Leiser wird es deswegen nicht! Zurück zur Übersicht

drucken

Mit Richtmikrofon, Radar und Meßkurven können Belästigungen jetzt ganz genau festgestellte werden
Fluglärm Hahn: Wie laut war`s denn nun?
Eine hochmoderne Meßstation ermittelt Beeinträchtigungen der Anliegergemeinden des Hunsrück-Airports

FLUGHAFEN HAHN. GLA. Ein ganz normaler Tag in Oberkleinich: Auf der Straße lacht kein Kind, kräht kein Hahn und fährt auch kein Traktor vorbei. Die Meßkurve liegt bei paradiesischen 42 bis 52 Dezibel. In diese Ruhe schraubt sich anschwellender Lärm, dröhnt vorüber, schwillt wieder ab: Ein Flugzeug vom Hahn.

Wie stark werden die Anliegergemeinden des Flughafens Hahn von Fluglärm beeinträchtigt? Diese Frage kann jetzt ganz genau beantwortet werden. Der Flughafen hat eine der modernsten Lärm-Meßstationen der Bundesrepublik in Betrieb genommen.

Automatisch zuordnen

Eine knappe Million Mark hat die Anlage gekostet, die sofortige Zuordnung von Lärmereignissen zu möglichen Flugbewegungen ermöglicht. Sie könnte auch prüfen, ob die Flugzeuge die vorgegebene Route genau einhalten. Dies zu tun, wird dem Hahn von der Deutschen Flugsicherungs GmbH (DFS) aber verboten, weil es sich um "schützenswerte Daten" handelt.

Es gibt vier feste und zwei mobile Meßstationen: Auf dem Gasthaus im Bahnhof Hirschfeld sowie auf den Dächern der Gemeindehäuser Oberkleinich, Hahn und Würrich sind Richtmikrofone installiert. Die sammeln in einem Umkreis von zwei nautischen Meilen (3,9 Kilometern) Lärmereignisse und stellen daraus Meßkurven her.

Nachts werden die Daten automatisch zur Zentrale auf dem Flughafen übertragen, wo Diplom-Ingenieur Udo Klaas sie auswertet. Außer solchen Auswertungen ist die Anlage praktisch wartungsfrei. Sie könnte noch um bis zu vier Feststationen erweitert werden. "Das haben wir aber nicht vor", sagt der Geschäftsführer und verweist auf die mobilen Geräte: "Mit ihnen ist es möglich, an und sogar in jedem Haus Lärmfragen zu klären. Wir können genau ermitteln, ob Anspruch auf Zuschüsse für lärmdämmende Maßnahmen bestehen."

Mit lärmdämmenden Maßnahmen soll erreicht werden, daß bei geschlossenen Fenstern innerhalb des Hauses 55 Dezibel nicht überschritten werden. Zum Vergleich: Ein mit ruhiger Stimme geführtes Gespräch wird mit einer Lautstärke von 65 Dezibel angegeben, ein vorbeifahrender Traktor erreicht etwa 90, ein militärischer Tiefflieger in 150 Metern Höhe 105. Der Meßwert Dezibel erhöht sich in Potenzen. Je höher der Lärmwert, desto wichtiger werden also schon ganz kleine Veränderungen.

Laute Antonov

Zurück zum Hahn-Umland: In Hirschfeld ist es selten ganz ruhig; die Hunsrückhöhenstraße stört. Meist schwanken die Lärmbewegungen zwischen 50 und 60 Dezibel, erreichen Höhepunkte um 80. Am 14. August um 6.13 Uhr weist die Meßkurve plötzlich 98,5 Dezibel auf: "Das war die Antonov 124", sehen sich Klaus-Dieter Hartmann und Udo Klaas an. "Die ist wirklich laut. Nachts könnten wir sie auch mit Lärmschutzmaßnahmen und bei dauerhafter Nachtfluggenehmigung nicht hochschicken." Aber nachts dürfte die Antonov ohnehin nicht starten: Sie ist eine sogenannte "Kapitel 2"-Maschine, gehört also zu den lauteren Fluggeräten.

Am Samstag erwartet der Hahn die Concorde. Dieses Überschallflugzeug ist eines der schnellsten, sondern auch der lautesten Fluggeräte der Welt: Es erreicht beim Start, Werte um 118 Dezibel.

Noch ein Hinweis an mögliche Beschwerdeführer: Der Hahn ist nicht verpflichtet, an Bürger Daten herauszugeben. Wenn er es tut, dürfen Flugbewegung und Flugzeugtyp genannt werden, aus Datenschutzgründen aber nicht die Airline.

(Hunsrücker Zeitung vom 22.08.1996)