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200 Mio. sollen Hahn beflügeln

Zeltingen. Wer nach 10 Jahren aus eigener Kraft nicht fliegen kann, den können auch keine 200 Millionen Euro beflügeln. Der umstrittene Hochmoselübergang bei Zeltingen-Rachtig im Kreis Bernkastel-Wittlich kann nun doch gebaut werden.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) in Koblenz wies die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Rheinland-Pfalz gegen den überarbeiteten Planfeststellungsbeschluss der Straßenbehörden ab. Die Revision beim Bundesverwaltungsgericht werde nicht zugelassen, teilte das Gericht am vergangenen Donnerstag in Koblenz mit. Das Gericht gab dabei zunächst nur den Tenor der Entscheidung bekannt. Zu den Gründen machte es hingegen noch keine Angaben. Sie sollen zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt werden. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann der BUND noch Beschwerde einreichen, über die das Bundesverwaltungsgericht dann letztinstanzlich entscheidet. Das ist unsere deutsche Gesetzgebung.


BUND kämpft weiter


RLP-Verkehrsminister Hendrik Hering (SPD) begrüßte das Urteil als "wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu der vom Land verfolgten durchgängigen internationalen Fernstraßenverbindung". (Anmerk. d. Red.: Wo bitteschön Herr Hering, wird dies eine durchgängige internationale Fernstraßenverbindung werden?)

Nichts anderes als zurzeit wird entstehen. Eine sogenannte T-Verbindung wie zurzeit bei Wittlich wird es dann etwa 21km weiter im Hunsrück geben. Entweder man fährt nach links ab in Richtung A61 oder rechts ab Richtung Trier. BUND-Landeschef Bernhard Braun zeigte sich über das Urteil enttäuscht und kündigte an, dass der Umweltverband um die Zulässigkeit der Revision kämpfen werde. Den ersten Planfeststellungsbeschluss hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nach einer Klage des BUND gekippt, weil die Planungen gegen die Europäische Vogelschutzrichtlinie verstoßen hatten. Gegen den daraufhin überarbeiteten Beschluss hatte der BUND ebenfalls geklagt, weil nach seiner Auffassung weiterhin viele gemäß der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) streng geschützte Arten betroffen seien.


Verbindung soll Hahn beflügeln


Wir sind enttäuscht, dass das Gericht unseren Argumenten nicht gefolgt ist, zumal durch die Planungen ganz klar FFH-Gebiete betroffen sind", sagte BUND-Landeschef Braun nach Bekanntwerden des Urteils. Jetzt müsse man erst einmal die genaue Begründung abwarten. Als besonders befremdlich wertete Braun, dass das OVG keine Revision zulasse. Das werde der BUND nicht akzeptieren und Beschwerde einreichen. Hering kündigte an, dass Land werde nun die Vorbereitungen für die Vergabe des Bauprojekts mit Nachdruck angehen und die notwendigen Gespräche mit dem Bund als Baulastträger aufnehmen. "Heute ist ein guter Tag für die Menschen in der Eifel und im Hunsrück, die auf leistungsfähige Straßenanbindungen und eine weitere Strukturverbesserung angewiesen sind", sagte der Verkehrsminister. Der Bau des Hochmoselübergangs werde in den Regionen neue Beschäftigungschancen eröffnen und auch den Flughafen Hahn weiter beflügeln. Die Kosten für den Bau des 1700 Meter langen und rund 160 Meter hohen Moselübergangs werden von den Straßenbehörden mit 90 Millionen Euro beziffert, die über eine Maut finanziert werden sollen. Der gesamte 20 Kilometer lange Abschnitt der neuen B 50 von Platten bis Longkamp soll etwa 200 Millionen Euro kosten. (Az.: 8 C 11523/06.OVG)


Streiten bis man Recht bekommt


Es geht im Grunde nur um den Hahn. Für den defizitären Hunsrück-Flughafen müssen scheinbar alle ihre Opfer bringen. 200 Millionen Euro kosten uns Steuerzahler die 21 Kilometer bis zum Hahn. So wollen es jedenfalls die Politiker in Mainz. Der Verkehr rollt aber auch problemlos ohne Hochmoselbrücke zum Hahn. Nein, es ist schick, wenn man mit einem Flughafen im eigenen Land werben kann. Da spielt es auch keine Rolle mehr, wie hoch der Preis dafür ist. Im Gunde genommen finanzieren Land und Bund all Denen die direkte Zufahrt zum Hahn, die für 20 Euro nach Italien oder sonst wohin zum Einkaufen fliegen wollen. Nichts anderes ist der Fall.


