Menschen am Niederrhein genauso wie die Hunsrücker fein raus
Flugzeuge gehören zu den leisesten der Welt - Flüsterjets.

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Nur ein Flüstern?

FLUGHAFEN NIEDERRHEIN / Deutlich mehr Verkehr auch über Rheinberg, Alpen, Xanten und Sonsbeck.

KREIS WESEL. Der Flugverkehr findet bekanntlich in Luftstraßen statt. Da bleibt nicht viel Spielraum - weder in der Höhe noch in seitlicher Richtung. Wie auf imaginären Schienen gleiten die Verkehrsmaschinen immer an gleichen Stellen, besonders wenn sie sich in der Einflugschneise des Flughafens befinden: Sicht- und hörbar seit Monaten in Rheinberg, Alpen, Sonsbeck und Xanten, seit der Flughafen Niederrhein bei Weeze-Laarbruch nach Weggang der Royal Air Force wieder seinen Betrieb aufgenommen hat. Genau über der Stadtmitte Rheinbergs fliegen die Maschinen in Richtung "Niederrhein bei Düsseldorf". So heißt der Weezer Flughafen in den Flugplänen. Oder "Airport Niederrhein", wie er sich offiziell nennt.


206 Mal pro Woche nach oder ab Weeze


Die Redaktion wollte es genauer wissen, erkundigte sich bei der Luftaufsicht und der Fluggesellschaft V-Bird, deren Heimatflughafen der Airport Niederrhein ist. Alleine V-Bird fliegt 206 mal in der Woche ab Laarbruch oder dorthin. Aber das verteilt sich: "Wir haben ein Verhältnis von 40 zu 60 zu Ost- und Westwind", sagt Pressesprecherin Claudia Hövel. Gegen den Wind wird gestartet, gegen ihn landet der Pilot. Da der Wind zu 60 Prozent aus Westen kommt, starten die Maschinen meist über niederländischem Gebiet, während sie über deutschem Gebiet einfliegen.

Wie ein großes T sieht die Einflugschneise aus, die Arme länger als der auf die Landebahn zeigende Fuß. Die wenigen aus Norden, beispielsweise von London kommenden Maschinen beginnen den Anflug weit auf niederländischem Gebiet, irgendwo bei Arnheim oder Nimwegen. Die anderen fliegen aus Richtung Süden entlang des Rheins an. "Vierzig Flugbewegungen pro Tag hat Niederrhein", sagt Bernd Sommer, Wachleiter der Deutschen Flugsicherung in Weeze. "Zwanzig Starts, zwanzig Landungen." Je siebzehn davon drehen nach dem Start über Alpen und Rheinberg ab, siebzehn fliegen aus Süden über Rheinberg, Alpen, Xanten und Sonsbeck an. Beim Anflug über Rheinberg und Alpen halten sie noch die Mindestflughöhe von 3000 Fuß (1000 Meter) ein, erst später geht´s in den Sinkflug.

Nur wenige Kilometer von Weeze entfernt - in Alpen und Rheinberg - merkt man allerdings nichts von startenden Maschinen. Der Grund: Intensiver Steigflug lässt die Flieger schnell an großer Höhe gewinnen. Anders als beim Anflug. Weit vor einem Flughafen geht der Pilot nämlich auf Sinkflug. Gelotst werden die Piloten übrigens nicht aus Weeze, sondern von Radarcontrollern in Langen bei Frankfurt, erklärt Bernd Sommer. Erst wenn sie den Flieger in Sicht haben, bei schlechtem Wetter auch erst auf der Landebahn, übernehmen seine sechs Fluglotsen und drei Azubis in Weeze die Maschine.

Genau neuneinhalb Meilen vor der Landebahn verlassen die Flieger auf Weisung der Langener Fluglotsen die Mindestflughöhe von 3000 Fuß gleich 1000 Meter. "Pro Meile verliert die Maschine 300 Fuß an Höhe." Über Winneken-donk, schon in Sichtweite des Flughafens, haben sie noch 1400 Fuß, rund 450 Meter Höhe. Dann geht es in einer scharfen 90-Grad-Kurve zur Landebahn.

Dass anfliegende Maschinen bereits über Rheinberg oder Alpen niedriger als 1000 Meter fliegen, was wie berichtet einige Leser vermuteten, ist laut Bernd Sommer nicht möglich: "Das schließe ich kategorisch aus." Technisch sei dies nämlich unmöglich, da beide, Pilot und Co-Pilot, gleiche Höhenangaben in ihre Geräte eingeben müssten. Und die liegt bis neuneinhalb Meilen vor dem Flugplatz bei mindestens 3000 Fuß. Sollte dennoch eine Maschine tiefer fliegen, fiele das sofort in Langen auf, wo man im Zweifelsfalle mit gegenteiligen Anweisungen reagieren würde.


Maschinen gehören zu den leisesten der Welt


Wesentliche Lärmbelästigungen gibt´s nicht, meinen Claudia Hövel und Bernd Sommer. "Unsere vier Maschinen sind neue Airbusse A 320. Sie gehören zu den leisesten Maschinen der Welt. Man nennt sie auch ,Flüsterjets´", sagt Claudia Hövel. Fluglotsen berichten ebenso wie die Pressesprecherin, dass eine nahe Bundesstraße, Autobahn oder Bahnlinie lauter seien als ein über 1000 Meter hoch anfliegender Jet. V-Bird´s "Flüsterjets" fliegen übrigens täglich fünfmal nach München, zweimal nach Berlin und Wien, dreimal nach Kopenhagen und einmal nach Helsinki. Dreimal in der Woche gibt´s zwei Flüge nach Rom, dreimal nach Nizza.

Demnächst steht an den Wochenenden Palma auf dem Plan. Bereits 120 Mitarbeiter beschäftigt V-Bird in Weeze. Selbst die Piloten, einige von ihnen sind Schweizer und wurden nach der Pleite der SwissAir übernommen, wohnen längst am Niederrhein. Daneben fliegen noch Ryanair und eine weitere Gesellschaft den Niederrhein an.

16.01.2004 PETER BUSSMANN

Originalartikel

(NRZ Rheinberg vom 16.01.2004)