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Sechs Wochen zum Sondieren

Flughafen-Chef benötigt Okay des Aufsichtsrats

MORBACH/KOBLENZ. Sechs Wochen lang haben das Land Rheinland-Pfalz, die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH und die Gemeinde Morbach Zeit, sich außergerichtlich zu einigen. Das Oberverwaltungsgericht in Koblenz bemaß die Frist zur Verkündung großzügig, um den Parteien genügend Verhandlungs-Spielraum zu geben.

Von unserer Redakteurin ILSE ROSENSCHILD

"Wir brauchen nicht unbedingt ein Urteil, sondern wir brauchen ein positives Ergebnis." So kommentierte Gregor Eibes unmittelbar nach der Verhandlung der Morbacher Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Landes Rheinland-Pfalz in Sachen Flughafen-Ausbau den überraschenden Vorschlag der drei Richter, sich außergerichtlich zu einigen (der TV berichtete). Dann nämlich, so erklärte Richter Herbert Holl, wäre die "Kuh vom Eis".

Aber wie soll eine Einigung aussehen? "Wir sind guter Hoffnung, dass der Urteilsspruch von 1997 Grundlage dafür sein kann", machte Gregor Eibes die Position seiner Gemeinde deutlich. Denn derselbe Senat, der am Dienstag in Koblenz tagte, hatte vor acht Jahren bei einer Klage gegen den Bau des zivilen Flughafens in einer Einzelfall-Entscheidung für den Hunsrück als "besonders nachtstilles Gebiet" strengere Maßstäbe als üblicherweise bei Flughäfen festgelegt.


Wer hat Anspruch auf Lärmschutz?


Das Gericht segnete damals einen Grenzwert ab, der bei sechs nächtlichen Lärmereignissen von 67 Dezibel liegt. Bürger, die in einem Dorf leben, wo diese Werte im Prognosefall überschritten würden, hatten einen Anspruch beispielsweise auf Schallschutz-Fenster im Schlafzimmer. Zum Beispiel die Bürger von Kleinich und Lautzenhausen. Dass dies nicht ebenso für die Bürger von Hundheim, Hinzerath und Wederath gelten sollte, die durch ihre geografische Lage zumindest genauso betroffen sein würden, wollen die Morbacher nicht hinnehmen.

Anders sahen das die Vertreter des Landes und der Betreiber-Gesellschaft, die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH: Sie argumentierten, dass sich die Situation seit damals sehr wohl geändert habe – allein durch die Existenz des Hunsrücker Zivil-Flughafens. Sie plädierten deshalb für weniger restriktive Grenzwerte: Schallschutz erst ab 13 Lärmereignissen à 68 Dezibel. Zur Erläuterung: Eine Zunahme von drei Dezibel bedeutet eine Verdoppelung der Lautstärke. Diese Argumentation stieß vor Gericht nicht gerade auf Wohlwollen. Einer der Richter bezeichnete sie als "Salamitaktik".


Gemeinde fühlt sich in Planungshoheit beschnitten


Kommt es zu einem Urteil, ist die Frage der Grenzwerte einer der zentralen Punkte. Ein weiterer Kernaspekt ist die Frage nach der Zulässigkeit der Klage. Denn: Macht sich die Gemeinde in diesem Fall lediglich zum Sachverwalter ihrer Bürger, oder ist sie in ihrem Recht auf Selbstverwaltung beschnitten? Den Prozess gewinnen kann sie nur, wenn sie als Kommune in ihren Rechten tangiert ist. Deshalb führte Rechtsanwalt Klaus Benz das Argument ins Feld, die Gemeinde sei wegen des künftig zu erwartenden Fluglärms in ihrer Planungshoheit eingeschränkt. Auch dieser Punkt wurde von der Gegenseite angezweifelt.

Ob diese Frage per Urteil geklärt wird, ist offen. Wie bereits in der gestrigen Ausgabe kurz berichtet, hatten sich die Prozessbeteiligten laut Flughafen-Chef Jörg Schumacher in einer Verhandlungspause "aufeinander zubewegt", allerdings ohne sich unmittelbar zu einigen. Erst müsse man mit den jeweiligen Gremien sprechen. Für ihn, Schumacher, sei der Aufsichtsrat der Ansprechpartner. "Wir werden Sondierungsgespräche führen", beschrieb sein Gesprächspartner Eibes die nächsten Schritte mit einem Begriff, der derzeit Hochkonjunktur hat. Im Gegensatz zur Kanzler-Frage bleiben den Prozessbeteiligten lediglich sechs Wochen Zeit.

(Trierischer Volksfreund vom 29.09.2005)

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