Waren Methoden der "Bürger für Hahn" unseriös?

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291,5 Prozent Hunsrücker sind gegen den Nachtflughafen Hahn

So könnte das Ergebnis einer Meinungsumfrage aussehen, wenn man diese ebenso unwissenschaftlich durchführte, wie dies unlängst von den "Bürgern für Zivilflughafen Hahn" getan wurde.

Waldemar König, häufiger Begleiter von Frau Marita Sehn, MdB (FDP), und Organisator dieser Umfrage hat sich - so jedenfalls seine Darstellung - von dem Infas-Meinungsforschungsinstitut in Bad Godesberg "beraten" lassen. Sein Ergebnis lt. Hunsrücker Zeitung vom 15.9.93 : 91,5 Prozent sind für den Flughafen.

Wenn man nun die Vorgehensweise von König durchleuchtet, stellt man fest, daß hier unseriös - ob mit oder ohne Absicht, das sei dahingestellt - gearbeitet wurde.

Zu kritisieren ist bereits die Unkorrektheit der Fragestellung, die den Nachtflug bewußt aussparte. "Sind Sie für oder gegen den Zivilflughafen Hahn nach den Plänen der Landesregierung?", so lautete die Frage.
Wie hätte die Antwort wohl ausgesehen bei einer Frage: "Ist es Ihnen gleichgültig, wenn Sie mehrmals in der Nacht geweckt werden?"

Von den 1401 befragten Personen stammen 570 aus Moselgemeinden, die vom Fluglärm praktisch kaum tangiert werden. Man hätte ebensogut 570 Personen aus Hamburg befragen können! Dank Königs - von ihm selbst gelobten "Zufallsprinzip" - blieb es ihm erspart, wichtige Orte in der Einflugschneise mit in seine Befragung einzubeziehen. So wurden Orte wie Hahn, Würrich, Belg, Hirschfeld, Bahnhof Hirschfeld, sowie Hundheim und Hochscheid und andere überhaupt nicht befragt!

Meiner Kritik schließt sich auch das Infas-Meinungsforschungsinsfitut, bei dem Herr König sich hat "beraten" lassen, an. Nachstehend wörtliche Auszüge aus dem Antwortschreiben des Infas-Instituts an mich :

Es ist nicht zutreffend, daß sich Herr König von Infas hat "beraten" lassen und daß von Infas "keine Beanstandungen am Vorgehen bei der Telefon-Umfrage" gekommen seien. Richtig ist vielmehr, daß Herr König zweimal bei einem Mitarbeiter der Abteilung Statistik unseres Instituts angerufen und dabei eher allgemeine Fragen zu Problemen wie Stichprobengrößen, Repräsantativität etc. gestellt hat.

Dabei wurde er darauf hingewiesen, daß eine Auswahl der zu befragenden Personen aus dem Telefonbuch anhand zufällig ausgewählter Anfangsbuchstaben im Hinblick auf die Repräsentativität nicht optimal, aber möglicherweise gerade noch hinzunehmen sei. Bei der ganz entscheidenden Frage aber nach der Auswahl der Stichprobenpunkte, also der Gemeinden, in denen gefragt werden soll, war von seiten Herrn Königs nicht davon die Rede, daß seinerseits eine Auswahl der Gemeinden ebenfalls nach deren Anfangsbuchstaben beabsichtigt sei.

Wir hätten dieses Verfahren auch nicht gutheißen können.Herr König wurde von unserem Statistiker im Gegenteil unaufgefordert darauf aufmerksam gemacht, daß eine Repräsentativität der Stichprobenbildung gerade in einer solchen Frage auch entscheidend davon abhängt, inwieweit die unterschiedliche Entfernung der Stichprobenpunkte vom Streitobjekt berücksichtigt ist. Dies ist aber mit dem "Auswahlverfahren", wie es in den beigefügten Zeitungsartikeln beschrieben ist, nicht sichergestellt."

Trotz dieser Bedenken scheute sich Herr König nicht, seine Umfrage als repräsentatives Ergebnis in mehreren Zeitungen zu veröffentlichen, allerdings erst nach der Absicherung, daß der Begriff "Meinungsumfrage" juristisch nicht geschützt sei (er also nicht belangt werden könne).

"Die Aufgabe von Meinungsbefragungen kann es nicht sein", so schreibt Infas weiter, "Informationsstände in der Bevölkerung zu korrigieren, genausowenig wie sie als Ersatz für eine demokratische Willensbildung benutzt werden sollten. "

Dieser Meinung werden sich sicher viele Bürger anschließen! Anders jedoch Herr Schlickmann von der Hunsrücker Zeitung : Sein Demokratieverständnis gipfelt darin, daß er den Hunsrücker Flughafengegnern nahelegt "dem Hunsrück den Rücken zu kehren", nachzulesen in seinem Kommentar vom 15.9.1993.

(Original-Brief von infas liegt der Redaktion vor.)

(Artikel Hunsrückforum Nr. 58 vom Januar 1994)

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