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von Ulf Brychcy (Sharjah)
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Gleichzeitig aber baut die vom Boom verwöhnte Luftcargo-Branche scheinbar unbeirrt Überkapazitäten auf. Lufthansa-Cargo-Chef Carsten Spohr erwartet, dass allein auf Verbindungen in Richtung Europa bis 2012 bis zu 50 Frachtflieger zu viel in der Luft sein werden. Zum Vergleich: LH Cargo, die weltweit drittgrößte Fracht-Airline, betreibt in Eigenregie 19 Flugzeuge vom Typ MD 11. Dabei zählt Spohr noch nicht einmal die zahlreichen neuen Passagierflugzeuge der Lufthansa und all ihrer Konkurrenten mit, die täglich ebenfalls viele Tonnen Fracht als Beiladung transportieren können.
"Massives überproportionales Angebotswachstum führt zu weiterem Preisdruck", sagt der LH-Cargo-Chef. Zugleich verweigern viele Kunden, wie etwa die weltumspannend tätigen Logistiker Panalpina, Kühne+Nagel, DB Schenker und DHL, reguläre Aufschlagzahlungen bei den Frachtraten. Es reicht ihnen, dass sie über den Treibstoffzuschlag die hohen Kerosinpreise derzeit schon zu einem großen Teil mittragen müssen. Das Schicksal der Spritfresser, die in der Vergangenheit mit ihren alten, abgeschriebenen Maschinen zu Kampfpreisen von Kontinent zu Kontinent flogen, könnte lediglich ein Vorbote sein. Zunächst dürften sich Flugfrachtmarktführer wie Korean Air, Air France-KLM oder eben Lufthansa Cargo darüber freuen, wenn sich die lästige Billigkonkurrenz verabschieden muss. "Das nimmt Druck vom Markt", sagt ein LH-Cargo-Manager merklich erleichtert. Doch auch die etablierten, noch weitgehend krisenresistenten Frachtairlines werden ihre Pläne zum Ausbau ihrer Flotten bald zurückschrauben müssen - umso mehr, da die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten inzwischen kaum noch wächst. Die Frachter lassen sich dann nicht so einfach nach Asien umleiten. Einerseits fehlen den Gesellschaften die Flugrechte, andererseits gibt es beim Transportvolumen ein erhebliches Ungleichgewicht: Flieger sind nur auf dem Weg von der Werkbank Asien zu den Konsumenten nach Europa voll. Auf dem Rückweg hingegen sind sie oft halb leer. Das beeinträchtigt die Rentabilität. So dürfte die Lufthansa-Cargo-Gruppe, zu der auch die Töchter Aerologic in Leipzig, Swiss Cargo in Zürich und Jade Cargo im chinesischen Shenzhen gehören, ihre Flottenpläne abspecken. Bald schon könnte dies bei der mit DHL gemeinsam gegründeten Frachtairline Aerologic passieren. An der Besatzung des Frachters MD 11 liegt es nicht. Flugkapitän Schauenkammer und sein Copilot Kuhlmann sind in Sharjah zehn Minuten früher abgehoben als geplant. Jetzt können die beiden auf ihrem siebenstündigen Flug nach Hongkong, dem weltweit größten Luftfrachtflughafen, das Tempo etwas drosseln. Ersparnis: zwei Tonnen Kerosin. Macht 2000 $. |
(Financial Times Deutschland vom 18.06.2008)