Treffender kann man das Strategiepapier und seine Folgen nicht mehr beschreiben!

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Wie Meinung entsteht!

Was man so die allgemeine Meinung nennt, ist, beim Lichte betrachtet, die Meinung Zweier oder Dreier Personen; und davon würden wir uns überzeugen, wenn wir der Entstehungsart so einer allgemeingültigen Meinung sehen können.

So wuchs von Tag zu Tag die Zahl solcher trägen und leichtgläubigen Anhänger: denn hatte die Meinung erst eine gute Anzahl Stimmen für sich; so schrieben die Folgenden dies dem zu, daß sie solche nur durch die Triftigkeit ihrer Gründe hätte erlangen können. Die noch Uebrigen waren jetzt genötigt gelten zu lassen was allgemein galt, um nicht für unruhige Köpfe zu gelten, die sich gegen allgemeingültige Meinungen auflehnten, und naseweise Bursche, die klüger sein wollten als alle Welt. jetzt wurde die Beistimmung zur Pflicht. Nunmehr müssen die Wenigen welche zu urteilen fähig sind, schweigen: und die da reden dürfen, sind, solche, welche völlig unfähig eigne Meinungen und eignes Urteil zu haben, das bloße Echo fremder Meinung sind: jedoch sind sie desto eifrigere und unduldsamere Verteidiger derselben. Denn sie hassen am Andersdenkenden nicht sowohl die andre Meinung zu der er sich bekennt, als die Vermessenheit selbst urteilen zu wollen; was sie ja doch selbst nie unternehmen und im Stillen sich dessen bewußt sind.

Kurzum Denken können sehr Wenige, aber Meinungen wollen Alle haben: was bleibt da anderes übrig als daß sie solche, statt sie sich selber zu machen, ganz fertig von Andern aufnehmen? - Da es so zugeht, was gilt noch die Stimme von hundert Millionen Menschen? - So viel wie etwa ein historisches Faktum, das man in ioo Geschichtsschreibern findet, dann aber nachweist, daß sie alle einer den andern ausgeschrieben haben, wodurch zuletzt alles auf die Aussage eines Einzigen zurückläuft.

(Arthur Schopenhauer)

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