Welche Billigflieger mag wohl die Forderungen nach 2 Euro je Passagier gestellt haben?
Also wir haben da unsere Vermutung!

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Billigflieger meiden Hamburg
Warum Ryanair und Co. lieber von anderen Flughäfen starten - aber Fuhlsbüttel dennoch Erfolg hat.

Von Volker Mester

Hamburg - Billigfliegen ist zum neuen Volkssport geworden. Doch Hamburger müssen dazu meistens auf andere Flughäfen ausweichen - um Fuhlsbüttel machen fast alle der neuen Niedrigpreisanbieter einen Bogen. Zwar gibt es auch von Hamburg aus Billigflüge, zum Beispiel mit dem "City Shuttle" des Ferienfliegers Air Berlin nach London-Stansted und mit der Deutschen BA nach München. Mit einer Verbindung nach Köln/Bonn ist Hapag-Lloyd Express aber die einzige "reinrassige" Billiglinie in Fuhlsbüttel.

Die Hochburgen der Niedrigpreisspezialisten liegen woanders. Neben Köln/Bonn, wo Germanwings und Hapag-Lloyd Express ihre Flugbasis eingerichtet haben, sind es Hahn im Hunsrück als deutscher Ryanair-Knotenpunkt und bald auch Hannover, wo Hapag-Lloyd Express ein zweites Drehkreuz einrichtet. Selbst Lübeck hat demnächst immerhin zwei Ryanair-Routen - nach London-Stansted und Mailand-Bergamo - im Flugplan.

Weil seit dem 11. September 2001 die Billigflieger der einzig wachsende Bereich der Branche sind, ist unter den deutschen Flughäfen ein Wettlauf um diese Kunden ausgebrochen. Auch mit hohen Preisnachlässen, und da will Fuhlsbüttel nicht mitmachen. Ausgetragen wird der Wettbewerb nicht zuletzt über die Landegebühren, die den Airlines in Rechnung gestellt werden.

"Diese Gebühren sind ein ganz entscheidender Faktor im Niedrigpreissegment", sagt Herbert Euler, Sprecher von Hapag-Lloyd Express. Nach Angaben der Berliner Fluggesellschaft Germania machen die Landegebühren bei einem innerdeutschen Flug von einer Stunde mit 3100 Euro fast die Hälfte der gesamten Kosten (6700 Euro) aus. Dabei richten sich die Gebührensätze nach Preiskatalogen, die von den Landesregierungen genehmigt werden müssen. Als besonders teures Pflaster für Fluggesellschaften gelten Frankfurt, München und Düsseldorf, Hamburg liegt im Mittelfeld. Hier kosten Landung und Start einer Boeing 737, wie sie etwa Hapag-Lloyd Express einsetzt, insgesamt rund 2600 Euro.

Nur sagen die offiziellen Preiskataloge nicht die ganze Wahrheit. Warum das so ist, erklärt Stefanie Koall, Sprecherin des Hamburger Flughafens: "Einen Teil der Gebühren bekommen die Airlines in manchen Fällen über Marketinggutschriften zurückerstattet."

Das gibt der Geschäftsführer des Flughafens Köln/Bonn, Michael Garvens, freimütig zu: An den 15 Millionen Euro, die Germanwings in die Werbung stecke, "haben wir uns in angemessener Weise beteiligt".

Wie weit die Billigflieger in ihren Forderungen gehen, zeigt dies: In Leipzig habe einer von ihnen vom Flughafen sogar noch zwei Euro pro Passagier verlangt, anstatt Gebühren zahlen zu wollen, heißt es in der Branche. Als besonders harter Verhandlungspartner ist Ryanair bekannt: Die EU hat gerade ein Prüfungsverfahren gegen den staatlichen belgischen Flughafen Charleroi eingeleitet, der den Iren Nachlässe von drei Millionen Euro eingeräumt haben soll.

An dieser gezielten Rabattpolitik will sich der Hamburger Flughafen nicht beteiligen: "Sonst würden schnell andere Fluggesellschaften sagen: "Wir wollen auch weniger zahlen", meint Stefanie Koall. Die Gebühren würden ins Rutschen kommen. Die Folge: "Was die Fluggesellschaften sparen, müssen die Steuerzahler tragen" - wenn die meist öffentlichen Flughäfen dann Verluste schreiben. Für den Hamburger Airport hat es sich bisher ausgezahlt, standhaft zu bleiben: "Wir sind einer der wenigen Flughäfen, die noch Gewinn machen."

Ganz im Gegensatz zu Köln/Bonn. Durch den Regierungsumzug nach Berlin ist ein großer Teil des Verkehrs weggebrochen. Im Jahr 2002 hoben fünf Millionen Passagiere in Köln/Bonn ab, die Terminals sind aber für zwölf Millionen ausgelegt. Weil mehrere Fluggesellschaften nach Düsseldorf abgewandert sind, haben die neuen Billigflieger wenig Probleme, die so genannten Slots - das sind Zeitfenster für die Startbahnnutzung -, auch zu begehrten Tageszeiten zu ergattern.

Kein Wunder also, dass Garvens jetzt auf den Boom der Billigflieger setzt und klarer deutscher Marktführer in dieser Sparte werden will, nach dem Vorbild von London-Stansted. Diese Rolle wird ihm Fuhlsbüttel nicht streitig machen. Trost für Hamburger Schnäppchenjäger: Vom 1. Februar an können sie mit Air Berlin zu Preisen ab 29 Euro nach Wien fliegen, und auch Germania erwägt Billigstrecken von der Hansestadt aus.

Aber auch am anderen Ende der Preisskala könnte Hamburg bald Neues bieten: Linienflüge nach Chicago und New York mit kleinen Langstreckenjets, in denen nur rund 50 Business-Class-Sessel stehen. Über derartige Pläne der Lufthansa wird in der Branche gesprochen.

Originalbericht

(Hamburger Abendblatt erschienen am 24. Jan 2003 in Wirtschaft)

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