben der Europäischen Union fast 300 Mio. Euro für die Überflugrechte zahlen. Umwege über andere Strecken lohnen sich meist finanziell nicht, da die Einsparungen durch die zusätzlichen Kerosinkosten und den Zeitverlust wieder verloren gehen würden.

Der Streit zwischen Russland und den europäischen Airlines schien Ende 2006 bereits beigelegt zu sein. Einen damals ausgehandelten Vertrag, wonach Russland sich verpflichtet, die Gebühren ab 2013 zu senken, ist aber bis heute von Moskau nicht unterschrieben worden. Dies ist aber eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Russland wie gewünscht der Welthandelsorganisation WTO beitreten darf.

Die Europäer verweisen im Gebühren-Streit mit den Russen seit mehr als 20 Jahren auf die internationale Chicago-Flugkonvention aus dem Jahr 1944. Dieser Konvention zufolge dürfen Staaten auf Überflugrechte keine weiteren Gebühren aufschlagen, sondern sich lediglich die Kosten für die Fluglotsendienste erstatten lassen.

(Welt vom 30.10.2007)