Triebwerkschaden an einer Antonow 124

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Absender:

Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn
Kleinich, 02. Oktober 1996

An das
Luftfahrtbundesamt
Postfach 30 54

38020 Braunschweig


Triebwerkschaden an einer Antonow 124
Unser Schreiben vom 0 1. April 1996
Ihr Schreiben vom 26. Juni 1996, III 5-955.15(B)6/96

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch wir waren wegen eines Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz und den daran anschließenden Sommerferien leider verhindert, Ihnen auf Ihr Schreiben vom 26. Juni 1996 zeitnah zu antworten.

Dafür können wir Ihnen aber jetzt wichtige Informationen zu dem Triebwerkschaden an der Antonow 124 mitteilen.

Hierzu übersenden wir Ihnen eine Kopie des Schreibens des Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz vom 30. Mai 1996. Aus diesem Schreiben geht in aller Deutlichkeit hervor, daß auf dem Flugplatz Hahn an der von uns beschriebenen Antonow 124 tatsächlich ein so großer Triebwerkschaden aufgetreten ist, daß er nur durch einen kompletten Wechsel des Triebwerks behoben werden konnte.

Aufgrund des zuvor angeführten Schreibens erlauben wir uns, Ihnen unsere große Verwunderung über Ihre fehlgeschlagenen Recherchen nach dem Kennzeichen, der Nationalität und des Luftfahrtunternehmen der Antonow 124 auszudrücken.
Wenn es der Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn gelungen ist, Angaben zum Triebwerkschaden an der Antonow von dem uns gegenüber i.d.R. nicht sehr auskunftsfreudigen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz zu erhalten, so müßte es doch auch Ihnen als oberste Kontrollbehörde der Bundesrepublik Deutschland möglich sein, zumindest den gleichen Informationsstand wie wir zu erreichen. Dies insbesondere auch deswegen, da die Frequentierung des Flugplatz Hahn mit Frachtmaschinen eher sehr dürftig ist und zudem nur diese eine Transportmaschine über einen längeren Zeitraum auf dem Flugplatz Hahn abgestellt war, was die genaue Identifizierung sicherlich nicht erschwert.
Mit einem einzigen Anruf bei einem der beiden Geschäftsführer des Flugplatzes Hahn, Herrn Klaus-Dieter Hartmann oder Herrn Jörg Berres hätten Sie bei unterstellter Kooperationsbereitschaft der beiden Herren alle von Ihnen benötigten Daten einholen können.
Warum ist dies nicht erfolgt?

Aufgrund Ihrer Ausführungen ergeben sich zwangsläufig für uns nachfolgende Fragen zur vom Flugplatz Hahn unterlassenen Meldung des Triebwerkausfalles beim Start:

  1. Wer muß die Störungsmeldung bei der Flugunfalluntersuchungsstelle abgeben ?
  2. Welche Fristen sind bei der Abgabe der Meldung einzuhalten?
  3. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der unterlassene Meldung des Triebwerkausfalles?
  4. Welche rechtlichen Konsequenzen hat die unterlassene Meldung für die Verantwortlichen des Flugplatzes Hahn?
  5. Welche Aufgabe hat das Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz sowie die Bezirksregierung in Koblenz im Zusammenhang mit der Abgabe der Meldung über den Triebwerkausfall?

Der gesamte Vorgang des Triebwerkwechsel an der Antonow 124 erscheint uns doch wegen der Umstände sehr merkwürdig.
Während Sie laut Ihrem Schreiben vom 26. Juni 1996 Schwierigkeiten haben, eine einzelne Antonow 124, die wegen einem Triebwerkschaden auf dem Flugplatz Hahn abgestellt ist, zu identifizieren, ergeht sich Staatssekretär Dr. Kuchenbecker vom Ministerium für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland-Pfalz in seinem Schreiben vom 30. Mai 1996 hinsichtlich des Triebwerksschaden lediglich in Beschönigungen, Verharmlosungen und Hinweisen auf Nichtzuständigkeiten.

Wir können uns einfach nicht des Eindruckes erwehren, daß hier von verschiedenen Stellen etwas vertuscht werden soll und die Verantwortlichen sehr wohl wissen, daß die Vorgänge um den Triebwerkswechsel an der Antonow 124 nicht geeignet sind, das Vertrauen in die viel beschriebene Sicherheit im Luftverkehr und in die Kontrollbehörden nachhaltig zu steigern.