Subventionen


Ganze 18 km in Richtung Süden spart, wer von der A60 über den Kirchberg auf die B50 Richtung Rheinböllen zur A61 will. Nicht mehr und nicht weniger. Wer in den Süden will, muss dann trotzdem links ab über Rheinböllen und rechts ab über Trier. Das ist niemals eine Stunde Fahrzeit, wie manch ein Gelehrter argumentiert. Hat sich denn jemand von den Verantwortlichen schon einmal die Frage gestellt, wieviele LKWs denn überhaupt über die A60 in Richtung Hahn fahren? Auf der einen Seite soll überwiegend aus Steuergeldern finanziert, für 200 Millionen Euro eine "Zufahrt zum Hahn" gebaut werden, auf der anderen Seite wird für die Billigfluglinie Ryanair das Passagierentgeld von 4,35 Euro auf 2,68 Euro je Passagier gesenkt und damit bei angenommenen 3,3 Mio. jährlichen Passagieren Einnahmeverluste von ca. 2,75 Mio Euro eingefahren. Die Verluste des Flughafens Hahn belaufen sich seit 1997 auf satte 140 Millionen Euro. Insgesamt werden am Hahn etwa 3,7 Mio Passagiere im Jahr befördert. Die Airlines neben Ryanair befördern mit nur 400.000 Passagieren fast nichts. Das heißt, das Land RLP subventioniert jedes dieser Flugtickets mit. Das Luftfrachtaufkommen am Hahn lag in 2006 bei rund 266.000 Tonnen. Das entspricht etwa 12.000 LKW-Ladungen. Verteilt auf 300 LKW-Fahrtage sind das 40 LKWs pro Tag. Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, wofür hier 200 Millionen Euro ausgegeben werden sollen.


Wer soll das privat finanzieren ?


Gleichzeitig träumt man in Mainz davon, den teuersten Teil der Strecke, die Hochmoselbrücke privat zu finanzieren und eine Maut in Höhe von 20-25 Euro dafür zu nehmen. Bei 12.000 LKWs und 25 Euro wären das 300.000 Euro Einnahmen/Jahr. Welcher Privatinvestor finanziert mal eben 70 Million Euro für eine Brücke, die wahrscheinlich nur von den LKWs genutzt wird, die aus Richtung Norden zum Hahn müssen. Das sind längst nicht 12.000 LKWs. Da kommt sicherlich die Hälfte aus dem Süden. Die kommen dann auch ohne Brücke dorthin. Dann würden sich also die Mauteinnahmen nochmals halbieren. Das sind ja tolle Aussichten! Unabhängig von Mopsfledermaus, Hanghaselhuhn, FFH und Co. wäre das rein volks- und betriebswirtschaftlich der absolute Supergau. Die Eifel-Zeitung wettet, dass so gut wie niemand mit dem PKW über diese Brücke fahren wird, falls auch dafür Maut bezahlt werden soll.


Niemand muss schwimmen


Oh wie schrecklich, dass das Moseltal Arbeitssuchende (im Kreis BKS/WIL gibt es aktuell rund 1900 Arbeitssuchende) vom "Jobmotor Hahn" abschneidet. Stand Oktober 2007 sind am Hahn bei insgesamt 116 angesiedelten Firmen inkl. Flughafen 2339 Vollbeschäftigte, 396 Teilzeitkräfte und 69 Azubis beschäftigt. Für die ähnlich strukturschwache Hunsrückregion ist das zweifellos ein gutes Ergebnis, das man würdigen muss. So dramatisch, wie dargestellt ist es aber nicht. Kein Arbeitssuchender aus dem Raum muß über die Mosel schwimmen. Soviele Brücken, wie an der Mittelmosel, gibt es sonst nirgendwo. Aber wer denkt eigentlich an die Moselanwohner? Unabhängig vom Anblick einer 160 Meter hohen Brücke werden viele Gewerbebetriebe gravierende Umsatzrückgänge verspüren. Ürzig, Erden, Rachtig und Zeltingen werden wahrscheinlich kaum noch Fremdenzimmer vermieten können. Ausbleibender Tourismus wird langsam aber sicher diese Moselregion ausbluten lassen. Ein Szenario, das den Politikern in Mainz scheinbar egal ist.


Keine Verhältnismäßigkeit


Die Region Eifel-Mosel ist sicherlich auch ein "Jobmotor". Seit über 30 Jahren wartet diese Region auf den A1-Lückschluß zwischen Daun und Blankenheim. Rund 20 Millionen Menschen wohnen im Einzugsgebiet von max. zwei Stunden Fahrt in unsere Region. Der LA1-Lückenschluß war in der Vergangenheit aus landespolitischer Sicht eher ungewollt. Leider stellt er nur die Verbindung zweier Bundesländer her, also nicht die direkte Zufahrt zu einem Flughafen, wenn auch nur zu einem defizitären Flughafen wie den Hahn.

Mal ganz ehrlich, wer von der A60 über die Mosel zum Hahn will, der kann das an vielen Stellen auch ohne Hochmoselübergang tun. Die 1,7 Kilometer lange und rund 160 Meter hohe Brücke Bestandteil soll einer teilweise bereits fertigen Hauptverkehrsader zwischen dem Autobahnkreuz A 1 / A 60 bei Wittlich im Westen und der Anschlussstelle Rheinböllen der A 61 im Osten werden. Für den Wirschaftsraum Wittlich wird die Brücke zweifellos eine wesentlich größere Bedeutung haben, als für den "Jobmotor Hahn". Dann kommen nämlich die Hunsrücker Pendler schneller in die Säubrennerstadt und vielleicht ein paar Hunsrücker mehr zum Einkaufen. Nur mal ganz ehrlich, ist das wirklich 200 Mio. Euro wert und werden die Hunsrücker tatsächlich auch noch Maut bezahlen?

(Eifel-Zeitung vom 30.112007)