Die 80% steht - nahezu
Ryanair in Altenburg: Nichts Neues bei der Auslastungsquote

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Der fliegende Professor

Mit Ryanair kommen die Passagiere. Auch am kleinen Flugplatz in Altenburg-Nobitz bestätigte sich in den zurückliegenden Monaten diese Hoffnung,wie zuvor schon an anderen deutschen Airports. Zählte man am Ostthüringer Standort früher einige hundert Fluggäste im Jahr, waren es seit Mai bereits mehr als 40 000. Ein Aufwärtstrend, der auch in Erfurt erwartet wird.

Zunächst wurde es nur gemunkelt: Der irische Billigflieger Ryanair startet bald auch vom Ostthüringer Flughafen Altenburg aus in die britische Metropole London. Wie im Falle Hahn im Hunsrück entschieden sich die Iren damit erneut für einen früheren Militärflugplatz, welcher neue Partner für eine bessere Auslastung suchte. Einmal pro Woche hob in den vergangenen Jahren ein Ferienflieger der Air Berlin in Ostthüringen ab. "Ein gutes Training für die jetzige tägliche Abfertigung", berichtet Wolfram Schlegel, Geschäftsführer der Flughafenbetreibergesellschaft. Da ist vor allem Geschwindigkeit gefragt. Nicht einmal eine halbe Stunde verbringt der Flieger am Boden, ehe er zurück nach London abhebt. Da ist Professionalität gefragt, bei der Abfertigung der Fluggäste wie beim Betanken der Maschine, alle Handgriffe müssen sitzen. Und das tun sie, versichert Flughafenchef Wolfram Schlegel. Die gesamte Mannschaft sei hochmotiviert. "Wir beweisen einer renommierten Airline wie Ryanair jeden Tag die Zuverlässigkeit unseres Teams", berichtet Schlegel. Schließlich sei die Entscheidung der Iren für Al- tenburg eine Chance, die man nutzen wolle. Schrittweise soll der Airport den neuen Anforderungen angepasst werden, so Schlegel. Erste Veränderungen habe es gegeben, berichtet er vom Café, das im Terminal zum Verweilen einlädt, und dem Informationsstand, der auf die touristischen Highlights im Altenburger Land neugierig machen soll. Autovermietungen haben sich in das Terminal eingemietet, eine Buslinie verbindet den Flughafen mit Leipzig.

"Die Resonanz auf das neue Angebot ist enorm", berichtet Schlegel. Die Maschinen seien inzwischen zu nahezu 80 Prozent ausgelastet. "Und dabei sind es keinesfalls mehr nur die Schüler und Studenten, die die Flüge nach London nutzen", so Schlegel. Seit die Unternehmen zur Sparsamkeit anhalten würden, nutzten zunehmend Geschäftsleute die preiswerte Verbindung. Musiker aus London, die im Leipziger Gewandhaus auftreten wollten, seien jüngst in Altenburg gelandet. Auch ein englischer Professor, der an der Technischen Universität in Chemnitz unterrichtet, sei regelmäßiger Gast an Bord der Ryanair-Maschinen.

Inzwischen hofft man in der Ostthüringer Stadt auf weitere Flugverbindungen. Dabei gebe es sowohl Verhandlungen mit den Iren - zusätzliche Ziele ab Altenburg anzusteuern - als auch mit anderen Airlines. Es solle keine einseitige Festlegung auf eine Gesellschaft geben, meint Wolfram Schlegel. Man sei für jede Anregung offen. Bereits im zurückliegenden Sommer etwa bot ein ortsansässiges Reisebüro mehrmals Flüge in die Slowakei an. Diese Reisen nach Bratislava könnten unter Umständen im Winterhalbjahr erneut stattfinden, glaubt Schlegel, aber das stünde noch nicht genau fest.

Im Flughafen der Thüringer Landeshauptstadt sehen die Altenburger keine Konkurrenz. Selbst wenn Ryanair, wie angekündigt, demnächst auch von dort aus nach London startet. "Wir haben bei den Passagieren sehr unterschiedliche Einzugsgebiete", glaubt der Altenburger-Flugplatzchef. Seine Reisenden kämen in der Mehrzahl aus dem Raum Westsachsen. Viele Leute aus Chemnitz, Dresden oder Zwickau nutzen den Airport Altenburg. In Erfurt kämen die Leute doch mehr aus West- und Nordthüringen, oder aus Franken.

I

n Erfurt wird derzeit gebaut. Als das vorerst letzte Großprojekt wird im kommenden Monat das neue Parkhaus eröffnet. 800 weitere Stellplätze stehen den Reisenden dann zur Verfügung, sagt Flughafenchef Gerd Ballentin. Noch in diesem Jahr sollen dann die Bauarbeiten für den Wendekreis der Straßenbahn direkt vor dem Abflugterminal beginnen. Von der Möglichkeit, in absehbarer Zeit direkt mit der Bahn bis zum Flugschalter zu gelangen, erhofft sich Ballentin einen weiteren Anstieg der Passagierzahlen. In diesem Jahr kann man in Erfurt voraussichtlich auf ein Plus von fünf Prozent verweisen, so Ballentin. Alles andere als eine Selbstverständlichkeit, schaut man auf die Entwicklung anderer Flugplätze. Viele von ihnen beklagen bereits das dritte Jahr in Folge eine rückläufige Zahl der Fluggäste. Um jeden einzelnen werde derzeit mit harten Bandagen gekämpft, bestätigt der Erfurter Flughafenchef. So warben etwa auf der jüngsten Touristikmesse in Erfurt gleich vier deutsche Airports um die Gunst der Thüringer. Da pries Leipzig/Halle ebenso die eigenen Vorzüge an wie Nürnberg oder Frankfurt am Main. Dass die Erfurter präsent waren, darf angesichts dieser Herausforderung getrost als selbstverständlich angesehen werden. Man will den Fehdehandschuh der anderen durchaus aufnehmen. "Ab 2004 ist der Ausbau abgeschlossen", bekräftigt Ballentin. Es beginne das "richtige Flughafengeschäft". Volle Konzentration auf Werbung und Kundenservice soll es dann heißen. Überlegungen dafür gibt es reichlich. Sie reichen bis zur Tatsache, dass man nach der Fertigstellung des neuen ICE-Bahnhofs in Erfurt gleich dort einchecken und sein Gepäck aufgeben kann, bevor man unbeschwert zum Airport fährt.

Einsilbig wird man am Erfurter Flughafen derzeit nur, wenn die Rede auf die geplante Linienverbindung in die britische Hauptstadt kommt. "Wir wollen Flüge nach London anbieten", versichert Ballentin. Zu den Details verweist man auf das zuständige Wirtschaftministerium. "Es werde noch immer verhandelt", heißt es dort. Über den Anbieter hüllt man sich in Schweigen. Und Ryanair bestätigt lediglich Gespräche mit zwei deutschen Flughäfen. Alles wie immer also, bis zur ersten Landung der Iren.

13.11.2003 Von Bernd JENTSCH

Originalbericht

(Thüringische Allgemeine Zeitung vom 13.11.2003)

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