Große "Geschäfte" nur auf dem Klo?

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(K)eine Luftnummer

Mit dem Flughafen Hahn verbinden sich hohe Erwartungen für die Region

Von unserer Mitarbeiterin ANGELIKA KOCH

HAHN. Touristiker, Wirtschaftsexperten, Kommunalpolitiker und viele Hunsrücker sind voll des Lobes für den Flughafen Hahn. Er gilt als "Jobmaschine" und als Tor zur Welt. Andere sehen durch ihn immense Nachteile: Buchstäblich viel Lärm um nichts. So oder so: Der Hahn ist wichtig.

Das Wirtschaftsministerium in Mainz steht seit jeher hinter dem Projekt, aus dem ehemaligen US-Stützpunkt Hahn eine Drehscheibe für den zivilen Luftverkehr zu machen: Noch aus Zeiten, als Rainer Brüderle Wirtschaftsminister war, stammen die Entscheidungen, Hahn Airport nach Kräften zu unterstützen und Landesmittel fließen zu lassen. Hans-Artur Bauckhage führt die Strategie seines Vorgängers fort. Seitdem gilt der Hahn als Vorzeigeprojekt einer gelungenen Konversion, das eine ganze Region wirtschaftlich nach vorn katapultiert.

Rund 100 Betriebe haben sich nach Auskunft von Maria Horbert, Pressesprecherin der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH, auf dem Areal angesiedelt. Hagen Suchardt vom Regionalrat Wirtschaft Rhein-Hunsrück e. V. bestätigt diese Angabe, merkt jedoch an: "Viele dieser Firmen haben lediglich eine Postadresse oder ein kleines Büro auf dem Flughafen."

Wenn die GmbH von 1611 geschaffenen Arbeitsplätzen schreibe, von denen 647 im Bereich Verkehr und Nachrichten entstanden seien, lese sich das aus Sicht des Regionalrates so: "Viele dieser Arbeitsplätze wurden nicht durch Einheimische besetzt, sondern durch hoch qualifizierte Mitarbeiter aus den Zentralen der angesiedelten Unternehmen. Es ist jedoch eindeutig festzustellen, dass sich die Entwicklung des Flughafens positiv auf den regionalen Arbeitsmarkt ausgewirkt hat."

Wie störungsanfällig die bisherige Superbranche Flugbetrieb ist, hat sich nach den Terroranschlägen und den Pleiten von Swissair und Sabena gezeigt. Auch ein Frachtflugbetrieb ist davor nicht gefeit, denn nach Angaben aus dem Umfeld der Lufthansa wird 80 Prozent der Fracht mit Passagierflugzeugen abgewickelt, lediglich 20 Prozent sind reine Gütertransportflüge. Aus denselben Quellen stammt die Einschätzung, dass ein so genannter "Hub", ein Luftfahrtknotenpunkt, zusätzlich zu Brüssel und Paris im Westen Europas nicht mehr entstehen wird und dass auch Frankfurt/Main in den nächsten zehn Jahren Konkurrenz etwa von Warschau bekommt.

Start- und Landebahn soll verlängert werden

Wenn, wie Hagen Suchardt bedauert, die Hunsrückbahn frühestens 2003 realisiert wird und Wirtschaftsminister Bauckhage die vierspurige Trasse Simmern-Hahn und die Anbindung an die A 1 und die A 60 für 2006 terminiert, fiele der verkehrstechnisch notwendige Ausbau demnach in eine Umbruchphase, die negative Auswirkungen haben könnte auf den Sinn der zugesagten einen Milliarde Mark Investitionen. Dies ist auch Hauptkritikpunkt der Bürgerinitiative, die sich gegen den Nacht- und Frachtflugbetrieb wendet. Einer der Vertreter, der Journalist Jürgen Rösner, ist aus dem Rhein-Main-Gebiet in den Hunsrück "ausgewandert", weil der Fluglärm unerträglich war. Er befürchtet, dass die Häuser im weiten Umkreis an Wert verlieren, weil alte Bausubstanz nicht mehr, wie jetzt oft der Fall, von Städtern aufgekauft und saniert würde.

Fakt ist, dass die Frankfurt-Hahn GmbH einen weiteren Ausbau des Airports inklusive verlängerter Start- und Landebahn plant und dass man dort mit der gängigen Rechnung umgeht, nach der jeder direkte Arbeitsplatz auf einem Flughafen zwei weitere im Umfeld nach sich zieht. Fakt ist ebenfalls, dass es keine Berechnung darüber gibt, ob die zu Zeiten der US-Streitkräfte in der Region verbleibenden 250 Millionen Mark Kaufkraft pro Jahr mit der jetzigen Nutzung erreicht werden. Die Bürgerinitiative befürchtet ein klares Nein, denn nach ihren Informationen ist etwa in die Passagierzahlen (für 2001 geschätzt: 470 000) auch eine große Mehrheit derer eingerechnet, die in Hahn lediglich einen Zwischenstopp machen und "bestenfalls aufs Klo gehen".

Die Frankfurt-Hahn GmbH gibt der Ansiedlung weiterer Luftverkehrsgesellschaften und "luftfahrtaffiner Unternehmen" Vorrang, da sie erfahrungsgemäß andere Branchen nach sich zögen. Der Regionalrat Wirtschaft hat aber mit dem Rückzug der Malaysia Airlines die Erfahrung gemacht, dass diese Logik auch umgekehrt funktioniert. Vor allem Logistikunternehmen hätten in der Folge ihr Engagement eingestellt oder zurückgefahren und Beschäftigte entlassen. Dennoch lautet Suchardts Fazit: "Insgesamt trägt der Flughafen zur schnellen wirtschaftlichen Entwicklung der Region maßgeblich bei."

(Trierischer Volksfreund v. 17.11.2001)