Hahn-Air: Eine neue "Dolchstoß-Legende"?

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Monopoly-Spiel mit der Hahn Air?
Hunsrücker Airline droht das Aus - Flughafengesellschaft will mit "allen rechtlichen Mitteln" gegen die Hahn Air vorgehen

Landet die Akte Hahn Air bald auf dem Schreibtisch des Insolvenzverwalters? Die Fluggesellschaft geht jedenfalls schweren Zeiten entgegen. Auf einer Gesellschafterversammlung am Dienstag krachte es mächtig im Gebälk der Airline.

Von Markus Lorenz

SIMMERN/FLUGHAFEN HAHN. Hoch her ging es am Dienstagabend in den Räumen der Kreissparkasse am Simmerner Schloßplatz: Dort trafen sich um 18 Uhr die Gesellschafter der Hahn Air zu ihrer ordentlichen Versammlung. Doch geordnet verlief die Sitzung nicht: Der Airline vom Hunsrück droht das Aus.

Den Zorn vieler Gesellschafter (hauptsächlich Unternehmer aus der Region) zog vor allem Geschäftsführer Hans Nolte auf sich. Der Unternehmer aus Dreieich bei Frankfurt malte die Zukunft der Fluggesellschaft in düsteren Farben: Eine Sanierung der Hahn Air sei kaum noch vorstellbar, man stehe vor einem Scherbenhaufen. Nur ein neuer Investor könne die Hunsrück-Flieger noch retten.

Den präsentierte der erst am 10. November zum Geschäftsführer bestellte Nolte dann auch gleich den staunenden Gesellschaftern: Nach Informationen unserer Zeitung handelte es sich um einen Geschäftsmann aus Trier. Sein Angebot: 20 Prozent des Stammkapitals sollte für die Gesellschafter noch abfallen ausgenommen der Summe, die Hans Nolte in die Gesellschaft investiert hatte. Der Manager wollte seine Anteile am maroden Unternehmen nämlich behalten.

Doch aus dem Geschäft wurde nichts - die Gesellschafter lehnten dankend ab. "Wie die Bauern", so ein Gesellschafter, habe Nolte die Kapitalgeber behandelt, "die Mehrheit der regionalen Gesellschafter sollte ausgebotet werden." Insider vermuten in dem Trierer Unternehmer einen "Strohmann, hinter dem Nolte stand".

Dem gehe es - so spekulieren Branchen-Kenner - nicht um die Hahn Air, sondern um die Fluggenehmigung des Luftfahrtbundesamtes für eine Hahn Air-Tochter. Damit könne der selbst in der Tourismus-Branche tätige Nolte sogenannte Inter-Line-Tickets verkaufen - laut Experten ein lukratives Geschäft.

"Dafür reicht eine Linienverbindung und die existiert auf der Strecke Altenburg - Braunschweig", weiß ein Kenner. Deshalb habe Nolte kein echtes Interesse daran, dass die Hahn Air wieder Flugverbindungen aufnehme.

Der Geschäftsführer selbst drohte am Dienstag mit dem Gang zum Gericht - um dort das Insolvenzverfahren einzuleiten. Das verschuldete Unternehmen wird zur Zeit noch über eine "Rangrücktrittserklärung" am Leben erhalten, mit der die Kreissparkasse, weitere Investoren und Nolte selbst Forderungen an die Hahn Air kurzfristig zurückstellen. Diese Erklärung lief mit dem gestrigen Tag ab. "Entweder sie wird verlängert oder das Insolvenzverfahren ist unausweichlich", so ein Gesellschafter.

Nach seinen Schätzungen habe das Unternehmen alleine bei der Kreissparkasse Verbindlichkeiten von insgesamt rund sechs Millionen Mark. KSK-Direktor Elaus-Dieter Wende bezeichnete es gestern auf Anfrage als "fast erschütternd", dass es nicht gelungen sei, Einvernehmen zwischen den Gesellschaftern herstellen zu können. "Wir müssen jetzt abwarten, wie der Geschäftsführer handelt - ob das Insolvenzverfahren eingeleitet wird, oder sich eine andere Lösung abzeichnet, Nach letzterem sieht es zur Zeit nicht aus."

Verärgert über die Zustände bei der Hahn Air ist auch die Flughafengesellschaft. Hahn-Chef Jörg Schumacher nannte das Verhalten der Airline "zutiefst Ruf schädigend" und will mit Nolte nicht mehr zusammen arbeiten: "Wir werden mit allen rechtlichen Schritten gegen die Hahn Air vorgehen", so Schumacher, "die alte Geschäftsführung war verlässlich - die neue spielt Monopoly. Hier sind Arbeitsplätze massivst gefährdet."

(Hunsrücker Zeitung vom 23.12.1999)

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