Nicht für ungut, Herr Wientjes
Für uns liest sich der Artikel gerade so, als ob zuerst die Antworten des Herr Wulf gewesen wäre und Sie dann passend dazu die Fragen stellen durften!

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"Ich habe keinen Plan B in der Tasche"

Hahn-Geschäftsführer Wulf über die Zukunft des Flughafens und die Zeit nach Ryanair

HAHN. In zwei Jahren soll der Flughafen Hahn schwarze Zahlen schreiben. Geschäftsführer Stefano Wulf ist optimistisch, das Ziel zehn Jahre nach dem Einstieg der Fraport AG zu erreichen. Im TV-Interview äußert er sich über die Zukunftsperspektiven der ehemaligen Air Base im Hunsrück.


Herr Wulf, wo sehen Sie den Hahn in fünf Jahren?

Wulf: Ich möchte lieber mal zurückblicken: Vor fünf Jahren war es fernab jeder Vision, dass von hier aus mal drei Millionen Passagiere fliegen werden. Auch für die kommenden Jahre haben wir sehr gute Perspektiven. 2008, zehn Jahre nach dem Start, wollen wir schwarze Zahlen schreiben und unter den Top zehn der deutschen Flughäfen sein.


Konkret, Herr Wulf. Was heißt das?

Wulf: Ryanair plant bis 2012 die Zahl der hier stationierten Flugzeuge von derzeit sieben auf 18 zu erhöhen. Das würde bedeuten, dass alleine mit Ryanair acht Millionen Passagiere vom Hahn aus fliegen würden. Dafür investiert Ryanair zusammen mit uns in den Bau eines neuen Terminals.


"Für Nachfragen durch die EU gewappnet"


Ryanair bleibt also Ihr Hauptkunde?

Wulf: Die Iren machen derzeit rund 90 Prozent unseres Verkehrs aus. Das ist aber nichts Ungewöhnliches. Frankfurt hängt ja auch weit über der Hälfte von der Lufthansa ab. Es ist doch toll, dass wir mit Ryanair eine starke, sehr profitable Gesellschaft haben.


Welche Zugeständnisse müssen Sie dafür machen?

Wulf: Keine. Wir sind für wettbewerbliche Nachfragen durch die EU gewappnet, weil wir nachweisen können, dass wir marktwirtschaftlich arbeiten. Alle Gesellschaften werden bei uns gleichberechtigt behandelt.


Setzen Sie alleine auf Ryanair?

Wulf: Nein, wir setzen auf mehrere Standbeine. Natürlich würde es hier schlecht aussehen, wenn die Ryanair wegginge. Warum aber sollte man ständig diesen schlimmsten aller Fälle annehmen? Daher habe ich auch keinen Plan B in der Schublade.


Gibt es noch weitere Interessenten für den Hahn?

Wulf: Wir versprechen uns noch weiteres Wachstum durch Nischenanbieterbei den Billigfliegern und durch Charterflüge. Wir trauen uns also mittelfristig durchaus zu, die acht Millionen Kunden mit anderen Gesellschaften noch zu toppen.


Welche Fluggesellschaften sind das?

Wulf: Man muss der Realität ins Auge schauen. Der Markt der Billigflieger konsolidiert sich seit einigen Jahren. Da kristallisieren sich ein paar starke Mitspieler wie etwa Easy -Jet heraus, und die Luft für andere Anbieter wird eben dünner. Aber in den nächsten ein, zwei Jahren wird es nicht noch eine zweite Ryanair bei uns geben. Das wäre illusorisch.


Welche Rolle spielt bei diesen Überlegungen der Bahnanschlussdes Hahn?

Wulf: Ein sehr großer. Wenn dieser Bahnanschluss ab 2010 besteht, könnten wir durchaus für Anbieter wie Easy -Jet interessant werden. Die orientieren sich ja vor allem an den Metropolen. Wenn die Verkehrsanbindung an den Hahn besser wäre, kämen wir für die durchaus in Frage.


Gibt es konkrete Anfragen der Gesellschaft?

Wulf: Bislang noch nicht. Aber es ist im Bereich des Möglichen.


Kein Interesse am innerdeutschen Verkehr vom Hahn aus?

Wulf: Doch schon. Hahn –Berlin wäre aus unserer Sicht sehr lukrativ. Ryanair käme dafür auch in Frage. Aber da stecken wir nicht drin. Wir sind aber auch mit anderen Liniengesellschaften darüber im Gespräch.


Frankfurt und Hahn sollen schon bald eine Einheit bilden. Was ist da dran?

