Aus für den Nachtpoststern Hahn?

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Am Nachtpoststern geht um Mitternacht die Post ab

Am Frankfurter Flughafen wird der Briefverkehr umgeladen

Von dpa-Korrespondent Christopher Kellner (Frankfurt)

Frankfurter Flughafen, kurz vor Mitternacht. Am "Nachtpoststern" hinter dem Terminal 2 warten rund 300 Arbeiter der Fraport AG. Sie tragen blaue Overalls und gelbe Signalwesten, sitzen auf Gabelstaplern und kleinen Transportfahrzeugen. Die Stimmung wirkt wie die Ruhe vor dem Sturm - und der bricht um genau 23.40 Uhr los. Kaum ist der Airbus aus Bremen gelandet, geht buchstäblich die Post ab. Denn die in rasender Eile abgefertigte nächtliche Fracht der Flieger ist die Post der Nation.

Seit 40 Jahren ist der Nachtpoststern am Frankfurter Flughafen Dreh- und Angelpunkt des deutschen Briefverkehrs. Doch das geplante totale Nachtflugverbot nach dem Ausbau des Flughafens könnte für den Nachtpoststern in Frankfurt das Ende bedeuten.

Der Airbus kommt zum Stehen und in kürzester Zeit sind Rampen angelegt, Förderbänder installiert und die Kabinen der nun im Minutentakt landenden Flugzeuge wimmeln vor Arbeitern, die eifrig Postkisten aus- und einladen. Die scheinbar chaotischen Abläufe sind genau geplant. Jeder Brief soll einen Tag nach seiner Einlieferung zugestellt sein. Der teure Luftweg ist für Sendungen über 500 Kilometer deshalb unumgänglich, erklärt Nachtluftpostkoordinator Joachim Philippi. 4000 Mark kostet eine Tonne Luftpost, mit dem Lastwagen wären es gerade 450 Mark.

Die Post befürchtet bei einer Verlegung des nächtlichen Umschlagplatzes drastische Auswirkungen. Bundesweit müssten sogar die Briefkästen zu anderen, meist früheren Zeiten geleert werden. Der Flughafenbetreiber Fraport schlägt der Post vor, zum ehemaligen Militärflughafen nach Hahn in Rheinland-Pfalz umzuziehen. Der komme aber nicht in Betracht, winkt Postpressesprecher Norbert Schäfer ab. Im Winter kämen noch nicht einmal die Lastwagen die Berge des Hunsrück hinauf.

Auch für Leipzig als neue Heimat des Nachtpoststerns kann sich weder die Post noch der Hauptpartner Lufthansa begeistern. "Wir haben in Frankfurt mehrere Millionen Mark investiert, da werden Entschädigungen fällig", sagt Schäfer. Leipzig wäre seiner Meinun nach aber besser als Hahn. Anfang der neunziger Jahre hatte die Post zur Belieferung der neuen Bundesländer einen Teil des Nachtpoststerns nach Leipzig ausgelagert und dabei gute Erfahrungen gemacht.

Leipzig sei erste Wahl, sollte der Nachtpoststern umziehen müssen, heißt es dagegen in Wirtschaftskreisen der sächsischen Stadt. Der Flughafen habe eine ganztägige Flugerlaubnis, gute Verbindungen an die Autobahnen, geschultes Personal und eine ähnliche Mittellage innerhalb Deutschlands wie die Mainmetropole.

Noch kriechen die Arbeiter in Frankfurt auf den Knien durch die Frachträume der Flugzeuge, werfen sich die Postsäcke gegenseitig zu und wuchten die schweren Kisten aus dem Bauch des Flugzeugs. Tagsüber transportieren die Flieger Passagiere, später werden sie für den Postverkehr "aufgerüstet": Die Sitze werden mit je 800 Mark teuren Spezialsäcken überzogen und mit Post bepackt. Eine Million Briefe mit einem Gesamtgewicht von etwa 25 Tonnen transportiert jede Maschine. In dieser Nacht hat alles reibungslos funktioniert. Innerhalb von 125 Minuten sind 300 Tonnen Post in zwölf Flieger umgeladen worden. Ihre Ziele sind zwölf deutsche Großstädte. Dort werden die Briefe sortiert, in Lastwagen gepackt und weiter verteilt.

(Mannheimer Morgen vom 21.08.2001)

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