Zurück zur Übersicht

drucken

EU-Kommission: Lübeck gewährte Ryanair Vorteile
Die EU ermittelt gegen den Flughafen Blankensee wegen illegaler Beihilfen an Ryanair. Unter anderem wurden, so die EU, "erhebliche Ermäßigungen gewährt, obwohl der Flughafen Verluste machte.

Lübeck - Jetzt wird es ernst für den Flughafen: Die EU hat am Dienstag offiziell Ermittlungen wegen illegaler Beihilfen an Ryanair eingeleitet.

Seit gestern liegt den deutschen Behörden, dem Flughafen und den Klägern das 35-seitige Schreiben der Brüsseler Wettbewerbswächter vor, mit dem die Untersuchungen begründet werden. Vor allem zwei Punkte veranlassen die Kommission der Europäischen Union (EU), das förmliche Verfahren gegen den Flughafen Blankensee zu starten - der Preis, zu dem der Airport an den neuseeländischen Investor Infratil verkauft wurde, und die Bedingungen, zu denen der irische Hauptnutzer Ryanair in Lübeck startet und landet.

"Die Kommission äußert daher beim Stand der Dinge Zweifel, ob der zwischen der Stadt Lübeck und Infratil vereinbarte Preis dem Marktpreis entsprach", heißt es in dem Papier. "Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass Ryanair aus staatlichen Mitteln Vorteile gewährt wurden", heißt es einige Seiten weiter. Dabei vermuten die Brüsseler Wettbewerbshüter, dass "der vom Flughafen gewährte Vorteil darin besteht, dass Ryanair deutlich niedrigere Entgelte als in der Entgeltordnung vorgesehen zahlt." Von dem System profitiere offenbar nur Ryanair und es "wird keiner anderen Fluggesellschaft gewährt", so die Kommission: "Diese erheblichen Ermäßigungen wurden gewährt, obwohl der Flughafen Verluste machte." Sie könne "beim Stand der Dinge nicht ausschließen, dass die Behörden und das von ihnen gelenkte Unternehmen Ryanair rechtswidrige, mit dem Gemeinsamen Markt möglicherweise unvereinbare Beihilfen gewährt haben", erklären die Brüsseler und weisen darauf hin, dass diese Summen zurückgefordert werden können.

Über die Höhe der in Rede gestellten Beihilfen äußert sich die Kommission nicht. Anders die "Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm", die mit ihrem Anwalt Dr. Wilhelm Mecklenburg Beihilfebeschwerde bei der EU eingelegt hat. "Die Schutzgemeinschaft hat die Größenordnung der gewährten Beihilfen auf zehn Millionen Euro geschätzt", sagen Mecklenburg und Dr. Matthias Klinger aus dem Vorstand der Initiative. Obwohl das Verfahren erst am Anfang stehe, zeige die Entscheidung der EU-Kommission, "dass das Finanzgebaren der beteiligten Stellen mit vielen Fragezeichen zu versehen ist", so Mecklenburg und Klinger.

Zu den weiteren Klägern zählen der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie die Fluggesellschaft Air Berlin. Land, Stadt und Flughafen hatten stets erklärt, dass in Blankensee alles ordnungsgemäß verlaufen sei und die "Kommission einem Gespenst aus der Vergangenheit nachjagt". Seit die EU im Juli erstmals ein Ermittlungsverfahren ankündigte, haben die deutschen Behörden, der Flughafen und Infratil mehrfach versucht, die Vorwürfe zu entkräften. Die Bemühungen haben die EU nicht überzeugt.

(Lübecker Nachrichten vom 30.11.2007)