Fremdverkehr und sanfter Tourismus - Chancen für den Hunsrück

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Lothar Wilhelm, Projektleiter Sanfter Tourismus im Saarland, wies in seinem Beitrag am 15.5. in der Kastellauner Stadthalle auf die wachsende Bedeutung des Hunsrücks als Naherholungsgebiet für die umliegenden Ballungsräume hin.

Vor diesem Hintergrund warnte er vor der Festlegung auf das Projekt Flughafen Hahn, mit dem viele Chancen der Region im Bereich Fremdenverkehr/sanfter Tourismus erschwert oder gar unmöglich gemacht werden könnten. Es gäbe Beispiele im Saarland, wie in diesen Bereichen Arbeitsplätze geschaffen und stabilisiert werden könnten, die auch auf den Hunsrück übertragbar seien

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Ausgehend vom Kreistagsbeschluß des Rhein-Hunsrück-Kreises vom 29.10.1990 zur Konversionsproblcmatik hatte die CDU Rhein-Hunsrück einen Forderungs- und Maßnahmenkatalog für den Bereich Fremdenverkehrsförderung beschlossen, der einige Anregungen zum Flugplatz Hahn wie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Region insgesamt enthält. Wir dokumentieren in Auszügen einige Passagen, die leider zum größten Teil in Schubladen liegen und vor sich hin stauben.
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Nutzung der Nebenanlagen des Flugplatzes Hahn:

Für die Nebenanlagen des Flugplatzes Hahn ist es im Hinblick auf ihre Größe nicht sinnvoll, nach einer einheitlichen Nutzung zu suchen. Vielmehr sollte nach vielfältigen Nutzungszwecken Ausschau gehalten werden, die unabhängig voneinander die Chance der Realisierung für Teilbereiche der Nebenanlagen bieten.

a. Soziale Einrichtungen.
Es erscheint denkbar, parallel mit der Entwicklung eines familienfreundlichen Fremdenverkehrskonzepts für den Raum Kirchberg Einrichtungen des Mütter-Genesungswerks oder ähnlicher Träger in den Nebenanlagen anzusiedeln. Sowohl schulische als auch Kinderbetreuungseinrichtungen sind vorhanden, ebenso in ausreichender Anzahl Wohnungen. Auch neue, alternative Wohnprojekte des Müttergenesungswerkes sind hier denkbar.

b. Alternative Senioren- und Behindertenwohnprojekte
Die vorhandenen Anlagen erscheinen auch für alternative Senioren- und Behindertenwohnprojekte sinnvoll. Mit dem Schammat-Dorf in Trier sind in Rheinland-Pfalz gute Erfahrungen gemacht worden. Auch in diesem Bereich sollte man versuchen, geeignete Träger zu finden.

c. Hochschul-Nutzung
Auch eine Hochschul-Nutzung der Nebenanlagen des Flugplatzes Hahn ist denkbar. Wenn auch von vielen für unwahrscheinlich gehalten, so sollte doch die Frage geprüft werden, ob eine der rheinland-pfälzischen Hochschulen einen Nebenstandort im Hunsrück einrichten könnte. Zweck dieses Nebenstandortes sollte die Durchführung von Seminaren, Workshops und Exkursionen sein.
Eine solche Einrichtung würde den Hochschulstandort selbst in seiner Attraktivität heben.
Ebenso denkbar wäre im Zusammenhang mit einer Nutzung der Nebenanlagen die Einrichtung eines Fachhochschulbereichs Luftfahrttechnik.

d. Ansiedlung von Behörden und Einrichtungen des Landes
Die Stärkung der ländlichen Räume durch Ansiedlung von Landesbehörden darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Das Land ist aufgefordert, im Rahmen seiner Dezentralisierungsbemühungen die Ansiedlung ernsthaft zu prüfen.

e. Einrichtung von Schulen und Studienseminaren
Auch aus dem Bereich Schule sind sinnvolle Projekte in den Nebenanlagen des Flugplatzes denkbar, so z.B. die Einrichtung von Fachschulen der Studienseminaren.

