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Planfeststellungsbeschluss für die Startbahnverlängerung des Flughafens Frankfurt-Hahn;
Entscheidung über die Einreichung einer Klage der Gemeinde Morbach beim Oberverwaltungsgericht

Gemäß § 22 GemO nimmt das Gemeinderatsmitglied Klaus Benz an der Beratung und Beschlussfassung nicht teil.

Sachverhalt:

Der Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz - Referat Luftverkehr- hat auf Antrag der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH den Plan zur Verlängerung der Start- und Landebahn des Flughafens Frankfurt-Hahn einschließlich der damit verbundenen Folgemaßnahmen festgestellt. In diesem Planfeststellungsbeschluss ist über alle vorgetragenen Einwendungen, Stellungnahmen, Forderungen und Anregungen entschieden worden.
Den zentralen Forderungen der Gemeinde Morbach, insbesondere auf Aufnahme der Ortsbezirke Hundheim, Hinzerath und Wederath ins Nacht-Lärmschutzgebiet, sowie auf Verzicht auf Vorverlegung des Start- und Landepunktes für kleinere Maschinen in Richtung Südwesten hat die Planfeststellungsbehörde nicht entsprochen.
Die Gemeinde Morbach hatte im Planfeststellungsverfahren gefordert, dass bei der Abgrenzung des Lärmschutzgebietes zur Durchführung von passiven Lärmschutzmaßnahmen nicht von einem Richtwert von 13 x 68 dB(A) auszugehen ist, wie im lärmmedizinischen Gutachten zur Vermeidung von Gesundheitsbeeinträchtigungen vorgesehen, sondern von dem strengeren Wert 6 x 67 dB(A), wie dies in früheren gerichtlichen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz festgelegt worden war. Demnach sollten die Ortsbezirke Hundheim, Hinzerath und Wederath mit der gesamten Ortslage in das neue Schallschutzprogramm aufgenommen werden. Der Gemeinderat hatte in seinen Beschluss vom 09.12.2003 den Zusatz mit aufgenommen, diese Forderung erforderlichenfalls auf dem Klagewege durchzusetzen. Darüber hinaus hatte die Gemeinde die im Rahmen der Startbahnverlängerung geplante Verlegung des Start- und Landepunktes für kleinere Maschinen in Richtung Südwesten im Interesse der am stärksten betroffenen Bürgerinnen und Bürger der vorgenannten Ortsbezirke abgelehnt. Beiden Forderungen wurde im Planfeststellungsbeschluss nicht entsprochen.
Die Forderung nach einer permanenten Messstelle in den betroffenen Orten fand nur teilweise Eingang in den Planfeststellungsbeschluss, indem zur Fluglärmüberwachung die Errichtung einer zusätzlichen stationären Lärmmessanlage festgesetzt wurde, deren Standort unter Berücksichtigung der technischen Anforderungen in Abstimmung mit der Lärmschutzkommission durch die Planfeststellungsbehörde festgelegt wird. Der Vorhabenträger ist darüber hinaus verpflichtet, der Planfeststellungsbehörde ein Lärmmesskonzept zur Zustimmung vorzulegen und umzusetzen, in dem Art und Ablauf von dauerhaft durchzuführenden mobilen oder stationären Fluglärmmessungen ausgewiesen werden, wobei die betroffenen Kommunen vor einer Zustimmung der Planfeststellungsbehörde angehört werden.
Den weitergehenden Forderungen des Gemeinderates vom 09.11.2004, die außerhalb der gesetzten Fristen nachgereicht wurden, wurde im Planfeststellungsbeschluss nicht entsprochen.
Der Planfeststellungsbeschluss wurde der Gemeinde Morbach zur Offenlage am 29. Dezember 2004 zugesandt. Der Planfeststellungsbeschluss einschließlich aller ausgefertigten Pläne und Verzeichnisse liegt bei der Gemeindeverwaltung Morbach bis zum 7. Februar 2005 zur allgemeinen Einsicht aus. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt. Gegen den Planfeststellungsbeschluss kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz schriftlich Klage erhoben werden, d. h. bis zum 7. März 2005. Für die Gemeinde Morbach verkürzt sich diese Frist, da der Gemeinde der Planfeststellungsbeschluss als Individualzustellung am 10. Januar 2005 zugestellt wurde. Die Klagefrist endet somit für die Gemeinde Morbach bereits am 10. Februar 2005.
Die Verwaltung hat die Klagebefugnis von der Rechtsanwaltskanzlei Wacker &Kollegen prüfen lassen. Demnach ist die Klagebefugnis mit Berufung auf die Planungshoheit der Gemeinde anzunehmen.



