Typisch für den Flugplatz Hahn?
Absahnen, Planlosigkeit, Blauäugigkeit, vorauseilender Behördengehorsam, Duckmäusertum, ein gehöriges Maß an Dummheit und vor allen Dingen Geldverschwendung und Subventionen ohne Ende!

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Statt Traumjob nur Hilfsarbeiter

Die Flugzeugwerft AMG will auf dem Hahn viele Jobs schaffen - Doch nun gibt es Ärger mit Arbeitsamt und Behörden

Von unserem Redakteur MICHAEL FRÖHLINGSDORF

LAUTZENHAUSEN. Arbeitslosen im Hunsrück erschien eine Ausbildung in der Flugzeugwerft AMG auf dem Hahn als Chance ihres Lebens. Nun stehen sie mit leeren Händen da.

Als Bundeskanzler Gerhard Schröder kürzlich den Flughafen Hahn besuchte, schilderte Flughafen-Chef Jörg Schumacher stolz die rasante Entwicklung des Luftfahrtstandorts. Dabei erwähnte er auch die Wartungsfirma Aircraft Maintenance Germany (AMG). Schließlich gilt sie als "jobmaschine" in der mit Arbeitsplätzen nicht gesegneten Hunsrück-Region. Uber 100 Beschäftigte wurden seit der Unternehmensgründung 1998 eingestellt. Dafür gab es vom Land und Arbeitsamt über fünf Millionen Mark Zuschüsse. Doch weil bei der Ausbildung in der Werft offenbar nicht alles mit rechten Dingen zuging, muss ein Teil des Geldes ans Arbeitsamt zurückgezahlt werden. Flächendeckend hatte AMG im Sommer 1999 in den Arbeitsämtern der Region um Mitarbeiter geworben. Jeder, der einen Abschluss in einem Metallberuf absolviert hat, schien geeignet, um künftig auf dem Hahn an Flugzeugen herumzuschrauben. Selbst Arbeitslose sollten in einer zwölfmonatigen Umschulung zum Flugzeugwart ausgebildet werden. Die Ausbildung sollte mit einer Prüfung und einem Zertifikat enden und unter der Aufsicht der Industrie- und Handelskammer stehen.

Die AMG wollte allerdings noch höher hinaus: Sie gründete eine "Academy", die vom Luftfahrtbundesamt (LBA) anerkannt werden sollte. Damit gäbe es auf dem Hahn eine von bundesweit fünf Schulen, die zertifizierte Flugzeuggerätemechaniker ausbilden dürfte.

Doch es kam anders: Nachdem die theoretische Ausbildung abgeschlossen war, wäre im Sommer vergangenen Jahres eigentlich die Praxis an der Reihe gewesen. Die AMG verfügte aber noch nicht einmal über einen Hangar, um darin Flugzeuge zu warten. So wurde eine alte Flugzeughalle gemietet, die die angehenden Flugzeugwarte zunächst renovieren mussten. Ärger und Frust wuchsen und Mitarbeiter sowie ein Ausbilder kehrten dem Unternehmen im Zorn den Rücken. Inzwischen hätte die einjährige Ausbildung längst abgeschlossen sein müssen, doch nach wie vor fehlte der praktische Teil. Schließlich wandte sich ein Teilnehmer an das Arbeitsamt. Was solle er mit einer Ausbildung, nach der er bestenfalls als "Maler oder Anstreicher weitervermittelt werden" könne, fragte er. Lediglich drei Mal habe er überhaupt ein Flugzeug gesehen: "Anfassen nicht erlaubt".

Das Arbeitsamt Bad Kreuznach leitete daraufhin eine Untersuchung ein und Arbeitsamtsdirektorin Voelkel musste in einem Brief bestätigen: "Nach den Feststellungen meiner Mitarbeiter treffen die Erfahrungen weitgehend zu." Für die noch bei der AMG verbliebenen Mitarbeiter habe die Firma sich verpflichtet, die Ausbildung so schnell wie möglich nachzuholen. Für die Mitarbeiter, die gekündigt hätten, müsse die Förderung zurückgezahlt werden.

Inzwischen sind auch das Mainzer Sozialministerium und die IHK Koblenz auf den Plan getreten, um das Unternehmen zu prüfen. "Wir wollten mit unserem Geld keine Bauarbeiter finanzieren", heißt es in Mainz. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, werde auch das Land Rückforderungen stellen.

Bei der AMG werden Startschwierigkeiten eingeräumt. "Wenn man ein neues Unternehmen aufbaut, gibt es auch Enttäuschungen", sagt Geschäftsführer Christian Sorber. Er habe vorher nicht absehen können, dass die Schulung von Arbeitslosen und Branchenfremden so schwierig sei.

Ursprünglich, habe er ohnehin vorgehabt, seine Mitarbeiter anderen Luftfahrtunternehmen abzuwerben. Nur auf Wunsch der Politiker vor Ort habe er sich bereit erklärt, selber Personal auszubilden. Probleme gab es laut Sorber auch bei der Suche nach Investoren für die geplanten Werft-Hallen. Weil er in Deutschland keine Geldgeber fand, musste der Niederländer in seiner Heimat sein Glück suchen. Inzwischen ist ein erster, 35 Millionen Mark teurer Hangar fast fertig gestellt. Die ersten Düsenjets werden dort überholt. Und auch ein Dutzend neuer Mitarbeiter hat Sorber eingestellt: eine Umschulungsmaßnahme, die komplett vom Arbeitsamt finanziert, werden soll.

"Retten, was zu retten ist"

Die Behörde will das Projekt unterstützen. "Wir gehen davon aus, dass die Probleme ein einmaliger Vorgang waren", sagt Marion Hesse, stellvertretende Arbeitsamts-Chefin in Bad Kreuznach. Für die Mitarbeiter, die der AMG den Rücken gekehrt haben, ist das Problem damit nicht gelöst. Sie mußten erst einen Anwalt bemühen, um ein Zeugnis über die Weiterbildung zu erhalten. Doch der darin enthaltene Hinweis "Praxis noch nicht abgeschlossen" dürfte die Jobsuche nicht erleichtern. Zumal anerkannte Wartungsbetriebe gegenüber dem Luftfahrtbundesamt die Qualifikation ihrer Mitarbeiter nachweisen müssen. Auch dem Luftfahrtbundesamt ist der Schlingerkurs des Vorzeige-Unternehmens nicht verborgen geblieben. Die AMG sei vom LBA nicht als Ausbildungsbetrieb anerkannt, betont Sprecherin Cornelia Eichhorn. Die Behörde biete aber allen Beteiligten ein Gespräch an, "um zu retten, was zu retten ist".

(Trierischer Volksfreund vom 16.02.2001)

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