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Hoch lebe das Vorurteil!

Markus Lorenz zur "Zivilisation" in Süddeutschtand

So - jetzt kommen Sie mal ganz langsam von ihrem Baum heruntergekrabbeit. Keine Bange, das Bärenfell dürfen Sie getrost anbehalten und die Keule nimmt ihnen auch keiner weg. Sie wundern sich? Sie bevorzugen für gewöhnlich eher den Ledersessel, tragen lieber Jeans und surfen im Internet, statt im Wald Beeren zu sammeln? Dann entsprechen Sie so ganz und gar nicht dem Bild, das süddeutsche Kollegen vom gemeinen Hunsrücker haben. Denn die Münchner haben - immerhin! - den Hunsrück entdeckt. Der liegt, zumindest laut Zeitungsartikel, Mitten im Nirgendwo. Wen wundert es da noch, dass bei Rheinböllen das Radio der Kollegin zu rauschen beginnt. Von RDS haben die Bajuwaren anscheinend noch nichts gehört. Muss schon schlimm sein, wenn man sich als Städter - ohne Radio - in einer "baumlosen, dünn besiedelten Steppe" verirrt. Das Leben kann so hart sein! Bei "Büschenberg" (gemeint war wohl Büchenbeuren) haben die Süddeutschen dann - wer suchet, der findet - den Flughafen Hahn entdeckt. Dort "weht ein eisiger Wind, Markenzeichen der Gegend", der die Reisenden "Trost in der Fremde" suchen lässt. Aber immerhin: Über die Landstraße gelangt man schnell aus dem Nirgendwo zurück in die Zivilisation". Zivilisation? So nennt man das - glaube ich - wenn um 11 Uhr weiße Würstchen "gezutzeit" werden, wenn sich erwachsene Menschen mit der Innenseite ihrer Handflächen im Sekundentakt auf die Schenke[ schlagen, Männer in kurzen Hosen aus Leder herumlaufen und nach dem dritten Bier - Pardon: Maß - irgendwelche Juchhu" Geräusche absondern. Ich jodel' auf die "Zivilisation" und krabbeie jetzt ganz schnell auf meinen Baum zurück ...

(Hunsrücker Zeitung vom 09.10.2002)

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