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Otteair? . . . find ich nicht (gut)

Bruchlandung vor dem ersten Start vom Flughafen Hahn

- Von UDO RAU -

Saarbrücken. "Fliegen ab neun Euro. Otteair macht's möglich." Und zwar direkt vor unserer Tür, ab 25. November vom Hunsrück-Airport Frankfurt-Hahn, dem größten deutschen Stützpunkt des irischen Aldi-Fliegers Ryanair. Nach Paris, Bordeaux, Alicante und Rom. Auch von Dortmund aus wollte Otteair zu verschiedenen europäischen Zielen starten, darunter auch nach Berlin-Schönefeld.

Zu diesen Discount-Tarifen wollten wir auch gerne buchen, eben mal nach Rom, eine Latte macchiato schlürfen und dann wieder zurück in den Hunsrück. Otteair? Ein neuer Phönix im Markt der Billigflieger? Wer greift da noch nach den Sternen und den Euros all jener, die sich bisher keinen Flug leisten konnten? Konkurrenz belebt das Geschäft. Und im Augenblick ist in Deutschland ohnehin der Markt in Aufruhr: Germanwings, Air Berlin, Berlinjet, DBA, Hapag Lloyd Express, Virgin Express - der Preiskampf am Himmel geht erst richtig los.

Unter "www.otteair.de" konnte man auf der Webseite im Internet die neuen Flugziele lesen, exakte Beförderungsbedingungen waren auch schon präsent, eine genaue Kopie des Ryanair-Vorbilds: "No frills" ("kein Schnickschnack") heißt das Konzept. Keine Zeitungen, Ess- und Trinkbares nur gegen Bezahlung, Buchung per Internet, keine Tickets, nur eine Nummer. Buchungsstart war für den 1. Oktober versprochen. Allerdings fehlten auf der Webseite genaue Daten zu den Abflügen. Und überhaupt blieben etliche der Hinweise auf der Webseite beim Anklicken leer. Doch, da gab's eine Telefon-Nummer: Buchungshotline unter Tel. 0180 5688311. Etliche Anrufe blieben erfolglos, stets besetzt, auch am Sonntag. Genannt war auch eine Büro-Nummer auf dem Flughafen Hahn: Keiner hebt ab. Anruf beim Flughafen Hahn. Otteair? "Mit uns gibt es noch keine Verträge. Wir haben denen mal ein Angebot gemacht. Die haben auch kein Büro hier", sagte Pressesprecherin Maria Horbert. Wer ab November fliegen will, der sollte sich doch gut zwei Monate schon mal mit dem betreffenden Flughafen in Verbindung gesetzt haben - kann ja nichts schaden.

Aha und noch ein Hinweis: Kooperationspartner sei die belgische Ferienflug-Gesellschaft Sobelair, eine 1946 gegründete Ex-Tochter der abgestürzten belgischen Staats-Airlines Sabena, meldete die Internetseite stolz. Sobelair ist heute mit neuem Besitzer nach wie vor eine honorige Adresse in der Branche der europäischen Ferien-Flieger und operiert für zahlreiche große Veranstalter. Sie gehört nach den Sabena-Turbulenzen heute zur Alva-Gruppe. Sobelair-Sprecher Stefan Abé: "Wir hatten mal Kontakt mit Otteair. Aber es gibt bisher keine Verträge. Das ist alles sehr vage. Otto Geerdsma ruft ab und zu mal hier an." Geerdsma also heißt der mutige Unternehmensgründer, der da in die Luft will. Wo genau man ihn erreichen kann, wusste der Sobelair-Mann auch nicht. Der Hinweis auf eine Boeing 737-400 der Sobelair, die für Otteair fliegen sollte, war Abé unangenehm. "Wir schicken ihm eine Mail, dass er unseren Namen da rausnimmt." Nach den "SZ"-Recherchen letzte Woche ging es dann sehr schnell: Am Sonntag war die Webseite der Otteair nicht mehr erreichbar. Abgestürzt, bevor sie abgehoben hat. Ein Anruf beim Bundesluftfahrt-Amt in Braunschweig brachte zusätzliche Klarheit: "Otteair ist kein in Deutschland zugelassenes Luftfahrt-Unternehmen, sondern ein reiner Ticketverkäufer", so Pressesprecherin Cornelia Eichhorn, die auch auf die Internetseite aufmerksam geworden war. Damit dürfte die Hoffnung auf zusätzliche Billigflüge vom Hunsrück aus zu schönen europäischen Städten wieder begraben sein, ehe ein erstes Otteair-Flugzeug überhaupt von der Piste des Ex-US-Militärflugplatzes abhob.

Originalbericht aus Saarbrücker Zeitung online

(Saarbrücker Zeitung Online vom 09.09.2002)

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