Gemeinderatsmitglied Jutta Decker-Schutz gibt für die Fraktionsgemeinschaft Grüne Liste Morbach folgende persönliche Erklärung ab:

"Am 09.11.2004 stellten wir in der Gemeinderatssitzung den Antrag die Zustimmung zur Startbahnverlängerung zurückzunehmen; dieser Antrag wurde leider abgelehnt. Daraufhin richtete der Gemeinderat weitere Forderungen an den Betreiber des Flughafens Hahn:

- Betrieb des Flughafens nach Bonusliste des Bundesverkehrsministeriums
- Aufnahme von Ortsvorstehern in die Lärmschutzkommission
- Ausweitung der Lärmschutzzone und ständige Lärmmessstellen
- Flugspur und Lärmaufzeichnung online.

Diese Forderungen wurden mit dem Planfeststellungsbeschluss als nicht zu beachten vom Tisch gewischt und ebenso ein Teil der Forderungen aus der Gemeinderatssitzung vom 09.12.2003

- strengerer Richtwert 8 x 67 dB(A) - passiver Lärmschutz für Hinzerath, Wederath und Hundheim
- eine permanente Messstelle für diese Orte
- und die Forderung den Start- und Landepunkt nicht in Richtung Morbach zu verlegen.

Daran erkennt man, wie wenig Gewicht unserer Natur beigemessen wird und den Ängsten in der Bevölkerung um Gesundheit und Eigentum - gegenüber wirtschaftlichen Interessen.

Das Planfeststellungsverfahren nennt vier Gründe zur Rechtfertigung der Startbahnverlängerung; Marktvorteile für Angebote, die zu befriedigende Nachfrage, Interessen der Luftverkehrsgesellschaften und das System mit Frankfurt am Main, d.h. ausschließlich wirtschaftliche Interessen eines Großkonzerns im Lande Hessen?

Die Ereignisse geben uns recht: der Planfeststellungsbeschluss wurde am 29.12.2004 zugestellt und sofort begann man mit der Rodung des Waldes, wohl um Fakten zu schaffen, in einer Zeit, da es durch Urlaub und Feiertage schwierig war einen Richter zu erreichen, um den Sofortvollzug zu stoppen. Des Weiteren wurde Zug um Zug nach dem Planfeststellungsbeschluss für Hahn in Frankfurt am Main der Antrag auf Planfeststellung für die vierte Startbahn gestellt in Verbindung mit einem Nachtflugverbot für Frankfurt.

An den Zahlen, die der Planfeststellungsantrag für den Bau der Startbahnverlängerung auf dem Hahn angibt, zweifelten wir von Anfang an, berechtigterweise, da sie schon jetzt nicht mehr stimmen. Der Planfeststellungsantrag vergleicht den Planungsfall für das Jahr 2015 nur mit dem Prognosenullfall und der geht von einer Startbahnverlängerung von 2.440 m aus mit Null Flügen der Klassen S6 und S7. Tatsächlich werden schon jetzt (ohne Startbahnverlängerung) die Overruns auf beiden Seiten mitgenutzt, das bedeutet eine Startbahnverlängerung von 3.045 m und schon jetzt fliegen fast halb so viele Flugzeuge wie überhaupt erst für den Planungsfall 2015 vorgesehen sind. Wie viele Flieger sollen es denn dann in Wirklichkeit werden, wenn für die neuen 800 m Startbahn 40 Millionen Euro ausgegeben werden? Mit der uneingeschränkten Nachtfluggenehmigung sind Tür und Tor geöffnet.

Und das sich keiner Illusionen macht, man könnte später noch was einfordern, falls es denn doch schlimmer werden sollte. Der Trierische Volksfreund hat vor zwei Wochen ein Urteil des Bundesgerichtshofes veröffentlicht: Ein Anwohner von Köln-Bonn hatte auf Schadenersatz wegen Lärmbelästigung geklagt und vor dem OLG Köln Recht bekommen, der BGH hob das Urteil jedoch mit der Begründung auf - ich zitiere -, das Anlieger ihre Rechte bereits im Planfeststellungsverfahren geltend machen können und damit dem Eigentumsschutz genüge getan sei und weitergehende Ansprüche ausgeschlossen seien'.