Entwicklung des Fremdenverkehrs

Insbesondere im Bereich des Fremdenverkehrs hat der Rhein-Hunsrück-Kreis Entwicklungschancen, die relativ kurzfristig aktivierbar sind. Naturnaher Umwelturlaub auf Hunsrückhöhen, insbesondere für kinderreiche Familien, das muß die Zielgruppe einer neuen Fremdenverkehrsstrategie sein. Da in Folge der zu erwartenden militärischen Entlastung mit dem Freiwerden einer Vielzahl von Wohnungen, meist gehobenen Standards, zu rechnen ist, muß ein Fremdenverkehrskonzept insbesondere die Nutzung dieser Wohnkapazitäten vorsehen.

1. Schaffung eines Feriendorfes Kirchberg.

Um eine Vielzahl von leerstehenden Wohnungen als Ferienwohnungen zu vermitteln, sollten diese Wohnungen unter dem Namen "Feriendorf Kirchberg" zusammengefaßt werden. Das Feriendorf Kirchberg ist kein Feriendorf im herkömmächen Sinne, also keine geschlossene Wohnanlage. Im Feriendorf Kirchberg wohnt man im Dorf. Unter Einheimischen. Sie leben mit dem Dorf. Jede Wohnung ist anders gestaltet. Jede Wohnung hat ihren eigenen Charakter.

Für jeden ist etwas dabei. Große Wohnungen. Kleine Wohnungen. Der Ferienpark sollte vom Fremdenverkehrsverein des Rhein- Hunsrück-Kreises e.V. oder von einer neu zu gründenden Gesellschaft geführt und gemanagt werden.

2. Entwicklung des Beherbergungsgewerbes

Neben der Schaffung von Ferienwohnungen muß auch die Entwicklung des Beherbergungsgewerbes zentrales Anliegen der Förderung des Fremdenverkehrs im Westteil des Rhein-Hunsrück-Kreises sein. Der Schaffung von Fremdenzimmern, die meistens von Privatpersonen mit der Absicht eines Nebenverdienstes errichtet wurden, stehen in vielen Fällen hohe Investitionskosten gegenüber. Wegen geringer anfänglicher Verdiensterwartungen werden Ausbauabsichten daher oftmals zurückgestellt oder nicht verwirklicht.
Es erscheint daher sinnvoll, durch ein Fremdenverkehrsförderprogramm gezielte Investitions- oder Zinszuschüsse zur Schaffung von Zimmcrkapazitäten zu geben. Die Hilfen müssen sich an modernen Ausbaustandards orientieren. Das bedeutet, Hilfen nur für Zimmer mit Toilette und Naßzelle. Auch hier sollte der familienfreundliche Urlaub im Vordergrund stehen. Die Ferienwohnungen sollen sowohl privat vermittelt als auch durch den Fremdenverkehrsverein Rhein-Hunsrück e.V. bzw. eine neu zu gründende Gesellschaft vermarktet werden. Das Marketing sollte modern und dem Zeitgeist angepaßt erscheinen. "FamilyPoint Kirchberg".

3. Entwicklung einer Fremdenverkehrsinfrastruktur

Zur Entwicklung einer Fremdenverkehrsregion genügt es nicht, ausreichend Betten aufzustellen. Ganz entscheidend ist, ob sich der Gast in einer Region wohl fühlt, ob die Region Charakter hat, ob sie sich darstellen kann, ob der Gast integriert wird. Neben ideellen Leistungen muß eine Region daher auch eine Fremdenverkehrsinfrastruktur aufweisen, die den Gast beschäftigt, in der er sich wohlfühlt. Die Rhein und Hunsrück Region hat in dieser Hinsicht ein natürliches Potential, daß sich auszubauen und zu verknüpfen lohnt. Sie kann mit einer Vielzahl von Burgen auf warten, sie nennt eine Vielzahl von Kulturdenkmälern ihr eigen und hat nicht zuletzt ihre charakteristische, unverwechselbare Landschaft, die ihresgleichen in Deutschland sucht. Es gilt, den Urlauber an diese Landschaft, an ihre Kulturdenkmäler heran zuführen und neue Attraktionen zu schaffen, die mit dem Ziel des naturnahen und umweltgerechten Urlaubs vereinbar sind. Die im folgenden aufgezeigten Ideen zur Schaffung einer Fremdenverkehrsinfrastruktur sind nur ein kleiner Ausschnitt möglicher Maßnahmen, ein erster Schritt.

