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Pasta in Pisa oder Zander in Zell?

RZ fragt Hoteliers, ob der Hahn dem Tourismus in der Region belebt - Ryanair sorgt bislang eher für Einbahnstraße in die Ferne

Der Hahn belebt den heimischen Fremdenverkehr - ist sich zumindest die Rheinland-Pfalz-Tourismus GmbH sicher. Mit Zahlen vom Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut will man die positiven Auswirkungen des Flughafens auf die Regionen um den Hahn belegen. Demnach würde auch der Kreis Cochern-Zell profitieren. Die RZ hörte sich bei Hotelbesitzern um.

COCHEM-ZELL. Von Glasgow über den Hahn zum Hotelaufenthalt in die VG Ulmen, von Pisa zum Relax-Wochenende ins Moselhotel oder von Montpellier aus ein Kurztrip ins Zeller Land. Einzelfall oder Dauerzustand?

Stefan Maas, Besitzer des Lutzerather Hotels Maas, ist sich sicher: "Die Entfernung vom Hahn nach Lutzerath ist einfach zu weit. Es fliegt doch auch keiner nach Mailand und fährt in einen 30 bis 40 Kilometer entfernten Ort."

Lieselotte Amicot, Mitinhaberin des Kaisersescher Waldhotels Kurfürst, sieht es ähnlich. Von einer Belebung durch den Hahn sei nichts zu spüren. "Mit 65 Kilometern Entfernung ist der Hahn einfach zu weit weg. Wir haben zwar Geschäftsreisende die über den Hahn kommen, aber die hätten sowieso bei uns übernachtet, weil sie zu hier ansässigen Firmen wollen", erklärt Arnicot. Vielmehr müsse man das Pferd andersherum aufzäumen. "Wir müssen versuchen die Leute im Ausland darauf aufmerksam zu machen, dass der Hahn hier in der Region liegt. Dazu ist viel Aufklärungsarbeit erforderlich", so die Hotelbetreiberin. Und wer soll das machen?" Die touristischen Organisationen, wenn sie zum Beispiel auf Messen sind. Wir können die Informationen lediglich in unsere Prospekte aufnehmen, aber ansonsten werben wir nicht selbst im Ausland", erklärt sie.

Etwas optimistischer sieht Waltraud Laux vom Alfer Hotel Bellevue die Lage: "Langfristig gesehen bringt uns die Nähe zum Hahn schon etwas". Bislang sei allerdings kein deutlicher Zuwachs durch den Hahn zu spüren, "wir hatten höchstens Gäste, die unser Hotel als Zwischenstopp genutzt haben". Das seien dann Deutsche gewesen, die am nächsten Tag ihren Flug ins Ausland angetreten hätten. "Derzeit werden einfach noch zu viele raus- statt reingeflogen", meint Laux. Dieses Phänomen bemängeln viele: Der Hahn lockt auch unheimlich viele Bewohner aus der Region ins Ausland. Immer öfters heißt die Devise: Pasta in Pisa statt Pommes in Pünderich. Und weil die Gürtel derzeit sowieso enger geschnallt werden, kann das Geld nur an einem Ort ausgegeben werden: in Bergamo oder Beilstein.

Elke Zimmer, Betreiberin des Hotels Weißmühle in Cochem, sieht die Lage des Flugplatzes Hahn in der Region dennoch als Vorteil. Bislang sei zwar noch nichts Auffallendes an den Gästezahlen zu spüren, "aber die Angebote werden sicher noch ausgebaut". Inwiefern? "Na ja zum Beispiel Pauschalreisen an Mosel und Rhein, bei denen die ausländischen Gäste über den Hahn anreisen können", erklärt Elke Hahn.

Aber wer soll diese Angebote mit entsprechender Werbung machen? "Da sind die Verkehrsämter gefordert. Wir als einzelner Betrieb können da wenig erreichen", meint Marlies Bell, Inhaberin des Kardener Schloßhotels Petry. Auch bei ihr ist durch den Hahn kein einziger Gast hinzugekommen. "Wir hatten lediglich Stammgäste, die dann dieses Mal über den Flugplatz Hahn gekommen sind ", erklärt Bell. Dennoch sieht sie die Lage positiv: "Wir haben noch jede Menge Potenzial. Die Region hat so viel Schönes zu bieten, von Cochem über Beilstein bis Treis-Karden".

Um auf die vielen Attraktionen im Kreis aufmerksam zu machen und die Nähe zum Hahn zu nutzen, ist Helmut Dehren, Betreiber des Mosel-Sternhotels, schon bis nach Schweden gereist. "Bislang können wir die Gäste, die pro Jahr zusätzlich über den Hahn ankommen, noch an zwei Händen abzählen. Aber da ist sicher noch etwas zu machen ". Eine Werbeaktion, wie er sie in Schweden in Tourismusbüros gemacht hätte, wirke nicht von heute auf morgen. " Hinzu kommt das Problem, dass Ryanair nicht fest buchbar ist. Zudem sind die Flüge im Ausland wegen der unterschiedlichen Preise schlecht über ein Reisebüro zu buchen" berichtet Dehren von seinem Besuch in Schweden. Also kein Aufschwung? "Ich bin mir sicher, dass Ryanair nicht allein am Hahn bleibt und dann sieht die Lage wieder anders aus. Ob man dann davon leben kann, ist wieder eine andere Frage."

Kerstin Dillmann

(Rhein-Zeitung vom 19.04.2004)