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Die Investitionsruine Flughafen Hahn taugt auch nichts für Oligarchen


Von Steffen Fründt
Wirtschaftskorrespondent

Der russische Milliardär Viktor Charitonin möchte den insolventen Flughafen Hahn für 20 Millionen Euro kaufen. Der Oligarch steht bisher auf keiner Sanktionsliste, das Wirtschaftsministerium prüft derzeit die Erlaubnis einer Übernahme.

Das Schicksal eines kleinen Provinzflughafens im Hunsrück verfolgt Robert Habeck gerade bis über den großen Teich. In Washington wurde der Wirtschaftsminister sinngemäß gefragt, ob er es denn in Ordnung fände, wenn sich ein schwerreicher Russe einen deutschen Flughafen unter den Nagel reißt.

"Wir screenen das gerade", wiegelte der Grünen-Politiker ab und kündigte eine mehrwöchige Prüfung des Investitionsvorhabens an. "Es gibt keine Tendenz."

Nach einer langen Hängepartie ist der insolvente Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz plötzlich zu einem Politikum geworden. Denn nachdem sich lange Zeit kein Käufer für Hahn erwärmen ließ bis auf einen chinesischen Investor, der dann selbst pleiteging, hat sich nun ein Käufer gefunden, der angeblich 20 Millionen Euro für die Piste in der Provinz hinblättern möchte.

Doch der Interessent erscheint problematisch. Denn er ist Russe. Viktor Charitonin machte gemeinsam mit Roman Abramowitsch ein Milliardenvermögen mit dem Unternehmen Pharmstandard und hält heute unter anderem die Mehrheit an der Nürburgring-Holding.

Über diese will der Oligarch nun den Flughafen kaufen. Er steht nicht auf der Sanktionsliste, doch das könnte sich auch ändern. Die hessische Landesregierung fordert Habeck bereits direkt auf, die geplante Übernahme zu verbieten.

Betrachtet man die wirtschaftlichen Verhältnisse in Hahn, könnte man allerdings auch zu dem Schluss kommen, dass man den Russen am meisten schaden könnte, in dem man sie in Hahn gewähren ließe. Denn bislang erscheint der Flughafen weniger als wertvolle Infrastruktur denn als politisch protegierte Subventionsruine.

Land investierte dreistelligen Millionenbetrag

Frankfurt-Hahn entstand in den Neunzigern als Nachfolgelösung für einen aufgegebenen Stützpunkt der US-Luftwaffe. Der Wegfall der Fliegerhorste in der Region bedeutete für den Landstrich einen schmerzhaften Verlust an Kaufkraft und Arbeitsplätzen.

Eine abgelegene Region mit wenigen Menschen und wenig Wirtschaftskraft ist zwar genau das, was es nicht braucht, um einen Zivilflughafen profitabel zu betreiben. Dennoch entschied sich das Land genau für diesen Weg und investierte dreistellige Millionensummen.

"Schon damals gab es Stimmen, die sagten, man solle anstelle eines Flughafens besser einen Solarpark bauen", erinnert Heinrich Großbongardt, der das Land damals als Berater in dem Projekt begleitet hatte. Das mit den Solarzellen, sagt er heute, "wäre vielleicht gar keine so schlechte Idee gewesen".

Denn tatsächlich erfüllten sich die hochgesteckten Hoffnungen in Hahn nie. Statt der erhofften 10.000 Arbeitsplätze wurden es selbst in guten Jahren nur 3.000, dann sank deren Zahl wieder. Obwohl die Politik immer wieder Geld nachschoss, brachte die Flughafenbetreibergesellschaft das Projekt nicht zum Fliegen.

Zwar stationierte der Billigflieger Ryanair einige Flugzeuge im Hunsrück, doch zu Konditionen, von denen der Flughafen nicht wirklich leben konnte. Als der Billigflieger in der Corona-Pandemie seine Verbindungen wieder zusammenstrich, stand Hahn ohne Reserven da. Die Insolvenz im Oktober 2021 war keine Überraschung.

Zwar sind auch in Hahn im vergangenen Jahr die Passagierzahlen wieder angestiegen. "Allerdings auf einem sehr niedrigen Niveau", wie Luftfahrtexperte Großbongardt bemerkt. Er ist wenig optimistisch, dass die nun geplante Übernahme, sollte sie denn genehmigt werde, den Flughafen retten könnte.

Ein Standort voller Nachteile

Um im Hunsrück Passagierflugzeuge zu füllen, müssten schon Kunden aus den Einzugsgebieten von Köln-Bonn und Frankfurt abgeworben werden, gegen die Konkurrenz der großen Airports mit ihrem umfassenden Flugangebot. Auch im Cargo-Geschäft, auf das man sich zuletzt vermehrt verlegt hatte, sieht Großbongardt Hahn aufgrund der Marktentwicklungen eher im Nachteil.

So sei Hahn abgeschnitten vom wichtiger werdenden Belly-Fracht-Geschäft, bei dem große Passagiermaschinen von Typen wie der Boeing 777 Frachtgut im Gepäckraum transportieren. Zudem ist der kleine Flughafen viele Kilometer von der nächsten Autobahn entfernt, ein großer Wettbewerbsnachteil gegen Frachtflughäfen mit direkter Autobahnabfahrt wie in Sachsen.

"Hahn ist kein Leipzig 2", sagt Großbongardt. Nach der gescheiterten Übernahme durch den chinesischen HNA-Konzern hat der Insolvenzverwalter hat nun Verträge mit gleich zwei Kaufinteressenten geschlossen. Neben Charitonin soll ein deutscher Immobilienentwickler eine nicht genannte Summe geboten haben.

Ob ein Einstieg der branchenfremden Investoren allerdings für Hahn die Wende bringt, bezweifeln einige. "Ein Konzept, wie die strukturellen Probleme von Frankfurt-Hahn gelöst werden könnten, ist nicht zu erkennen", sagt Großbongardt.

Er glaubt, dass von den 20 Millionen Euro im Falle einer Ministererlaubnis nur die Gläubiger etwas haben würden. "Für den Flughafen Frankfurt-Hahn sehe ich keine dauerhafte Perspektive."

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