Grenzwerte im Fluglärmgesetz müssen deutlich gesenkt werden!

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Experten rügen Fluglärmgesetz

Grenzwerte zu hoch, um Anwohner ausreichend zu schützen

Von Matthias Bartsch

Die Grenzwerte im Fluglärmgesetz müssen deutlich gesenkt werden, um die Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zu schützen. Zu diesem Ergebnis kommt ein "Hintergrundpapier" des Umweltbundesamtes, in dem nach Angaben der Verfasser der aktuelle Forschungsstand zum Thema Fluglärm-Wirkung zusammengetragen ist.

WIESBADEN, 11. Oktober. Das Papier stützt die Forderung von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) nach einer deutlichen Grenzwertsenkung. Das Gesetz von 1971 erlaubt in Wohngebieten noch immer eine Dauerschallbelastung bis 75 Dezibel. Nach Angaben des Bundesumweltamtes (UAA) ist damit "nicht einmal der Schutz vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen sichergestellt".

Die UBA-Experten kommen zu dem Ergebnis, dass der Grenzwert aus medizinischer Sicht tagsüber um zehn bis 15 Dezibel niedriger liegen müsste. Nachts müsse der Dauerschallpegel maximal auf 55 Dezibel begrenzt werden, besser auf 50. Oberhalb dieser Werte seien "Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erwarten", verursacht durch die erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen und durch die Verkürzung der Schlaf- und Tiefschlafphasen.

Die Autoren weisen darauf hin, dass die Grenze zu einer "erheblichen Belästigung" noch deutlich niedriger liege: bei 55 Dezibel tagsüber und 45 Dezibel nachts. Wie sich eine solche dauerhafte "Belästigung" gesundheitlich auswirken könne, sei kaum erforscht. Allein am Frankfurter Flughafen leben rund 220 000 Menschen unter einem Fluglärm-Dauerpegel von mindestens 60 Dezibel.

Das Bundesimmissionsschutzgesetz verpflichte die Behörden, "erhebliche Belästigungen" abzustellen, meinen die UBA-Autoren. Deshalb müssten Wohnungen bei Fluglärmwerten von mehr als 55 Dezibel tagsüber und 45 Dezibel nachts durch Lärmschutzeinbauten geschützt werden. Gleichwohl könnten noch Entschädigungen für die beeinträchtigte Nutzung von Garten und Balkon nötig werden. Bei Fluglärm-Werten ab 65 Dezibel tagsüber und 55 Dezibel nachts seien die Gebiete "grundsätzlich zum Wohnen ungeeignet".

Das Papier kann kostenlos beim Bundesumweltamt (Postfach 33 00 22, 14191 Berlin) bestellt oder im Internet heruntergeladen werden. (Umweltbundesamt)

(Frankfurter Rundschau vom 12.10.2001)