Fliegende "Schrotthaufen" auch auf dem Hahn?

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Absender:

Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn
Kleinich, 12. Februar 1996

An das
Luftfahrtbundesamt
Postfach 3054

38020 Braunschweig


Pilotenvereinigung Cockpit warnt vor "fliegenden Schrotthaufen"
ZDF-Report "Runter kommen sie immer"
Russische Flugzeuge auf dem Flugplatz Hahn


Sehr geehrte Damen und Herren!

In der Reportage "Runter kommen sie immer" hat das ZDF katastrophale Zustande in der russischen Zivilluftfahrt eindringlich beschrieben. Vor "fliegenden Schrotthaufen" warnt die Pilotenvereinigung Cockpit und fordert schärfere Kontrollen von Flugzeugen von Billigfluglinien, die ihren Preisvorteil gegenüber renommierten Fluggesellschaften nur durch mangelhafte Wartung des Gerätes und unzureichende Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen Ihres Personals erzielen können.

Dies trifft in besonderem Maße auf Fluggesellschaften aus Osteuropa, den GUS-Staaten, der Türkei, Afrika und Mittelamerika zu.

Zum Schutze der Bevölkerung und der Passagiere verbietet beispielsweise die USA Landungen von Maschinen aus Ländern, die über keinen ausreichenden Sicherheitsstandard verfügen, wie zum Beispiel aus der Dominikanischen Republik. Ebenfalls auf der schwarzen Liste steht die Türkei. In West-Europa gibt es neben den USA die höchsten Sicherheitsstandards. Dementsprechend hoch sind die Anforderungen an westeuropäische Airlines. Entsprechend schwer haben es Linien aus sogenannten Billigflugländern, mit niedrigen oder keinen Sicherheitsstandards Landerechte in Deutschland und in Westeuropa zu erhalten.

Hier sehen offensichtlich die "Manager" des Flughafens Hahn und die Politik in Mainz die Marktlücke für den "Hunsrück Airport".

In der Öffentlichkeit werden als potentielle Nutzer des Flughafens Hahn besonders russische Fluggesellschaften gehandelt. Darunter sind so wohlklingende Namen wie, Veteranen Airlines, Polise Aero und Besprimernyi. Nicht nur, daß der Hunsrücker Bevölkerung solch dubiose Gesellschaften als wirtschaftlicher Strohhalm hingeworfen werden, die Hahn-Verantwortlichen wechseln die Namen der angeblichen Interessenten wie andere Leute das Hemd. Die Sicherheit der Anwohner und der Passagiere scheint dabei keine Rolle zu spielen.

Sind doch gerade die ca. 450 Nachfolge-Fluggesellschaften der Aeroflot für den katastrophalen Zustand ihres Fluggerätes berüchtigt. Dies wird insbesondere an den vielen Unfällen mit russischen Flugzeugen deutlich, wie z.B. zuletzt in Zaire, wo eine Antonow kurz nach dem Start auf einen Marktplatz stürzte. Ergebnis: 300 Tote.

In der westlichen Zivilluftfahrt ist nicht erst seit der Veröffentlichung von Cockpit bekannt, daß die russische Zivilluftfahrt schwere Sicherheitsprobleme hat. Seit die ehemalige sowjetische Fluggesellschaft Aeroflot in Dutzende von selbständige Regionalgesellschaften (Babyflot) aufgesplittet worden ist, hat sich die Lage ständig weiter verschlechtert.
Insbesondere die russischen Triebwerke entsprechen nach Auffassung von westlichen Experten nicht den internationalen Standards. Weitere schwerwiegende Schwachstellen sind die Navigations- und Steuerungsinstrumente.

Die Flugzeugpark der meisten russischen Fluggesellschaften sind völlig veraltet. Allen Nachfolgegesellschaften der Aeroflot fehlt es an Geld für dringend notwendige Investitionen in neue Triebwerke, Navigations- und Steuerungsinstrumente sowie Sicherheitseinrichtungen. Aus Geldmangel werden die vorgeschriebenen periodische Überprüfungen von Strukturbauteilen nicht durchgeführt. Oft fehlt sogar das Geld für regelmäßige Wartungsarbeiten und für die Erneuerung von vollkommen abgefahrenen Reifen.

