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Land will den Pleitegeier vom Hahn fernhalten


Finanzpolster reicht nur noch vier Jahre - Danach ist die Kasse leer

Von unserem Redakteur Dietmar Brück
Rheinland-Pfalz. Der Flughafen Hahn verleiht einer ganzen Region Flügel. Trotz rückläufiger Passagierzahlen. Trotz kontroverser Debatten um künftige Investoren. 10.000 Arbeitsplätze hängen an dem Hunsrück-Fliegerhorst, rechnet das Innenministerium vor. 93,5 Millionen Euro an Bundes-, Landes- und Kommunalsteuern könnte der Staat in den Wind schreiben, würde der Flugbetrieb stillliegen. Im Innenministerium spricht man von 400 Millionen Euro Bruttowertschöpfung, die durch den Flughafen ausgelöst werden. Und doch hat der Hahn ein Problem. Er braucht dringend Geld. Sonst ist er in vier Jahren pleite. Denn länger reichen die Rücklagen nicht.

Im Moment hat die Flughafengesellschaft noch 45 Millionen Euro auf der hohen Kante. 2010 schrieb der Flughafen ein Defizit von 10,8 Millionen Euro. Bleibt das Minus auf diesem Niveau, wäre 2015 der Ofen aus. Die Betreibergesellschaft wäre quasi am Ende. Daher müssen ein oder mehrere Investoren gefunden werden. Der Hahn braucht frisches Geld.

Wachstumstreiber ist die Fracht

Im Innenministerium ist man für alles offen. Auch für weitere Passagierflieger neben dem irischen Platzhirschen Ryanair. Der größte Wachstumstreiber hingegen ist die Fracht. Die Tonnagen schnellen nach oben. Dem Flughafen werden gute Chancen beim Kampf um das begehrte Luftfrachtgeschäft eingeräumt. Das liegt an der 3,8 Kilometer langen Landebahn, auf der auch die geflügelten Riesen landen können. Das größte Pfund aber ist der 24-Stunden-Betrieb. Bislang sind nur 30 Prozent des Nachtflugpotenzials ausgeschöpft. Werden die Nachtflüge am Frankfurter Flughafen über den März 2012 hinaus verboten, geht der Marktwert des Hahns noch einmal kräftig in die Höhe. Schon jetzt haben zig Investoren Interesse. Aus gutem Grund: Immerhin neun zusätzliche Nachtflüge wären am Hahn noch drin, vermuten Fachleute.

Fliegt der Hahn folglich mehr und mehr auf den Frachtbetrieb, muss das Vorfeld ausgebaut werden. Dafür braucht das Land Geldgeber. Parkplätze für Flugzeuge fehlen, ebenso Entladehallen und Verbindungsstrecken zur Rollbahn. Das ganze Paket ist 40 Millionen Euro schwer. Die Frage ist, ob die Grünen einen Ausbau mittragen würden. Der Kampf gegen Fluglärm steht ziemlich weit oben auf ihrer Agenda – auch im Hunsrück.

Im Innenministerium ist man zunächst sorgsam darauf bedacht, bei der Investorensuche nur ja keinen Fehler zu machen. Das Desaster am Nürburgring steckt vor allem der SPD tief in den Knochen. Zudem prominente CDU-Politiker wie Parteichefin Julia Klöckner und der EU-Abgeordnete Werner Langen bereits vor dieser Parallele warnen. Und auch das wachsame Auge der EU-Wettbewerbsbehörde sieht Rot-Grün auf sich gerichtet

Profis suchen Investoren

Im Innenministerium hat man sich daher entschlossen, einer global tätigen Fachagentur oder einer Bank die Suche nach einem Investor zu überlassen. An der internationalen Ausschreibung können sich dann auch die Flughafenmanager beteiligen, die gerne Mehrheitsgesellschafter werden wollen und dafür 25 Millionen Euro bieten.

Derzeit hält das Land 82,5 Prozent am Hahn. 17,5 Prozent gehören Hessen. Rot-Grün ist bereit, einem künftigen Investor die Macht, also die Mehrheit der Gesellschafteranteile zu überlassen. Doch zu welchem Preis?

Der über eine vierspurige B 50 angebundene Hahn ist im operativen Geschäft recht profitabel. 2010 schloss er mit 4,2 Millionen Euro im Plus ab. Was den Flughafen nach unten zieht, sind Zinsen, Tilgungen und Abschreibungen. Gegenwärtig lasten 120 Millionen Euro Schulden auf dem Hahn (davon liegen 40 bis 45 Millionen im Liquiditätspool). Damit wurden einst Gebäude und Landebahn finanziert. Auf diesen Schulden will das Land nicht sitzen bleiben. Sie lassen sich aber auch kaum in Gänze einem künftigen Investor aufbürden, zumal dieser noch Millionen ins Vorfeld stecken soll.

Der Hahn ist ohnehin der einzige Regionalflughafen in Deutschland, der den Schuldendienst und alle Investitionen komplett alleine schultern muss. Von daher würde Einiges dafür sprechen, dass das Land einen Teil der Lasten übernimmt. Doch dieses Eingeständnis ist für Rot-Grün politisch riskant, weil der Steuerzahler zur Kasse gebeten würde. So wartet man einstweilen noch auf den Wunder-Investor, der alle Probleme löst.


Gerüchte reichen von Boris Beresowski bis Michael Schumacher

Ziemlich sicher ist, dass neben den Flughafen-Managern ein deutsch-russisches Konsortium und ein türkischer Investor Interesse am Hahn haben. Dabei handelt es sich wohl um Frachtflug-Firmen. Angeblich gab es zudem einen russischen Investor, hinter dem die Fluggesellschaft "Volga-Dnepr Airlines" steckt. Und Kenner der Szene glauben, dass auch die Frankfurter Fraport irgendwann wieder ihre Fühler ausstreckt.

Dann machen Befürchtungen die Runde, dass der russische Oligarch Boris Abramowitsch Beresowski am Hahn einsteigen will. Angeblich hat der Kreml Interesse an einem Flughafen in der Nähe der US-Basen Spangdahlem und Ramstein. Sollte das zutreffen, wäre Beresowski wohl der falsche Strohmann. Er ist mit der russischen Führung verfeindet. Da käme eher Ex-Spion Alexander Jewgenjewitsch Lebedew infrage, der nicht nur steinreich, sondern auch im russischen Fluggeschäft tätig ist.

Schließlich wird auch Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher als Investor gehandelt.

(Hunsrücker Zeitung vom 26.11.2011)