Klare Worte, ob allerdings Herr Beck, Herr Koch, Herr Posch und Herr Bauckhage das einsehen?

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Kosten verbauen den Weg nach Hahn

Investition von einer Milliarde für Verbindung mit Rhein-Main-Airport notwendig

Der Bau einer Schnellbahnverbindung zwischen den Flughäfen Frankfurt und Hahn ist angesichts der Kosten von einer Milliarde Euro unwahrscheinlich. Das ist das Fazit einer Studie, die Wirtschaftsminister Dieter Posch unter Verschluss hält und die der FR in den Kernaussagen vorliegt. Selbst der Ertüchtigung der alten Hunsrückbahn werden bahnintern kaum Chancen eingeräumt.

Von Wolfgang Schubert

FRANKFURT A. M. "Die schnelle Schiene mag politisch gewollt sein, nur wird sie keiner finanzieren", sagt ein Bahn-Manager, der das Gutachten kennt und das der Minister nicht veröffentlichen will, weil es sich nur um ein "internes Arbeitspapier" handele. "Die Expertise soll unter Verschluss bleiben, weil die Ergebnisse für die Politik verheerend sind", heißt es dagegen bei der Bahn. Dort hält man es inzwischen sogar "für wahrscheinlich, dass es überhaupt keine Schienenverbindung zwischen den beiden Airports geben wird". Aus "fachlicher Sicht jedenfalls gibt es weder eine Begründung für eine Neubaustrecke noch für die Wiederbelebung der Hunsrückbahn", sagt der Bahn-Manager.

Die von den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz bei der Bahn-Tochter DE-Consult Karlsruhe in Auftrag gegebene Studie sollte klären, ob und zu welchem Preis zwischen dem Rhein-Main-Flughafen und dem Airport im Hunsrück eine schnelle Schiene geschaffen werden könnte. Die Rahmenbedingungen: Die Fahrzeit müsse unter einer Stunde liegen, die Strecke für eine Geschwindigkeit von mehr als 160 Kilometer in der Stunde ausgelegt sein, und ab Bingen sollten die Gleise der Rhein-Strecke mitbenutzt werden können.

Die Karlsruher Ingenieure kommen zu dem Schluss, dass eine solche Verbindung machbar ist, allerdings zum Preis von 710 Millionen Euro. Herzstück der rund 115 Kilometer langen Strecke wäre eine neue eingleisige Trasse zwischen Bingen und dem Flughafen Hahn. Von Bingen bis in Höhe Rheinböllen würde das Gleis in einem vier Kilometer langen Tunnel verlaufen und anschließend der Bundesstraße 50 folgen. Am Flughafen Hahn müsste nahe der Passagierterminals ein neuer Bahnhof errichtet werden.

Auf der Neubaustrecke wäre allerdings nur Personenverkehr möglich. Die Vorstellungen der Airport-Manager, Hahn zu einem Frachtdrehkreuz auszubauen und die Güter per Bahn zu verteilen, ließen sich trotz der 710 Millionen-Euro-Investition nicht realisieren. Grund: Der Tunnel hätte eine Steigung von mehr als vier Promille und wäre damit für Cargo-Züge nicht passierbar. Selbst für Personenzüge lässt eine Richtlinie der europäischen Eisenbahnen nur eine Steigung bis 3,5 Promille zu.

Mit den 710 Millionen Euro zwischen Hahn und Bingen ist es nach Einschätzung von Experten der DB Netz in Frankfurt aber "nicht getan". Dort wird auf eine - in anderem Zusammengang erstellte - betriebswirtschaftliche Untersuchung verwiesen, wonach zwischen Frankfurt und Mainz "Mehrverkehr nur durch Schaffung zusätzlicher Kapazitäten durchführbar ist". Mehr Platz auf der Strecke würde den Bau einer neuen Rheinbrücke bei Mainz und den Ausbau der Strecke um ein drittes Gleis bedeuten. Dabei liegt der Schienenstrang schon heute in Kommunen wie Kelsterbach, Raunheim oder Rüsselsheim sehr dicht an der Bebauung.

Selbst wenn dieses technische Problem gelöst werden könnte, blieben die hohen Kosten. Nach Angaben des Frankfurter Bahn-Sprechers Hartmut Lange ist der Schienenstrang Flughafen/ Mainz-Süd 27 Kilometer lang. Pro Kilometer Ausbau, sagt Lange, wird bei DB Netz mit Investitionen von zehn Millionen Euro gerechnet. Für die Brücke mit einer Länge von einem Kilometer müsse das Dreifache angesetzt werden. In der Summe ergäbe sich ein Investitionsbedarf von rund 300 Millionen Euro, der zu den 710 Millionen für die neue Hunsrück-Trasse addiert werden müsste.

Bahnintern wird auf ein weiteres Problem verwiesen. Die Studie habe nur die Schienenverbindung zwischen den beiden Flughäfen untersucht. Tatsächlich gehe es aber nicht um einen Passagiertransport zwischen den beiden Airports, Priorität habe die Strecke als Zubringer von Passagieren aus dem Großraum Frankfurt zum Flughafen Hahn und umgekehrt. "Start und Ziel muss der Frankfurter Hauptbahnhof sein", sagt ein Eisenbahner. Doch da "ist schon heute kein Platz mehr".

Bei einem Investitionsbedarf von einer Milliarde Euro und einem unterstellten Stundentakt sehen selbst die Fachleute in den Wirtschaftsministerien von Rheinland-Pfalz und Hessen keine Möglichkeit, diese Summe aufzubringen. Da es sich bei dem Verkehr "eindeutig um Fernverkehr handelt", müsste der Bund die Finanzierung übernehmen: "Das wird er bei einer Strecke, die immer defizitär bleiben wird, aber nicht tun", sagt ein Ministerialbeamter. Selbst wenn in Zukunft bei einem möglichen Passagieraufkommen von sieben bis acht Millionen auf dem Hahn ein Halb-Stunden-Takt sinnvoll erschiene, würde auch der die Kosten nicht decken.

Bliebe nur die "Kleine Lösung", die Reaktivierung der eingleisigen Hunsrückstrecke, die die Bahn 1999 stilllegen wollte und dank einer Finanzspritze des Landes Rheinland-Pfalz und betroffener Landkreise für Instandsetzungsmaßnahmen an die private RP-Eisenbahn gegangen ist.

Ihr Ausbau für eine Geschwindigkeit von 70 bis 100 km/h - was je nach Anzahl der Stops eine Fahrzeit bis Bingen von 60 bis 75 Minuten ergebe - würde nach einem der FR vorliegenden Positionspapier der Bahn rund 45 Millionen Euro kosten und hätte dennoch ein großes Manko: "Die dadurch erzielbaren Fahrzeiten aus der Rhein-Main-Region zum Hahn stellen allerdings kaum eine Verbesserung gegenüber dem Busverkehr dar." Zwar könnte die Reisezeit durch den Bau einer drei Kilometer langen Verbindung zur Bahnstrecke nach Mainz um 16 Minuten verkürzt werden, doch das würde nach Berechnungen der Bahn-Experten weitere 35 Millionen Euro erfordern.

Zu viel, sagen die Fachleute der Bahn und selbst die der Ministerien.

(Frankfurter Rundschau vom 17.12.2002)

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