Ob Herr Andreas von Mülmann für diesen Artikel auf dem Hunsrück "geächtet" und "fortgejagt" worden wäre?

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Fliegen ab "Bremen - Jever"?

Ryanair nähert sich dem Nulltarif / Eine Posse nimmt ihren Lauf

Bremen. Ein Mann läuft Amok, verbal, in diesem Fall ein Ire. Michael 0'Leary, Hobby-Viehzüchter und Chef der irischen Billigfluglinie Ryanair, findet immer härtere Töne gegenüber seinem vermeintlichen Widersacher, der Lufthansa. Die nämlich wolle seine 36 Boeings vom deutschen Markt haben, sagt der Ire. "Schmutzige Tricks" wirft er der Kranichlinie deshalb vor, und das klingt für seine Verhältnisse noch verhältnismäßig zurückhaltend.

Die Lufthansa, schimpft 0'Leary seit Tagen in seinen Presseverlautbarungen aus Stansted in England, "schleicht sich ins Gericht, ohne jemand zu benachrichtigen und um Verfügungen zu erwirken, die Ryanair davon abhalten sollen, damit zu werben, dass unsere Preise über 90 Prozent günstiger sind". Mr. 0'Leary versteht sich als eine Art Robin Hood des geknechteten Flugpassagiers: "Wir werden unseren Kampf für die deutschen Verbraucher fortsetzen, die schon viel zu lange die teuren Preise der Lufthansa zahlen mussten".

Ryanair zetert, die Lufthansa zog tatsächlich vor Gericht, wie berichtet. Sie verbat sich die "schmutzigen Tricks" und ließ dem Iren zudem per einstweiliger Verfügung untersagen, Preisvergleiche zwischen Frankfurt Rhein/Main und der Ryanair-Erfindung "Frankfurt-Hahn" sowie zwischen Hamburg und "Hamburg- Lübeck" anzustellen.

Tatsächlich liegen Hahn und Lübeck meilenweit entfernt von den angegeben Groß-Flughäfen, wie ein Blick auf die Landkarte unschwer zeigt. Bei anderen europäischen Zielen stellt sich die Situation ähnlich dar. Lufthansa bedient die großen, Ryanair die kleinen Airports. Doch mit den Großen wirbt es sich halt besser. Wie seriös deshalb 0'Learys "Kampf für den Verbraucher" vielleicht auch nur der Kampf für sich selbst - ist, wie seriös seine Werbung für "Frankfurt-Hahn" und "Hamburg-Lübeck", sei an dieser Stelle nicht kommentiert.

Dass seine schier unglaublichen Flugtarife kaum mehr als ein Lockangebot zur Etablierung seiner Airline in der deutschen Provinz sein dürften, liegt allerdings nahe, auch wenn sich der Verbraucher zunächst einmal freuen kann: Für 49 Mark Endpreis geht die einfache Reise - wen auch nicht ab Frankfurt, dafür aber ab Hahn - nach Bournemouth, Mailand, Oslo, Pescara, Pisa Montpellier und Perpignan beziehungsweise deren "Vororten", die schon mal 100 Kilometer entfernt sein können - buchbar bis 26. Dezember nur über Internet (www.ryanair.com), Reisetermin je nach Flugziel sofort oder ab kommendem Frühjahr.

Fakt ist: Der Ire schimpft nicht nur, sondern verkündet nahezu täglich niedrigere Flugpreise. Der Machtkampf zwischen der kleinen Ryanair und der großen Lufthansa entwickelt sich zunehmend zur Posse. Abwarten, wie weit Mr. 0'Leary noch geht und ob er nicht eines Tages auch ab "Bremen-Jever" nach "München-Garmisch" in die Luft steigt - vielleicht sogar (einschließlich Sicherheitsgebühr) zum Nulltarif? Denn schon kündigt er an, auch innerdeutsch auf Linie gehen zu wollen. Andreas von Mülmann

(Bremer Nachrichten Online vom 14.12.2001)

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