Warum mag es wohl im Gegensatz zum Flughafen Köln-Bonn am Flugplatz Hahn keine Angaben zum Umsatz und zum Gewinn geben?

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Es ist noch Platz für weitere Kandidaten

Von ULI JANSEN

KÖLN. Noch vor dem Morgengrauen beginnt das übliche Spiel. Geschäftsreisende gehen zielstrebig zu ihrem Check-in-Schalter, Damenkränzchen rollen ihre Koffer unbeirrt in Richtung Parfümerie, und Rucksack-Touristen lümmeln lässig in den Sesseln. Hinter den Kulissen wird ein Jahr nach dem Start der ersten Billigflieger auf Hochtouren gearbeitet, schließlich soll bis 7.30 Uhr die ganze Bagage auf ihrem Weg sein. Draußen auf dem Rollfeld reihen sich die Maschinen des Billig-Anbieters Hapag Lloyd Express (HLX) nebeneinander auf, an den Flugsteigen warten die Airbusse des Mitbewerbers Germanwings.

"Jeder zweite Reisende fliegt in Köln / Bonn inzwischen günstig", sagt Michael Garvens, Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, zufrieden. Denn soviel Geschäftigkeit gab es in der Wahner Heide vor seinem Amtsantritt 2002 nicht. Doch mit ihm kamen im Winterflugplan 2002 / 2003 auch die Billigflieger und damit der Aufschwung.

Bundesweit ist Köln / Bonn derzeit der am schnellsten wachsende Flughafen. Er hält mit 25 Prozent Marktanteil die Marktführerschaft bei den Billigfliegern. Nur noch Platz drei belegt Frankfurt-Hahn, der einst mit dem irischen Billigflieger Ryanair und einer Quasi-Monopolstellung berühmt-berüchtigt wurde.

Rund acht (5,5) Millionen Passagiere werden in Köln / Bonn für das Gesamtjahr erwartet, 800 000 Passagiere wird Düsseldorf nach Garvens Einschätzung bis zum Jahresende an Köln verlieren. Das ist gut fürs Geschäft: Der Flughafenchef rechnet mit einem Gewinn von vierMillionen Euro. Im vergangenen Jahr stand an der Stelle noch eine schwarze Null. Bereits in den ersten neun Monaten 2003 stieg das Ergebnis vor Steuern um 90 Prozent auf 4,2 (2,2) Millionen Euro. Der Umsatz legte um knapp 24 Prozent auf 162 Millionen Euro zu.

Aber Köln / Bonn will höher hinaus. Interesse besteht an einem weiteren Billigflieger. Die Verhandlungen mit Ryanair scheiterten. Wunschkandidat ist Easyjet, der dann erstmals seine Zelte auf dem deutschen Markt aufschlagen würde. "Es laufen Gespräche" - mehr will Garvens nicht preisgeben. Allerdings stehen die Chancen gut, falls Nordrhein-Westfalen als Ziel der Briten auserkoren wird, ließ Garvens im September wissen.

Neue Ziele werden auf jeden Fall dazukommen. Ein Billigflieger wird Skandinavien für sich entdecken. Welche Stadt angeflogen wird, ist noch nicht spruchreif. Auch das Engagement nach Polen wird verstärkt. Außerdem sind einige Touristenziele mehr im Mittelmeerraum bald vom Adenauer-Flughafen aus zu erreichen. Denn: "Die Strecke Ibiza war sehr erfolgreich."

Noch in der Ferne ist dagegen ein 99-Euro-Flug in die USA. Garvens kann sich vorstellen, dass jeweils eine Fluggesellschaft einen Knotenpunkt auf dem jeweiligen Kontinent mit Passagieren versorgt, eine dritte Linie die Strecke nach Übersee bedient. "Doch da ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten."

Realistischer ist das Ziel, mit dem Geschäft am Boden Geld zu verdienen. Nach dem großen Vorbild London-Stansted werden 2000 Quadratmeter mehr Verkaufsflächen geschaffen. Schon der Umsatz der ersten Monate legte parallel zum Passagierwachstum zu, mittelfristig sollen 30 Prozent des Gesamtumsatzes (derzeit 22 Prozent) aus diesen Kassen kommen. In Stansted sind es 60 Prozent.

Originalbericht

(Kölnische Rundschau vom 16.10.2003)