Laut Wortlaut der Genehmigung für den Flughafen Hahn aus dem Jahre 1992 gibt es einen Vorbehalt für weitere Betriebsregelungen und Auflagen, wenn die Anzahl der nächtlichen Flugbewegungen mit zivilen strahlgetriebenen Flugzeugen die Zahl 40 übersteigt, nachgebessert vom OVG Koblenz 1997 auf 12 Bewegungen mit Flugzeugen über 150 t MTOW - aber wohlgemerkt, es handelt sich nur um einen Vorbehalt und der verpflichtet zu gar nichts.

Hier soll unsere Region den Marktvorteilen für Frankfurt am Main geopfert werden. Die Möglichkeiten der Bürger sich zu informieren werden von Politikern auf das rechtlich absolut notwendige Minimum beschränkt und die Kommission zum Schutz vor Fluglärm, die dem Schutz der Bevölkerung dienen soll, fand sich im Juni 2003 zum letzten Mal zusammen.

Mit dem jetzigen Stand des Flughafenausbau kann man leben, er beeinflusst unser Leben jetzt schon sehr, vielleicht auch wirtschaftlich positiv, aber man sollte Schaden und Nutzen abwägen und sich fragen, ob man interkontinentale Frachtflüge so uneingeschränkt befürworten darf.

Wir beantragen deshalb, im Sinne der Bürger von Morbach, die Planrechtfertigung für die Verlängerung der Startbahn auf dem Flughafen Hahn um 800 m in Frage zu stellen und auf Aufhebung der gesamten Genehmigung zu klagen.

Außerdem beantragen wir im Wege der Klage neben der geforderten mobilen Lärmmessanlage eine weitere stationäre Lärmmessanlage für den Ortsbezirk Hundheim einzufordern."



Beschlussergebnis (1. Antrag Klage zur Aufhebung der gesamten Genehmigung):
Jastimmen: 1
Neinstimmen: 22
Stimmenthaltungen: 1
Sonderinteresse: 1(Klaus Benz)
Beschlussergebnis (2. Antrag weitere stationäre Lärmmessanlage):
Jastimmen: 2
Neinstimmen: 22
Stimmenthaltungen: 0
Sonderinteresse: 1(Klaus Benz)

Beschluss:

1. Der Gemeinderat erkennt weiterhin die positiven Auswirkungen des Flughafens Hahn auf die wirtschaftliche Entwicklung in der Region an, ist jedoch sehr enttäuscht darüber, dass seiner im Beschluss vom 09.12.2003 formulierten Bedingung, bei der Abgrenzung des Lärmschutzgebietes für den Nachtschutz von einem strengeren Richtwert von 6 x 67 dB(A) auszugehen, nicht Rechnung getragen wurde. Diese Regelung hätte die Akzeptanz des Flughafens in weiten Teilen der Bevölkerung gesteigert, da man hiermit das Bemühen, die Belastungen für die Anwohner auf ein Minimum zu beschränken, nachhaltig hätte unterstreichen können.

2. Da die in besonderem Maße betroffenen Ortsbezirke Hundheim, Hinzerath und Wederath auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses nicht in das Nachtschutzgebiet aufgenommen werden, wird die Verwaltung beauftragt, unter Berufung auf die damit verbundene Einschränkung ihrer Planungshoheit beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz Klage einzureichen mit dem Ziel, dass diese Ortsbezirke in das Nachtschutzgebiet aufgenommen werden.

3. Mit der anwaltlichen Vertretung der Gemeinde wird das Anwaltsbüro Wacker & Kollegen, Morbach, beauftragt.

4. Mit dem Planfeststellungsbeschluss wurde dem Vorhabenträger auferlegt, ein Lärmschutzkonzept vorzulegen. Demnach ist nach Inbetriebnahme der verlängerten Start- und Landebahn u.a. eine weitere stationäre Lärmmessanlage zu errichten und zu betreiben. Seitens des Gutachters wird empfohlen, diese Station in der Ortslage Hundheim zu errichten. Der Bürgermeister wird beauftragt, die diesbezüglichen Verhandlungen mit der Planfeststellungsbebörde und der Lärmschutzkommission dahingehend zu führen, dass die Lärmmessstation grundsätzlich dem Ortsbezirk Hundheim zugesprochen wird, wobei jedoch aufgrund einer größeren Flexibilität anstatt einer stationären Anlage eine mobile Anlage beschafft werden sollte, die der Gemeinde Morbach ganzjährig zur Verfügung gestellt wird und deren Einsatzorte von der Gemeinde vorgegeben werden können.

Beschlussergebnis:
Jastimmen:23
Neinstimmen:0
Stimmenthaltungen:1
Sonderinteresse:1(Klaus Benz)