Den einen nicht zu vertuschenden und deswegen auch bekanntgewordenen Zwischenfall konnte der "viel beflogene Airport Hahn" bereits verzeichnen. Triebwerksschaden bei einer Antonow 124! Nicht auszudenken für die Ortschaften im Abflugkorridor des Hahn, wem dieser Zwischenfall beim Start in niedrigster Höhe eingetreten und diese Riesenmaschine abgestürzt wäre. Die aufgezeigten Probleme der russischen Fluggesellschaften zwingen uns, Ihnen die nachfolgenden Fragen zu stellen:

  1. Welches Fluggerät wird bei den von der Flughafengesellschaft Hahn umworbenen Fluggesellschaften, wie z.B. der Veteranen Airline und Besprimernjy geflogen.
  2. Welches Fluggerät kommt zur Zeit auf dem Flugplatz Hahn im Frachtflug zum Einsatz?
  3. Stammen diese Fluggeräte aus der Hinterlassenschaft der Aeroflot?
  4. Welche Lärmzertifikate haben diese Fluggeräte?
  5. In welchem Land wurden die Lärmzertifikate erworben?
  6. Ist sichergestellt, das diese Lärmzertifikate nach den gleichen Regeln und Kriterien wie in westlichen Ländern erteilt werden?
  7. Wie alt sind die Fluggeräte der Gesellschaften?
  8. Werden diese Gesellschaften auch nachts auf dem Hahn fliegen?
  9. Ist in der nächsten Zeit mit dem Sofortvollzug der Nachtflugregelung zu rechnen oder werden den Gesellschaften Sondergenehmigungen erteilt?
  10. Werden diese Fluggeräte mit Lärmzuschlägen belegt?
  11. Wenn ja, wie hoch sind die Lärmzuschläge?
  12. Wenn nein, warum werden keine Lärmzuschläge erhoben?
  13. Ist nachvollziehbar und nachprüfbar sichergestellt, daß die Fluggeräte dieser Fluggesellschaften nach westeuropäischen Standards und Sicherheitsbestimmungen gewartet;
    - die Fristaustauschteile der Fluggeräte frist- und sachgerecht ausgetauscht werden/wurden;
    - dieStrukturbauteile der Fluggeräte entsprechend den Bestimmungen der Hersteller regelmäßig überprüft und ausgetauscht werden?
  14. Wer hat dies nachgeprüft und mit weichem Ergebnis?
  15. Wenn nein, warum wurde trotz bekannter Mängel nicht geprüft?
  16. Gehen bei den Starts und Landungen der wahrscheinlich zum Einsatz kommenden Fluggeräte (Tupolew, Iljuschin, Antonow) Sicherheitsgefahren für die Bevölkerung aus?
  17. Sind die Deckungsummen der von den betreffenden Fluggesellschaften abzuschließenden Versicherung ausreichend, um evtl. anfallende Schadenersatzansprüche nach Unfällen nicht nur für Ansprüche in russischer Währung, sondern auch für Schadenersatzansprüche in DM abzudecken.
  18. Wer trägt die Verantwortung bei Flugzeugunfällen mit veralteten und/oder mangelhaft gewertetem Fluggerät?
    Diese Frage wird sich spätestens dann stellen, wenn die Nachforschungen nach dem fast schon vorprogrammierten ersten Flugunfall auf dem Hahn ergeben würden, daß der Unfall auf eines der von uns aufgeworfenen Probleme mangelhafte Wartung, unterlassener Austausch von Strukturbauteilen, Sicherheitsmängel) zurückzuführen ist und evtl. trotz unserer Hinweise nicht sorgfältig genug recherchiert wurde.
  19. Wer trägt hierfür die politische Verantwortung?
  20. Wer trägt die Verantwortung, wenn die wahrscheinlich nach einem Sofortvollzug der Nachtflugregelung vorübergehend zum Einsatz kommenden Fluggeräte (Tupolew, Ilyuschin, Antonow) solch infernalischen Lärm verursachen, daß die Bevölkerung in weitem Umkreis um den Flugplatz Hahn aus dem Schlaf gerissen wird?

Für die Beantwortung der Fragen wären wir Ihnen sehr dankbar.

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