Gleiches dürfte auch für die Gebühren von Ryanair in Hahn gelten. Dort gibt es auch eine sogenannte "Government Tax", d.h. auch eine Steuer, die in keinem der Steuergesetze steht!!

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Das Rätsel der 19,50 Euro

Auf Expansion fixiert: easyJet-Vorstandschef Ray Webster braucht Passagiere - um jeden Preis.

LUFTVERKEHR / Der Fall easyJet und Dortmund: Wo landen bei Null-Euro-Tickets eigentlich Steuern und Gebühren?

DORTMUND. Ray Webster glaubt zu wissen, wie man gut fliegt. Luftfahrt, verbreitete der Chef des größten europäischen Billigfliegers easyJet kürzlich, "funktioniert über den Preis". Und der wird im Idealfall so gestaltet, dass von Preis keine Rede mehr ist. Für "0,00 Eurolein", bewirbt easyJet ab Dortmund sechs europäische Ziele. 50 000 Passagiere, die zwischen 8. November und 26. März mal nach Rom oder Paris fliegen wollen, zahlen demnach nur 19,50 Euro, wörtlich: "19,50 Euro Steuern/Gebühren". Doch, welche Steuern? Welche Gebühren? Und vor allem, wofür? Die Antworten auf diese Fragen funktionieren bei easyJet und Flughafen Dortmund keineswegs reibunglos.

Die Londoner easyJet-Zentrale erklärt auf Nachfrage, dass es sich bei den 19,50 Euro um 6,50 Euro Kreditkartengebühr und 13 Euro für eine "Dortmunder Flughafensteuer" handelt. Flughafensteuer? Nein, erklärt daraufhin Oliver Kurtz, Sprecher des Dortmunder Flughafens, bündig; da müsse ein sprachliches Missverständnis vorliegen. Eine Flughafensteuer gebe es nicht; das suggeriere ja, dass Geld an den Flughafen Dortmund fließe. Das aber, erklärt Kurtz, sei nicht der Fall. "Wir sehen von diesen 19,50 Euro keinen Cent." Bei dieser Auskunft bleibt Kurtz auch auf mehrfaches Nachfragen und nach Rückversicherung im Hause. Seine abschließende Auskunft zum Problem der 13 Euro: Es handele sich um "Steuern", die dem Land NRW zufließen, darunter 4,97 Euro für die so genannte Flugsicherungsgebühr.


Eine Steuer, die keiner kennt


Eine Nachfrage beim zuständigen Verkehrsministerium NRW bringt indes neue Fragen. Zwar gibt es tatsächlich seit den Anschlägen vom 11. September einen Aufschlag, der die straff angezogenen Sicherheitsaktivitäten rund ums Fliegen bezahlbar machen soll; eben jene Flugsicherungsgebühr in Höhe von 4,97 Euro pro Passagier. Was aber die jetzt noch fehlenden und angeblich die Landeskasse füllenden 8,03 Euro angeht, reagieren die Fachleute vom Amt sarkastisch. "Wir hätten eine solche Steuer gerne", sagt ein Ministerialer, "aber leider gibt es sie nicht". Ebenso achselzuckend reagieren weitere Leute, die es wissen müssten, so bei der Lufthansa ("Was soll das sein?") und beim Flughafen Düsseldorf. "Nie gehört", sagt dessen Chef Rainer Schwarz.

Damit bleibt die Frage: In wessen Kassen landen die ominösen 8,03 Euro? Sind damit womöglich normale Startentgelte gemeint, die an allen Flughäfen von allen Fluggesellschaften zu zahlen sind? Nein, sagt Oliver Kurtz noch einmal kategorisch, das liefe nebenher. Ein Nein, dessen Wucht Sinn macht. Die auf Billigflieger zugeschnittenen Entgelte in Dortmund sind eines der best bezankten Themen der Luftfahrt, bei dem sich der hoch defizitäre Flughafen mit Lufthansa, Air Berlin und weiteren Branchen-Größen streitet. Die im Internet nachlesbare Entgeltordnung der Westfalen ("Neres") unterbietet dabei bundesdeutsche Standardsätze um das Fünffache, bietet easyJet kostenlos jede Menge Dienstleistungen und ein offizielles Entgelt pro Passagier von fünf Euro; Air Berlin und Lufthansa glauben sogar, von netto zwei Euro.

Ob nun aber zwei oder fünf - acht sind es keinesfalls. Und wie es zu werten wäre, wenn easyJet 8,03 vom Passagier verlangt, in Wirklichkeit aber nur zwei oder fünf Euro davon abführt, sagt Otmar Lell vom Bundesverband der Verbraucherzentralen: "Irreführender Wettbewerb". Oder anders ausgedrückt: Was ein Anbieter Gebühr nennt, darf er nicht in seine eigene Tasche stecken - selbst wenn er die eigentliche Dienstleistung verschenkt.


Verbraucherschützer sind alarmiert


Ohnehin sind die Verbraucherschützer allmählich auf die Praktiken im Billigflugmarkt und die Gebührengeschenke kleiner Flughäfen aufmerksam geworden. Nicht nur easyJet, auch Konkurrent Ryanair wirbt mit angeblichen Null-Euro-Tickets nach gleichem Strickmuster: plus Steuern und Gebühren. Und auch Ryanair erklärt seinen Kunden nicht, was sie da bezahlen. In der Bundeszentrale der Verbraucherverbände brüten bereits Juristen und Wirtschaftsfachleute über die einschlägigen Anzeigen. Die Maßgabe, sagt Lell, muss sein, dass "für den Kunden erkennbar ist, was dem Unternehmen zufließt und was Flughäfen oder der Staatskasse". Im Fall easyJet und Dortmund sei das nicht möglich.

Damit nicht genug. Selbst die scheinbar unstrittige Kreditkartengebühr ist alles andere als das. Dass der Kunde einen Aufschlag dafür berappt, dass er mit Karte zahlt, bei Buchung via Internet zahlen muss, sei "nicht akzeptabel", sagt Hans-Benno Preller, Direktor von Visa Europe im NRZ-Gespräch. Da werde "auf dem Rücken der Karteninhaber" ein Preiskrieg geführt, sagt Preller, ein Umstand, den auch Mitbewerber Mastercard beklagt - bislang ohne Handhabe. Dabei sind derartige Aufschläge Visa-Akzeptanzstellen in Deutschland sogar verboten. Als britische Gesellschaften umgehen Ryanair und easyJet solche Bestimmungen aber bewusst, Gespräche mit beiden Airlines verliefen "überaus zäh", weiß Preller. "Die schlüpfen durch die Maschen des EU-Rechts."

Preller findet das noch aus einem anderen Grund ärgerlich. Die Kreditkartengebühr für Billigtickets sei nicht nur in der Sache, sondern auch in der Höhe "inadäquat". Gemessen an den sonst üblichen Händler-Margen bei Kreditkartennutzung, müsste ein Ticket schon 200 bis 250 Euro kosten, um einen Aufschlag von 6,50 Euro zu rechtfertigen... (NRZ)

17.10.2004 DETLEF SCHÖNEN

(NRZ vom 17.10.2004)

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