Es scheint, als ob Wirtschaftminister Bauckhage für sein Lieblingsobjekt Flugplatz Hahn auch noch das letzte Hemd der Steuerzahler verkaufen würde!

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Bringt die Bahn zum Flughafen Hahn den Pfälzer Taktverkehr in Gefahr?
Investitionen für Schienenprojekt im Hunsrück soll vor allem der Bund bezahlen - Die Zugleistungen müssen aber auf Landesebene finanziert werden

LUDWIGSHAFEN. Vor einem Monat verkündete das Mainzer Wirtschaftsministerium überraschend einen Durchbruch bei den Verhandlungen über eine Reaktivierung der Bahnstrecke zum Flughafen Hahn. Sehr bedeckt hält sich das Ministerium bei der Frage, die in diesem Zusammenhang in der Pfalz besonders interessiert: Gefährdet die kostspielige Streckenreaktivierung im Hunsrück den Bahnverkehr in der Pfalz?

Eine Sprecherin des Ministeriums sagte der RHEINPFALZ auf Anfrage, Einzelheiten zur Finanzierung des Projektes sollten auf einer für November geplanten Pressekonferenz erläutert werden. Vorher könne sie dazu nichts sagen. Ziel des Landes sei, dass die Reaktivierung der Hunsrückbahn nicht zu Lasten der bestehenden Infrastruktur geht. Diese Formulierung ist nicht gerade dazu angetan, Sorgen in der Pfalz zu zerstreuen, weil sie die Möglichkeit von Einschränkungen des derzeitigen Zugangebots offen lässt.

Bei dem Hunsrückbahn-Projekt gibt es zwei Finanzierungsprobleme: Zum einen den Investitionsbedarf bei der Infrastruktur, zum anderen die Bestellung der Zugleistungen. Der Investbedarf für die Streckenreaktivierung zwischen dem Abzweigebahnhof Langenlonsheim und und dem Flughafen Hahn im Hunsrück wird auf rund 70 Mio. Euro veranschlagt. Damit künftige Züge zwischen Mainz und Hahn annähernd die Fahrzeit erreichen, die heute die Linienbusse benötigen, wäre außerdem eine Verbindungsspange zwischen Gensingen-Horrweiler und Langenlonsheim erforderlich, die wohl weitere 40 Mio. Euro kosten würde.

Die Einigung, die wahrscheinlich im November verkündet werden soll, umfasst nur die Reaktivierung der Hunsrückstrecke; die Verbindungsspange soll als zweite Baustufe später vertagt werden. Der Nachteil, dass die Hahn-Züge so auf dem Umweg über Bingen eine längere Fahrzeit haben werden als die heutigen Busse, soll offenbar in Kauf genommen werden. Es drängt sich ohnehin der Eindruck auf, dass die Züge nicht in erster Linie Reisende befördern sollen, sondern vor allem dazu dienen, die Forderung der EU nach einer Bahnlinie zwischen Frankfurt und Hahn zu erfüllen. Die Schienenverbindung gilt in Brüssel als Voraussetzung für die Anerkennung der Flughäfen Rhein-Main und Hahn als Flughafensystem.

Dass eine Finanzierung der Hunrückbahn-Reaktivierung nun in Reichweite gerückt ist, liegt nicht zuletzt daran, dass die DB die Mittel aus dem Bundesschienenwegeausbaugesetz (im Fachjargon "B-Schwag" genannt) nicht komplett abruft, weil sie dafür erforderlichen Eigenmittel nicht aufbringen kann oder will. Rheinland Pfalz hat sich nun bereit erklärt, den Eigenmittel-Anteil der DB für das Hahn-Projekt zu übernehmen. So lassen sich mit relativ geringen Mitteln des Landes hohe Bundesmittel mobilisieren.

Damit wäre allerdings nur das kleinere der beiden finanziellen Probleme gelöst. Um zu vermeiden, dass für viel Geld Strecken gebaut werden, auf denen dann keine Züge fahren, ist für die Finanzierung über "B-Schwag" eine langfristige Bestellgarantie erforderlich. Dafür werden Bestellentgelte von jährlich wohl mindestens etwa 10 Mio. Euro fällig. Zu bestellen hätten die Züge nach dem rheinland-pfälzischen Nahverkehrsgesetz die für den regionalen Bahnverkehr zuständigen Zweckverbände in Kaiserslautern und Koblenz. Beide Zweckverbände haben aber bereits signalisiert, dass sie kein Geld für die Bestellung der Hahn-Züge übrig haben.

In der Grundsatzabteilung des Mainzer Wirtschaftsministeriums hatte es vor einigen Jahren die Vorstellung gegeben, dass die Zweckverbände die Hahn-Züge durch Abbestellung anderer Züge finanzieren sollten. Nachdem dass Ministerium Anfang 2003 mit Plänen für massive Einschnitte im Rheinland-Pfalz-Takt auf die Nase gefallen ist, gilt ein solches Vorgehen heute aber wohl als undenkbar. Dass sich der damalige Sturm der Entrüstung nun wegen der Hahn-Züge wiederholt, kann in Mainz eigentlich niemand riskieren wollen. Auch die DB würde dabei kaum mitspielen. Sie hat allen Grund, auf eine Vertragsklausel zu pochen, die sicherstellt, dass die Bestellung der Hahn-Züge nicht zu Abbestellungen von Zügen auf anderen Strecken führt. Die Kalkulation der DB für die Streckenreaktivierung würde zusammenbrechen, wenn den Einnahmen aus Trassengebühren auf der Hunsrückstrecke abbestellungsbedingte Einnahmeausfälle im übrigen Netz gegenüberstehen sollten.

Rheinland-Pfalz wird kaum um eine solche Klausel im geplanten Vertrag herumkommen, zumal sie dem mehrfach öffentlich betonten politischen Willen der Landesregierung entsprechen würde. Zuletzt hat Staatssekretär Günter Eymael (FDP) vom Mainzer Wirtschaftsministerium auf dem Nahverkehrstag in Koblenz betont, dass es kein Zurück hinter das vom Rheinland-Pfalz-Takt erreichte Niveau geben dürfe. Wenn derartige Aussagen ernst gemeint sind, dürfte kein Weg daran vorbei führen, den Zweckverbänden in Kaiserslautern und Koblenz für die vor allem flughafenpolitische motivierten Hahn-Züge zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen.

(Die Rheinpfalz vom 25.10.2005)