Wulf: Wir sind längst eine echte Zusatzkapazität für Frankfurt. Es ist in dieser Großregion der einzige zusätzliche Landeplatz für Fracht-und Passagierverkehr, der auch noch Wachstumsperspektiven hat. Daher sind die Überlegungen für ein Flughafensystem Frankfurt/ Hahn bereits sehr konkret. Das hängt jetzt alles bei der EU-Kommission.


Was bedeutet das konkret?

Wulf: Auf dem Frankfurter Flughafen wird es irgendwann ein Nachtflugverbot geben. Dann ist der Hahn der Ausweichflughafen für den Nachtverkehr. Mit einem solchen Flughafensystem besteht die Möglichkeit, dass die Betreiber den Flugverkehr zuteilen können, damit die Flughäfen gleichmäßig ausgelastet sind, wie zum Beispiel in Berlin, Mailand oder London.


Keine gute Nachricht für die Anwohner rund um den Hahn. Dann wird sich das Flugaufkommen noch weiter erhöhen.

Wulf: Natürlich wird das Flugaufkommen zunehmen. Das ist unser Geschäft. Wir brauchen einfach eine bestimmte kritische Masse, um profitabel zu sein: fünf Millionen Passagiere und 200 000 Tonnen Fracht. Die gute Nachricht: Wir schaffen viele Arbeitsplätze und sichern sie langfristig.


Ärgert sie eigentlich die Haltung einiger Kritiker und Umweltschützer, denen das rasante Wachstum auf dem Hahn ein Dorn im Auge ist?

Wulf: Es gibt immer ein paar Unverbesserliche, die eher aus ideologischen Motiven vorgehen, bei denen man den Eindruck hat, es geht nicht um die Sache, sondern darum, ein Exempel zu statuieren. Wir halten uns an alle Auflagen, die wir erfüllen müssen.


Neben den Passagierflügen ist der Frachtverkehr das zweite Standbein des Hahns. Wie sehen die Perspektiven dabei aus?

Wulf: Wir wollen den Frachtverkehr in den nächsten fünf Jahren verdoppeln. Dafür war es so immens wichtig, die Start- und Landebahn zu verlängern. So eine Investition macht man ja nur, wenn man sich zutraut auch neue Kunden zu gewinnen.

Welche Rolle spielt dabei die amerikanische Omni Air, die ja zivile Militärflüge vom Hahn abwickelt?

Wulf: Natürlich ist für Omni Air wichtig, dass die Start- und Landebahn nun fertig ist, weil die Langstrecken fliegen. Aber das Thema ist völlig überbewertet. Die zivilen Militärflüge, die unter anderem von Omni Air, über den Hahn abgewickelt werden, sind in Wirklichkeit zivile Transporte, die Soldaten aus dem oder zum Golf bringen. Diese Chartergesellschaften sind Kunden wie jeder andere. Sie sind ein zusätzliches Geschäft für uns.


"Sicherheit muss nicht verstärkt werden"


Wird es eine Basis von Omni Air auf dem Hahn geben?

Wulf: Omni Air kann sich vorstellen, bei einer Zunahme des Verkehrs ihre Maschinen eventuell in Hahn warten zu lassen. Wir kennen keine Überlegungen der Gesellschaft, hier Maschinen zu stationieren.


Keine Sicherheitsbedenken wegen der Flüge?

Wulf: Die Sicherheitsstandards an deutschen Flughäfen sind bereits sehr hoch. Wegen dieser Flüge muss die Sicherheit auf dem Hahn nicht verstärkt werden und es besteht auch kein erhöhtes Risiko.


"Eine echte Chance für die Region"


Im Wahlkampf spielte der Hahn ja auch eine Rolle. Die eine Seite, vor allem die FDP, betonte den Erfolg des Flughafens, die andere, sprich die Grünen, kritisierten die zunehmende Schafung billiger Arbeitsplätze. Mit anderen Worten: Haben Sie den Erfolg auf dem Rücken von Billigarbeitern erkauft?

Wulf: Das geht mal wieder auf das Konto der Leute, die in allem ein Haar in der Suppe suchen. Generell schaffen Flughäfen eine hohe Anzahl an Arbeitsplätzen in einer gesunden Mischung zwischen hoch qualifizierten Jobs und Stellen im Niedriglohnsektor. Das gilt auch für den Flughafen Frankfurt-Hahn: Wir haben viele unterschiedliche Arbeitsplätze geschaffenund werden noch weitere schaffen, ohne dass hier jemand ausgebeutet wird. Das ist für diese Region doch eine echte Chance. Das lasse ich mir doch nicht durch solche Negativmeldungen vermiesen.

Mit Stefano Wulf sprach unser Redakteur Bernd Wientjes -pf./-agn

(Trierischer Volksfreund vom 03.04.2006)