a. Bauernhoftierpark.
Eine der größten Attraktionen für Kinder sind Tiere. Dabei ist zu beobachten, daß Stadtkinder Kühe oft nur noch aus der Milkawerbung kennen und einen Hahn, ein Schaf oder ein Schwein noch nie in ihrem Leben gesehen haben. Um eine umwelt- und familienfreundliche Infrastruktur zu schaffen, sollte ein Bauernhoftierpark geschaffen werden, der neben den einheimischen Wildarten wie Reh, Hirsch, Hase, Wildschwein, Fasanen, Rebhühner usw. auch die Haustiere und insbesondere die Nutzvieharten zeigt. Tiere zum Anfassen. Träger eines solchen Bauernhoftierparks könnte der Rhein-Hunsrück-Kreis oder ein/e Private/r sein.

b. Landwirtschaftsmuseum
Gemeinsam mit dem Bauernhoftierpark könnte ein Landwirtschaftsmuseum errichtet werden, in dem über die Gerätschaften und Arbeitsweisen unserer Vorfahren berichtet wird.

c. Bauernmarkt
Ein alternativer Bauernmarkt könnte ein solches Bauernhoftierparkprojckt abrunden.

d. Seeprojekt
Wasser übt nach wie vor eine große Anziehungskraft auf die Menschen aus. Das seit Jahren immer wieder in die Diskussionen kommende Projekt der Schaffung eines Sees auf dem Hunsrück muß verstärkt weiterbetrieben und ernsthaft auf seine Verwirklichungsfähigkeit hin untersucht werden.

e. Ferienkindergarten.
Um familienfreundlichen Urlaub zu gewährleisten, ist die Einrichtung eines Ferienkindergartens in der Verbandsgemeinde Kirchberg zu prüfen. Ziel: Eltern sollen auch einmal ohne Kinder eine Unternehmung durchführen können.

f. Golfplatz.
Der Golfplatz Niedersohren muß verwirklicht werden. Der Golfsport ist dabei, ähnlich wie Tennis, Volkssport zu werden. Diese Entwicklung darf auf dem Hunsrück nicht verschlafen, sie muß gefördert werden.

g. Kleine Attraktionen.
Um eine Fremdenverkehrsregion attraktiv zu machen, genügt es nicht, viel Landschaft vorzuhalten. Die Landschaft muß auch fremdenverkehrsgerecht präsentiert werden. Dazu gehört z. B. eine flächendeckende Beschilderung im Kreis, die auf interessante touristische Ziele hinweist. Dazu gehören das Anbringen der Namen der wichtigsten Weinlagen am Rhein. Dazu gehört die Entwicklung von Zielpunkten, die es sich zu erwandern lohnt. Zum Beispiel die alte Mühle, bei der erklärt wird, wie früher alles funktionierte, oder die Burgruine, bei der gezeigt wird, wie die Verteidigung in früheren Jahren organisiert wurde.

h. Künstlerdorf
Die Idee der Schaffung eines Künstlerdorfes Neuerkirch ist zu verfolgen und unterstützen.

j. Touristikzentrum Loreley
Eine der meistbesuchten touristischen Attraktionen des Rheintals ist die Loreley. Sie ist weltbekannt. Mit diesem Pfund muß gewuchert werden. Die Idee der Schaffung eines Touristikzentrums"Loreley" mit Loreleydenkmal muß geprüft und konkrete Schritte zur Verwirklichung eingeleitet werden.

(Artikel Hunsrückforum Nr. 56 vom Juni/Juli 1993)

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