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Bodenpersonal am Hahn: Heftige Turbulenzen


Rheinland-Pfalz - Neue Eskalation am Flughafen Hahn: Nachdem der Betriebsrat den Airport-Geschäftsführer Heinz Rethage angezeigt hat und ihm Bespitzelung vorwirft, haben sich jetzt elf Mitglieder der Belegschaft in einem internen Schreiben an Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gewandt. Dem zweiseitigen Brief sind Vermerke, Gesprächsnotizen und Dokumente im Umfang von rund 35 Seiten beigefügt.

Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Im Kern geht es um Mobbing-Anschuldigungen gegen den Vize-Betriebsratsvorsitzenden Jörg Munsteiner. Thema sind aber auch das Klima an dem Hunsrück-Airport und die Politik des einstigen Flughafenmanagements, womit unter anderem Ex-Geschäftsführer Jörg Schumacher gemeint ist.

Klima komplett vergiftet

Das Klima in der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG) scheint total vergiftet. Verdächtigungen kursieren. Alte Rechnungen werden beglichen. Mitarbeiter machen aus ihrem Herzen keine Mördergrube mehr. Besagtes Schreiben ging neben Dreyer auch an Innenminister Roger Lewentz (SPD), Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) und Finanzstaatssekretär und Hahn-Aufsichtsratschef Salvatore Barbaro (SPD).

Die elf Hahn-Mitarbeiter, die namentlich unterzeichnet haben und den Kurs Rethages unterstützen, werfen Betriebsratsvize Munsteiner vor, Mitarbeiter gezielt unter Druck zu setzen. Wörtlich heißt es: "Insbesondere Kollegen, die sich offen zur Neustrukturierung bekennen oder diese tatkräftig unterstützen, werden von ihm rücksichtslos und systematisch gemobbt." Die Unterzeichner des Briefes üben auch Kritik an der Landesregierung: "Umso mehr erschüttert es uns, die Unterzeichner, zutiefst, dass die FFHG und das zuständige Ministerium bislang zur Vermeidung von Schlagzeilen oder aus parteipolitischem Kalkül davon absahen, Konsequenzen aus dem Verhalten des Herrn Munsteiner zu ziehen, der wie kein anderer das alte System repräsentiert."

Munsteiner, der das Schreiben noch nicht kannte, wehrt sich gegen jegliche Mobbing-Vorwürfe. "Ich mobbe niemanden. Und setze auch niemanden unter Druck", erklärte er gegenüber unserer Zeitung. Die vehementen Vorwürfe kommen für ihn "völlig überraschend". Laut Betriebsratschef Thomas Dillmann geht die Unruhe in der Flughafen-Belegschaft nur von "zehn bis zwölf Leuten aus, die sich hinter Geschäftsführer Rethage versammelt haben". Seinen Betriebsratskollegen Munsteiner nimmt er ausdrücklich in Schutz: "Der Jörg hat halt eine direkte Art. Nicht jeder kann damit umgehen, wenn ihm mal die Meinung auf den Kopf zugesagt wird."

In dem Schreiben wird Munsteiner unter anderem mit folgender Aussage zitiert: "Der Rethage ist bald weg. Dann seid ihr aber noch da, und dann bekommt ihr keinen Fuß mehr auf den Boden in diesem Unternehmen. Dafür werde ich sorgen!" Der Betriebsratsvize bestreitet den Wortlaut und will seine Ausführungen eher als wohlmeinende Warnung an interne Quertreiber verstanden wissen: "Ich habe ihnen gesagt, dass sie sich hier gegen alle anderen stellen und sie gefragt, wie sie nachher wieder mit der Belegschaft zusammenarbeiten wollen?" Gemeint ist aus Munsteiners Sicht die (vermeintlich) kleine Rethage-Truppe.

Flughafen-Geschäftsführer Markus Bunk sagt gegenüber unserer Zeitung mit Blick auf alle Anschuldigungen zu: "Wenn es tatsächlich Anhaltspunkte gibt, prüfen wir diese objektiv nach." Am 9. April sind Betriebsratswahlen. Zwei Mitglieder sind inzwischen aus dem Gremium ausgetreten, weil ihnen der Kurs nicht passt. Sie werden zudem verdächtigt, Rethage über Vorgänge im Betriebsrat informiert zu haben.

Bewertung sehr unterschiedlich

Die Bewertung dieser Vorfälle gehen - je nachdem, wen man fragt - von "Kindergarten" bis zu "einer existenziellen Störung des Betriebsfriedens". Georg Wohlleben, der Rechtsanwalt der Arbeitnehmervertretung, betont noch einmal ausdrücklich, dass der Betriebsrat "nie gegen den Sanierungskurs und auch nicht gegen die Aufklärung etwaiger Unregelmäßigkeiten war". Aber das behaupten die Briefeschreiber auch nicht.

Ihnen geht es nur um das Verhalten Munsteiners. Und um das System Schumacher, wie sie es erlebten. Wer nicht auf Linie war, "musste mit Drohungen, Mobbing oder mit härtesten disziplinarischen Konsequenzen rechnen", beklagen sie. Und: "Die wenigen, die Courage und Beharrlichkeit aufbrachten und auf bestehende Missstände und Unregelmäßigkeiten hinwiesen, wurden rücksichtslos und konsequent aus dem Unternehmen entfernt." Dadurch wurde der defizitäre Flughafen ihrer Ansicht nach zum Selbstbedienungsladen: "Die wenigen Personen, die von diesem System profitierten, schufen weitreichende unternehmensschädliche Strukturen und Seilschaften zur Selbstbereicherung."

(Rhein-Zeitung vom 02.04.2014)