Daß die Verantwortlichen alles tun, um die Vorfälle herabzuspielen, ist nachzuvollziehen, denn der Ablauf des Triebwerkswechsels ist unseres Erachtens nicht nach internationalen Regularien erfolgt. Zu diesem Eindruck kommen wir, da nach den uns vorliegenden vertraulichen Informationen der Wechsel des Triebwerks an der Antonow 124 wie folgt abgelaufen ist.

Der Triebwerksschaden an der Antonow ist, wie Staatssekretär Dr. Kuchenbecker richtig beschreibt, zu Beginn des Start-Rollvorganges aufgetreten. Der Start wurde abgebrochen und das Flugzeug in Ermangelung von geeignetem Vorfeld und Hallen in fast unmittelbarer Nähe des Aufsetzpunktes an der Start- und Landebahn abgestellt.
Die Flugzeugbesatzung hat zunächst selbst versucht, das defekte Triebwerk noch in eingebautem Zustand zu reparieren. Nachdem dies scheiterte, baute sie mit einem geliehenen Kranwagen das Triebwerk aus, transportierte es in eine von der Flughafengesellschaft zur Verfügung gestellte Halle und bastelte dort einige Zeit an dem Triebwerk herum. Anschließend wurde das Triebwerk ohne jeglichen Funktions- und Probelauf sowie einer Abnahme durch einen Prüfer wieder eingebaut und ein erneuter Start versucht. Auch dieser Versuch scheiterte an dem immer noch nicht einwandfrei laufenden Triebwerk.

Erst danach wurde um Hilfe im Heimatland (Ukraine) nachgesucht. Da keine neuen bzw. überholten Triebwerke für die Antonow 124 verfügbar waren bzw. sind, mußte zunächst ein noch funktionsfähiges Triebwerk aus einer ausgemusterten Antonow 124 ausgebaut werden, Erst nach mehreren Tagen Wartezeit wurde das Ersatztriebwerk auf den Flugplatz Hahn eingeflogen und in der bereits beschriebenen Nacht- und Nebelaktion in die auf dem Flugplatz Hahn geparkte Antonow 124 eingebaut.

Ob bei all diesen Bastel- und Reparaturarbeiten Mitarbeiter des Flugplatz Hahn beteiligt waren, ließe sich sicherlich durch z.B. eingehendes Befragen des Technik-Crew-Chiefs des Flugplatzes Hahn, Herrn Kurt Kehrein aus Gemünden und seiner Mitarbeiter herausfinden.

Wir hoffen, daß wir Ihnen mit unserem heutigen Schreiben die Informationen zur Verfügung gestellt haben, um Ihnen eine lückenlose Untersuchung des unter merkwürdigen Umständen abgelaufenen Triebwerkwechsels an der Antonow 124 zu ermöglichen.

Im Interesse der Sicherheit der Hunsrücker Bevölkerung in den An- und Abflugkorridoren, der Passagiere und auch der Mitarbeitern des Flugplatzes Hahn können wir nur hoffen, daß sich die beschriebenen Sicherheitsmängel nicht bewahrheiten.

Sollten sich jedoch bei Ihren Untersuchungen die aufgezeigten Sicherheitsmängel bestätigen, erwarten wir von Ihnen ein entsprechendes Vorgehen gegen die Verantwortlichen sowie die Erstellung eines Sicherheitsprogrammes, damit zukünftig Vorfälle dieser Art auf dem Flugplatz Hahn unterbunden werden.
Bitte haben Sie Verständnis, daß wir den gesamten Schriftverkehr zu dem auf dem Flugplatz Hahn unter vermutlich höchst merkwürdigen Umständen abgelaufenen Triebwerkswechsel an einer russischen Antonow 124 interessierten Medienvertretern zur Verfügung stellen werden. Dabei können wir nicht ausschließen, daß unser Informant mit überzeugenden Argumenten durchaus zu einer Aussage zu bewegen sein wird, was unter Umständen zu einem handfesten Skandal für die Verantwortlichen führen könnte.

Mit freundlichen Grüßen

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