Strikte Ablehnung des Nachtfluges bei den Bürgermeistern rund um Frankfurt (Rhein-Main). - Fast einhellige Begeisterung bei den Bürgermeister über den Nachtflug rund um Frankfurt-Hahn.

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"Werden den täglichen Hurrikan haben"
Kraftvoller Auftritt der Bürgermeister beim Flughafen-Erörterungstermin in Offenbach

OFFENBACH Bürgermeister und Landräte aus dem Rhein-Main-Gebiet haben am Freitag in Offenbach den Abbruch des Erörterungstermins und die Einstellung der Ausbauplanung für den Frankfurter Flughafen gefordert. Die Unterlagen von Fraport seien zudem unvollständig.

Von Markus Lachmann

Der Kreis Groß-Gerau beantragte, das Planfeststellungsverfahren einzustellen. Die von Fraport vorgelegten Unterlagen "konnten in keiner Weise den Nachweis erbringen, dass der Ausbau des Flughafens notwendig ist", erklärte Kreisbeigeordneter Thomas Will. Das von Fraport genannte Ziel von 657000 Flugbewegungen könne "durchaus auch auf dem bestehenden Bahnsystem erreicht werden." Alternativen zur Nordwest-Bahn seien nicht ausreichend geprüft worden, Themen wie Nachtflugverbot, Naturschutz, Absturzrisiko und Fluglärm vernachlässigt worden. "Selten ist in dieser Republik ein Bauvorhaben diesen Umfangs so unzulänglich geplant und so schlecht abgestimmt worden", erklärte Will.

"Wenn weder die Zahl der zusätzlichen Flugbewegungen noch die beabsichtigten Flugrouten feststehen, ist dem Erörterungsverfahren die Grundlage genommen", sagte auch der Rüsselsheimer Stadtrat Jo Dreiseitel. Er nannte das beantragte Nachtflugverbot eine "Mogelpackung".

"In Kelsterbach wäre die Landebahn der tägliche Hurrikan", sagte Bürgermeister Erhard Engisch. Die Stadt verliere ihren Wald "und damit ein Drittel ihrer Gesamtfläche". Er bezichtigte den Flughafenbetreiber der Joblüge. "Es werden so gut wie keine neuen, dauerhaften Arbeitsplätze geschaffen." Die Investition von 3,4 Milliarden Euro sei "volkswirtschaftlicher Unsinn". Flörsheim sei besonders vom Ausbau betroffen, machte dessen Bürgermeister Ulrich Krebs deutlich. Es sei unzulässig, Wohngebiete in Höhen von 240 bis 275 Meter zu überfliegen. Er forderte eine gemeinsame Entwicklung von Flughafen und Region - "nicht gegen die Städte und Gemeinden".

"Auch in Mainz reicht es", stellte der Mainzer Umweltdezernent Wolfgang Reichel fest. Der Ausbau diene der Profilierung des Fraport-Vorstands und privatnützigen Interessen einer Aktiengesellschaft - und nicht dem öffentlichem Interesse. "Am Standort Frankfurt soll Reibach gemacht werden, bezahlen soll es die Region." Er nannte Flüge in den so genannten Randstunden "menschenverachtend" und forderte ein Flugverbot zwischen 22 und 6 Uhr.

"Die Nordwest-Bahn ist die schlechteste aller Lösungen", erklärte Berthold Gall, Landrat des Main-Taunus-Kreises. An Fraport gerichtet sagte er: "Sie reden von 660000 Flugbewegungen, meinen aber in Wirklichkeit 900000 - das weiß doch jeder."

Nach Angaben von Bürgermeister Bernhard Brehl (Mörfelden-Walldorf) fehlen die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen, um den Ausbau zuzulassen. Es stünde bei dem Bauvorhaben eine Fläche von 7,5 Millionen Quadratmeter zur Disposition - diese sei zwei Millionen Quadratmeter größer als die bebaute Fläche von Mörfelden-Walldorf. Brehl forderte, die Obergrenze von 657000 Flugbewegungen und das Nachtflugverbot "zwingend in den Planfeststellungsbeschluss" hineinzuschreiben.

"Als erstes muss das Wohl der Region zählen, dann das des Flughafens", betonte der Hattersheimer Bürgermeister Hans Franssen. Sollte der Planfeststellungsantrag genehmigt werden, sei dies der "Insolvenzantrag der gesamten Region".

"Schon heute ist die Belästigung durch Lärm nicht mehr hinnehmbar", so Angelika Munck, Bürgermeisterin von Hochheim. Kein einziger Grund, der für den Ausbau genannt werde, rechtfertige es, die Menschen noch stärker mit Lärm zu belasten. Richard von Neumann, Bürgermeister der Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg, warnte Fraport: "Wenn sie weiter derart mit den elementaren Problemen wie Lärm umgehen, dann wird der Widerstand der Region noch größer, als er schon ist."

(Wormser Zeitung vom 17.09.2005)

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