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Fliegt "Federal Express" auf den Hahn?
Geschäftsführer Jörg Schumacher verhandelt mit internationalen Logistik-Unternehmen

ef. HAHN Das Nachtflugverbot auf dem Rhein-Main-Flughafen ist beschlossene Sache, in Köln wird bereits heftig über das Thema diskutiert - und der Hunsrück-Flughafen Hahn? Der wird davon profitieren, da ist sich Geschäftsführer Jörg Schumacher seiner Sache sicher.

Noch sind keine Verträge gemacht - aber die Verhandlungen laufen, sagte Schumacher gestern bei einem Redaktionsgespräch mit dieser Zeitung. Vielleicht schon 2005, vielleicht erst in drei Jahren - internationale Logistik-Riesen werden über kurz oder lang auf dem Hahn landen, davon ist er überzeugt. Denn: Firmen aus Übersee - als Beispiel nennt er das amerikanische Unternehmen "Federal Express" - brauchten Flughäfen in Europa, die sie 24 Stunden lang ansteuern könnten. "Und die werden nicht nur in Deutschland immer weniger", sagt Schumacher mit Blick auf die aktuelle politische Diskussion. Mit dem Ausbau des Frankfurter Flughafens kommt auch das Nachtflugverbot über Rhein-Main - das hat die hessische Landesregierung der lärmgeplagten Region zugesichert; schon 2005 sollen die Nachtflüge reduziert werden. Die Kölner denken ebenfalls darüber nach, Köln-Bonn Nachtruhe zu verordnen. Schon einmal hat der Hahn davon profitiert: British Airways hat sich im Hunsrück angesiedelt.

"Und es fallen derzeit im Logistikbereich wichtige Standortentscheidungen für Europa", sagt Schumacher. Dabei gehe es um die "Wirtschaftsachse London-Mailand". Diese verlaufe genau durch die Rhein-Main-Region. Beste Voraussetzungen also für den nachtaktiven Hahn. Immerhin könne man Firmen auch einiges bieten: "Wir sind super aufgestellt, um zu investieren." Meint: Hinter dem Hahn steht nicht nur die finanzkräftige Fraport AG, sondern auch die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen. So schafft es der Hahn auch schon früher als geplant, Gewinne zu schreiben. Ziel war das Jahr 2008: "Wir schaffen das aber schon 2006", so Schumacher.

Doch das ist keineswegs der Grund, weshalb er das Thema Nachtpost gelassen sieht. Bislang geht diese Post in Frankfurt ab - und weil das mit dem Nachtflugverbot ein Ende hat, war der Hahn als neues nächtliches Drehkreuz im Gespräch. Nun will die Post-Tochter DHL ihr Netz offenbar von Leipzig aus spannen. "Da ist noch keine Entscheidung gefallen", stellt der Hahn-Chef klar. "Man muss die Situation innerhalb der Post sehen", erklärt er in Anspielung auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. "Dann bleibt die Frage: Entscheidet sich ein Unternehmen für einen Standort abseits der zentralen Wirtschaftsräume?" Kurzum: Schumacher weiß genau, mit welchen Pfunden er wuchern kann. Was die Nachtpost angeht, bedeute das: "Für den Hahn ist noch nicht aller Tage Abend."

Keine Frage war es für die Billigfluglinie Air Polonia, sich im Hunsrück niederzulassen. Von dort gibt es derzeit sechs Flüge pro Woche nach Warschau. "2005 soll es tägliche Flüge geben, ab nächsten Sommer außerdem eine neue Verbindung Hahn-Krakau", informiert Air-Polonia-Geschäftsführer Jan Litwinski. Mit dem Ziel, "die billigste Fluglinie Europas" zu werden, stürzt sich sein Unternehmen in den Markt. "Es gibt viele kulturelle Verbindungen zwischen den Ländern", so Litwinski. Genauso interessant sei Polen als neues EU-Land in wirtschaftlicher Hinsicht. Nicht zuletzt entwickele sich Warschau als interessantes - weil billiges - Einkaufsziel: Weihnachts-Shopping in Warschau. "Warum nicht?", meint Litwinski.

Immer mehr Flüge auf und vom Hahn - das bedeutet immer mehr Lärm über dem Hunsrück. Auch nachts. Mit Protest wie in Rhein-Main rechnet Jörg Schumacher nicht: "Wir haben immer noch wenige Gegner - und zu denen ein gutes Verhältnis, weil wir miteinander sprechen." Klar sei: Das Argument, neue Arbeitsplätze in die Region zu bringen, sei immer noch stärker als die Klagen über Fluglärm. "In Rhein-Main ist das ein Problem, das 500000 Menschen betrifft - auf dem Hahn diskutieren wir mit Menschen, die in 700 Häusern leben..." Übrigens wohnt die Familie Schumacher in einem dieser Häuser. Und zwar in einem, das nicht mit den vom Hahn gesponsorten Lärmschutzfenstern ausgestattet ist. Schumacher klagt aber nicht. Naja, früher lebte er in Mainz-Laubenheim - da war es nicht weit bis zum Rhein-Main-Airport.

Das Gespräch führten unsere Redaktionsmitglieder Eva Fauth, Ralf Heidenreich, Steffen Weyer und Angelika Dorweiler.

(Wormser Zeitung vom 01.12.2004)